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Der Weg: Wenn Gott Dir eine zweite Chance gibt (German Edition)

Der Weg: Wenn Gott Dir eine zweite Chance gibt (German Edition)

Titel: Der Weg: Wenn Gott Dir eine zweite Chance gibt (German Edition)
Autoren: William Paul Young
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in dem alle nach Macht streben und ihre Umwelt in rein egoistischer Weise zu manipulieren trachten. Aber welche Alternativen gab es?
    An einem ganz bestimmten Tag seines Lebens war in ihm jede Hoffnung gestorben, dass da noch mehr sein könnte. An diesem stürmischen Novembermorgen hielt er fast eine Minute lang die erste Schaufel mit Erde in der Hand. In Regen und Wind stand er da und starrte hinunter auf die kleine, mit Schnitzereien verzierte Kiste, in der sein Gabriel lag. Kaum fünf Jahre alt, noch kaum gelebt, hatte sein kleiner Junge tapfer gekämpft, tapfer festgehalten an allem Guten und Schönen, nur um strampelnd und schreiend denen entrissen zu werden, die ihn liebten.
    Schließlich streute Tony die Erde in diesen Abgrund. Die Scherben seines gebrochenen Herzens und die letzten Fetzen Hoffnung fielen mit in die Tiefe. Aber keine Tränen. Tonys Zorn gegen Gott, gegen die Maschinerie des Lebens, sogar gegen den Verfall in seiner eigenen Seele hatte seinen Sohn nicht retten können. Flehen, Versprechungen, Gebete – das alles prallte unerhört am Himmel ab, als mache er sich über Tonys Ohnmacht lustig. Nichts … nichts hatte verhindern können, dass Gabriels Leben erlosch.
    Bei diesen Erinnerungen verlangsamte sich Tonys Weg nach oben. Er schwebte in der Tintenschwärze. Irgendetwas hielt und trug ihn, während eine Frage in ihm aufstieg. Angenommen, Gabe hätte überlebt, hätte dieser wunderbare kleine Junge dann Tonys pathetische Existenz gerettet? Drei andere Gesichter tauchten vor seinem inneren Auge auf: Loree, süßester aller Teenager und zweimal seine Frau; Angela, seine Tochter, die ihn vermutlich so sehr hasste, wie er sich selbst hasste; und Jake … oh, Jake, es tut mir so leid, kleiner Mann!
    Aber was spielte das alles letztlich für eine Rolle? Das Wunschdenken war der wirkliche Feind. Das Was-wäre-wenn oder Was-hätte-sein-können, all das Sollte, Hätte, Könnte waren bloße Energieverschwendung, behinderten die kurzfristige Möglichkeit, Triumphe und Erfolgserlebnisse auszukosten. Die ganze Idee, dass irgendetwas einen tieferen Sinn hätte, war eine Lüge, eine Täuschung, ein falscher Trost, während man dem Henkersbeil entgegenging. War er einmal ausgelöscht, würden von ihm nur die Illusionen der noch Lebenden bleiben, flüchtige Erinnerungen, seien es gute oder schlechte, kurzlebige Bestandteile des Trugbildes, sein Leben hätte irgendeine Bedeutung gehabt. Natürlich wurde, wenn nichts einen Sinn hatte, selbst die Idee absurd, Wunschdenken sei der Feind.
    Da Hoffnung ein Mythos war, konnte es kein Feind sein.
    Nein, der Tod war der Tod, und das war das letzte Wort. Doch dann dachte er: Auch das kann rational nicht überzeugen. Denn damit würde man zumindest dem Tod eine Bedeutung beimessen. Unsinn. Er sperrte sich gegen seine Gedanken, tat sie als lächerliche und ungereimte Versuche ab, der Bedeutungslosigkeit eines leeren und unnützen Lebens auszuweichen.
    Nun schwebte er weiter aufwärts und konnte in der Ferne einen leuchtenden Punkt erkennen. Als das Licht näherkam, oder er sich ihm näherte, er war nicht sicher, was von beidem zutraf, nahm es an Substanz und Intensität zu. Das musste der Ort seines Todes sein, da war er sich nun sicher. Er hatte davon gelesen, dass Menschen, die starben, ein Licht sahen. Doch er hatte das immer für nichts weiter als die letzten Funken der sterbenden Neuroschaltkreise gehalten. Das Gehirn gierte nach einem letzten, sinnlosen Rest von Denken und Erinnerung, klammerte sich verzweifelt an etwas, das so illusionär war wie Quecksilber in einer schwieligen Hand.
    Tony gab sich selbst auf. Er fühlte, wie ein unsichtbarer Fluss ihn erfasste, eine alle Schwerkraft aufhebende Welle trug sein Bewusstsein dem leuchtenden Punkt entgegen. Die Helligkeit wurde immer größer, sodass Tony den Kopf abwenden musste und blinzelte, um sich vor dem Licht zu schützen, das zugleich durchbohrend und wärmend war. Er merkte jetzt, wie kalt es ihm zuvor gewesen war, im Griff der seltsamen Kraft, die ihn aufwärts trug. Doch obwohl er den Kopf abwandte, öffnete sich etwas in ihm, als reagiere es auf die Einladung, die von dem blendend hellen Leuchten ausging.
    Abrupt schabten seine Füße über etwas, das sich wie steiniger Boden anfühlte, und seine Hände strichen an Wänden entlang, die sich links und rechts von ihm befanden. Der Geruch von Erde und Laub stieg ihm in die Nase. War er längst beerdigt und schaute aus seinem Grab nach oben? Dieser
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