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Der Weg: Wenn Gott Dir eine zweite Chance gibt (German Edition)

Der Weg: Wenn Gott Dir eine zweite Chance gibt (German Edition)

Titel: Der Weg: Wenn Gott Dir eine zweite Chance gibt (German Edition)
Autoren: William Paul Young
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ganzen Zorn einer verschmähten Frau an ihm aus, und er machte sie fertig – finanziell, juristisch und psychologisch. Das konnte er zweifelsohne als Gewinn verbuchen. Für ihn, aber auch nur für ihn, war es nichts als ein gnadenloses Spiel gewesen.
    Der Preis, den er dafür zahlte, war, dass sich während des Scheidungsprozesses seine Tochter von ihm abwandte und nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte. Wenn er ein bisschen zu viel Scotch getrunken hatte, kam das Gespenst dieses Verlustes aus den Schatten, aber er begrub es stets schnell wieder, indem er sich ganz der Arbeit und seinen geschäftlichen Siegen widmete. Sein Sohn war der eigentliche Grund für den Scotch. Rezeptfreie Medikamente hatten der Erinnerung ihre scharfen Kanten genommen und dämpften die schmerzhaften Migräneanfälle, die Tony gelegentlich überfielen.
    So, wie Freiheit eine allmähliche Entwicklung ist, dringt auch das Böse Schritt für Schritt in ein Leben ein. Aus kleinen Beugungen der Wahrheit und geringfügigen Selbstrechtfertigungen entsteht mit der Zeit ein Gebäude, das niemand hätte vorhersagen können. Das gilt für jeden Hitler, jeden Stalin und jeden Alltagsmenschen. Das innere Haus der Seele ist großartig, aber zerbrechlich. Jeder Verrat, jede Lüge, die in seine Mauern und sein Fundament eingebaut werden, verändern die Ausrichtung der ganzen Konstruktion auf unvorhersehbare Weise.
    Das Mysterium jeder Seele ist eigenartig, auch das der Seele von Anthony Spencer. Er wurde wie wir alle in ein expandierendes inneres Universum geboren, das mit unvorstellbarer Symmetrie und Eleganz seine eigenen Sonnensysteme und Galaxien hervorbrachte. Hier spielte sogar das Chaos seine Rolle, und Ordnung entstand als ein Nebenprodukt. Orte mit Substanz traten ein in den Tanz widerstreitender Gravitationskräfte, und jeder dieser Orte fügte der Mixtur seine eigene Rotation hinzu, wodurch die Positionen der anderen Teilnehmer des kosmischen Walzers sich veränderten und alle sich erweiterten und ausdehnten, in einem ständigen Geben und Nehmen aus Raum und Zeit und Musik. Entlang des Weges brachen Schmerz und Verlust über dieses Universum herein und bewirkten, dass es seine Tiefe verlor und die zarte Struktur allmählich in sich zusammenfiel. An der Oberfläche zeigte sich dieser Verfall in Form von Angst als Selbstschutzmechanismus, von selbstsüchtigem Ehrgeiz und der Verhärtung all dessen, was zuvor sanft und zart gewesen war. Was zuvor ein lebendiges Wesen war, ein Herz aus Fleisch, wurde zu Stein; ein kleiner, verhärteter Felsen lebte in der Schale, der Hülle des Körpers. Einst war die äußere Gestalt ein Ausdruck innerer Wunder und Pracht gewesen. Nun musste sie sich ohne innere Unterstützung ihren Weg suchen, eine Fassade auf der Suche nach einem Herzen, ein sterbender Stern, den seine eigene Leere gefräßig machte.
    Schmerz, Verlust und schließlich das Verlassenwerden sind harte Lehrmeister und kombiniert erzeugen sie eine Trostlosigkeit, die fast unerträglich ist. Sie hatten Tony dazu gebracht, Worte als Abwehrwaffen einzusetzen und sein Inneres hinter Mauern zu verschanzen, die ihm Sicherheit vorgaukelten, während er in Wahrheit isoliert und einsam war. So gab es in Tonys Leben inzwischen fast keine wahre Musik mehr, nur kaum hörbare Fetzen von Kreativität. Der Soundtrack seines Daseins taugte noch nicht einmal als Muzak – überraschungsarme Aufzugsmusik für vorhersehbar verlaufende Verkaufsgespräche.
    Die, die ihn auf der Straße erkannten, grüßten mit einem Kopfnicken. Und die scharfsinnigeren unter ihnen spuckten hinter seinem Rücken ihre Verachtung auf den Bürgersteig. Aber mehr als genug fielen auf ihn herein; katzbuckelnde Kriecher führten beflissen jede seiner Anordnungen aus, in der verzweifelten Hoffnung, ein Stückchen seiner Anerkennung oder vermeintlichen Zuneigung zu gewinnen. Im Kielwasser angeblichen Erfolges lassen andere sich gerne mittragen, getrieben von dem Bedürfnis, ihre eigene Bedeutung, Identität und Agenda abzusichern. Wahrnehmung ist Realität, sogar wenn die Wahrnehmung eine Lüge ist.
    Tony besaß ein teures Haus in den oberen West Hills, das er, wenn er nicht eine seiner dem geschäftlichen Eigennutz dienenden Partys veranstaltete, nur zu einem kleinen Teil beheizte. Obwohl er sich dort nur selten aufhielt, behielt er das großzügige Anwesen als ein Monument des Sieges über seine Frau. Bei ihrer ersten Scheidung war es Loree zugesprochen worden, doch später hatte sie es
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