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Der Weihnachtsverrat: Roman (German Edition)

Der Weihnachtsverrat: Roman (German Edition)

Titel: Der Weihnachtsverrat: Roman (German Edition)
Autoren: Anne Perry
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jetzt nicht zu wiederholen. Bitte bestätigen Sie uns nur, dass sie Ihrer früheren Aussage entsprechen. Man hatte ihn auf den Kopf geschlagen, um ihn außer Gefecht zu setzen, hatte ihn aber nicht tödlich verletzt. Sein Körper wies tiefe Einstiche von einem Säbel auf, und er blutete heftig, so stark, dass seine Uniform von Blut durchtränkt war. Ist das korrekt so?«
    Rawlins Gesicht war angespannt, die Erinnerung trübte seine Miene. »Ja.«
    »Er verblutete?«
    »Das habe ich schon gesagt.« Rawlins war ärgerlich »Ich konnte nichts mehr für ihn tun. Etwas anderes zu unterstellen, wäre nicht nur lächerlich, sondern auch ein Affront gegen die drei Soldaten, die ihn fanden.«
    »Das waren Grant, Attwood und Peterson?« Er nahm die elektrisierte Spannung im Raum wahr. Busby würde ihn jeden Moment unterbrechen und den Bann lösen. »Doktor?«, drängte ihn Narraway.
    »Ja, klar!«, fauchte Rawlins.
    »Die Männer verfolgten Dhuleep, um ihn zu fassen?«
    »Ja!« Rawlins brüllte es fast schon heraus.
    »Wer hat dann Chuttur Singh zu Ihnen gebracht?«
    Narraways Mund war so trocken, dass er die Worte fast nicht klar hervorbringen konnte. Am ganzen Körper rann ihm der Schweiß hinunter.
    Rawlins erstarrte, er riss die Augen auf.
    Die Stille im Raum wirkte geradezu erstickend, als sei die Luft zu dick zum Atmen.
    »O Gott!«, rief Rawlins mit Schrecken aus. »Es war ein Sikh … es …«
    Narraway befeuchtete sich mit der Zunge die Lippen und zwang sich, ruhig weiterzusprechen.
    »Wäre es möglich, dass es Dhuleep Singh war, Major Rawlins?«
    Rawlins hatte schon geahnt, was Narraway ihn fragen würde. Er starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Sein Gesicht war aschfahl.
    »Ja, das wäre möglich.«
    Busby richtete sich auf, starrte die beiden Männer an.
    Latimer lehnte sich nach vorn, blickte zuerst Rawlins und dann Narraway an.
    Narraway schluckte.
    »Sir«, wandte er sich an Latimer. »Ich behaupte, dass es eine andere Erklärung für diese Tragödie gibt. John Tallis ist unschuldig, wie er es immer behauptet hat. Die Annahme seiner Schuld basiert einzig und allein darauf, dass es keine andere Lösung zu geben schien.«
    Jetzt war Busby aufgestanden. »Wollen Sie damit etwa sagen, dass Dhuleep seine Flucht alleine bewerkstelligt hat ohne Tallis’ Hilfe? Das ist doch lächerlich! Wie soll er denn rausgekommen sein? Er war schon weg, bevor Grant, Attwood und Peterson überhaupt am Tatort waren.«
    »Nein«, widersprach Narraway bestimmt. »Nein, er war noch da.« Er wandte sich wieder Latimer zu. »Angenom men, Dhuleep Singh hat Chuttur ausgetrickst, eine Krank heit vorgetäuscht oder Informationen angeboten, oder sonst etwas. Er griff Chuttur an und nahm dessen Säbel und die Schlüssel an sich. Dann, als er ihn getötet hatte …«
    »Chuttur war da, als Grant kam!«, unterbrach ihn Busby.
    »Nein!«, widersprach Narraway erneut. »Er hat Chuttur die Uniform ausgezogen und ihn dann unter dem Haufen Bettzeug versteckt. Der Mann, mit dem Grant gesprochen hat und der ihm sagte, dass Dhuleep mit lebenswichtigen Informationen geflüchtet sei, war niemand anders als Dhuleep selbst, der sein Gesicht mit Blut beschmiert und Chutturs blutgetränkte Kleidung angezogen hatte. Wir haben alle angenommen, dass jemand die Tür von außen aufgemacht hat, Dhuleep so flüchten konnte und die Tür wieder hinter sich zugemacht hat. Aber tatsächlich war es Grant, der die Tür als Erster aufgemacht hat.«
    Überall im Raum war ein Seufzen zu hören, aber niemand rührte sich.
    »Dhuleep drängte Grant und die anderen, sofort die Verfolgung aufzunehmen. Kaum waren sie weg, legte er Chutturs blutgetränkte Uniform ab, zog sie diesem wieder über und brachte ihn zu Rawlins. Dann schloss er sich der Suche – nach sich selbst! – an. Es gab keinen dritten Mann!« Ihn schauderte, als er daran dachte. Er holte tief Luft. »Damit dürften sich alle weiteren Fragen erübrigen, Sir. John Tallis’ einzige Schuld bestand darin, dass er in der unmittelbaren Umgebung der Einzige war, der zufällig alleine arbeitete.«
    Rawlins fuhr sich mit dem Handrücken über die Augenbrauen. »Sie haben recht«, sagte er verblüfft. Er war so erleichtert, dass sein Körper regelrecht bebte. Farbe kam in sein Gesicht zurück. »Ich habe den Mann, der Chuttur brachte, praktisch nicht angeschaut; meine ganze Aufmerksamkeit galt dem Verletzten.« Seine Stimme hatte wieder an Kraft und Eindringlichkeit gewonnen. »Wir dachten, Dhuleep wäre
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