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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat
Autoren: Sarah Rees Brennan
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gerade furchterregend, dachte Mae, obwohl sie von ihm nur ein blaues Hemd und helles Haar erkennen konnte, das in alle Richtungen abstand.
    Sie erinnerte sich an das weiche, sommersprossige Gesicht unter den hellen Haaren, an die schüchterne Stimme, das sanfte Lächeln und die intelligenten, wachsamenAugen.
    Gerald hob eine Hand, und der Deckel einer Mülltonne flog durch die Luft wie ein Ninja-Stern und verfehlte einen der Jungen nur um Zentimeter, bevor er funkensprühend an dieWand knallte.
    Â»Komisch, dieseWindstöße«, bemerkte Gerald freundlich.
    Der Junge, den der Deckel beinahe getroffen hätte, trat mehrere Schritte zurück. Mit einer leichten Handbewegung ließ Gerald den Deckel wieder aufsteigen und in der Luft schweben.
    Aus der dunkelsten Ecke der Gasse ertönte ein leises Knarren. Selbst der Junge, der von dem fliegenden Mülleimerdeckel bedroht wurde, wandte den Kopf und sah, wie sich ein rostiges altes Regenrohr von derWand löste.
    Der Mülleimerdeckel kreiselte als silberne Scheibe in der Luft und das Regenrohr neigte sich dünn und lang auf sie zu wie ein dürrer, verhungerter Riese, der endlich etwas zu essen gewittert hatte.
    Gerald lachte leise auf, als ob er ihnen nur einenTrick zeigen wollte undTauben aus seinem Ärmel gezaubert hätte und nicht mörderische Regenrohre.
    Â»Lauft!«, schlug er vor.
    Die beiden Jungen sahen sich panisch an, und ihre Blicke wanderten zwischen Gerald, der an derAbzweigung zur Sackgasse stand, und dem Regenrohr hin und her.
    Â»Belästigt Jamie nicht mehr«, riet ihnen Gerald. Er trat zurück und bedeutete ihnen höflich, vorbeizugehen.
    Die beiden Jungen rannten weg und bemerkten Mae nicht einmal, die wie erstarrt und wütend dastand.
    Seb rührte sich nicht. EinenAugenblick lang glaubte Mae, dass er ebenfalls von der Magie gefangen war, so wie sie, die Hand immer noch zu einem Schlag gegen Jamie erhoben, den er nie ausführen würde. Doch dann ließ er die Hand fallen.
    Â»Habe ich mich nicht deutlich ausgedrückt?«, fragte Gerald ein wenig schärfer. »Als ich sagte, lauft, meinte ich auch dich.«
    Â»Ich …«, begann Seb und schüttelte den Kopf. »Tut mir leid. Es tut mir leid. Ich … na gut.«
    Er neigte den Kopf in Geralds Richtung, und Mae sah, wie er Jamie unter seinen dunklenWimpern hervor einen finsteren Blick zuwarf.
    Jamie winkte ihm nach. »Pass auf, dass dich beimWegrennen nicht die Straße in den Hintern beißt!«
    Seb sah aus, als wollte er etwas erwidern, möglicherweise sogar zuschlagen, doch ein kurzer Blick auf Gerald brachte ihn dazu, sich langsam abzuwenden und an Gerald vorbei zum Ende der Gasse zu gehen.
    Dann sah er Mae. Sie sahen einander kurz an und sein zorniger Gesichtsausdruck löste sich. Er schien nicht zu wissen, was er tun sollte, und tat am Ende gar nichts, sondern ging unsicher davon.
    Sie würde sich später mit ihm befassen.
    In der Gasse hob Jamie die Hand und der kreiselnde Deckel wurde langsamer. EinenAugenblick schwebte er still in der Luft, dann schoss er auf Gerald zu.
    Dieser fing ihn einfach auf und nickte Jamie dankbar zu, als sei er sein Knappe, der seinem Ritter einen Schild zugeworfen hatte.
    Â»Ja, genau so.Warum lässt du dich von ihnen drangsalieren, wenn du ohne Probleme so etwas tun kannst?«
    Â»Weil es nicht nötig ist«, erklärte Jamie knapp. »Das sind Idioten, aber deshalb will ich trotzdem nicht, dass sie verletzt oder verängstigt werden. Und ich brauche auch dich nicht, um sie zu verscheuchen. Das war völlig unnötig! Ich muss hier schließlich leben!«
    Â»Nein, musst du nicht.«
    Jamie klimperte mit denWimpern und lachte. »O ja, bring mich von all dem hier fort! Du hörst mir nicht zu!«
    Â»Du bist derjenige, der nicht zuhört!«, widersprach Gerald. »Du bist ein Magier.«
    Â»Nein, bin ich nicht!«
    Â»Du hast keineWahl«, erklärte Gerald. »Du bist als Magier geboren. Es liegt dir im Blut. Und du denkst, du kannst hier einfach dein langweiliges kleines Leben leben, ständig verfolgt von langweiligen kleinen Leuten, wo du doch so viel mehr erreichen könntest. Ich könnte es dich lehren.«
    Jamie lächelte. Er schien sich in der Gegenwart eines mörderischen Magiers wohler zu fühlen als in der der Schultyrannen. Er breitete die Hände aus und trat von derWand weg. Gerald war zwar größer als er, wirkte aber
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