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Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Titel: Der verlorene Brief: Roman (German Edition)
Autoren: Robert M. Talmar
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unterwegs im Auftrag des Vahogathmáhirs! Ich habe dir eine Botschaft von ihm auszurichten. Sobald ich dazu komme, meine ich. Für jetzt und hier flehe ich dich an   – tu bitte, was ich dir rate! Wir sollten bewaffnet gehen! Und da ihr keine Klingen schmiedet, werdet ihr immerhin Mistgabeln haben, denke ich mir. Mir ist es sehr ernst damit, Herr Abhro! Wir benötigen sie vielleicht nicht, aber wir sollten sie dabeihaben. Für alle Fälle. Nicht zum Stroh stechen, da hast du völlig Recht. Sondern um uns zu verteidigen.«
    Der Schmied knurrte etwas Unverständliches. Er drückte Finn die Laterne in die Hand und verschwand in seiner Scheune.
    Drei Atemzüge später war er zurück, mit drei Mistgabeln auf der Schulter. »Ich weiß beim besten Willen nich, was du da faselst, Herr Finn. Und warum ich da mitmache. Aber dein Vater ist’n ehrbarer Vahit, wie’s nur einen geben kann; und ihm zuliebe will ich so tun, als sei das alles hier vernünftig und nach den Regeln. Was es nich is’, wie du selbst am besten weißt. So, und nun ab mit dir ins Boot, oder ich bekomme Lust, eine meiner Gabeln gleich hier zum Stechen zu verwenden. Und zwar auch nich’ für’s Stroh, damit du mich recht verstehst.«
    Finn verstand. Er folgte dem grantelnden Vahit einen ausgetretenen Pfad um die Schmiede herum. Es war nicht der, der zurBrücke führte, sondern ein zweiter, der links ums Haus verlief und ein Stück weit oberhalb des Wasserrades am Ufer endete.
    Ein paar Schritte weiter rechts zweigte der Radgraben ab, in den sich das Mürmelwasser leise gurgelnd schob. Davor hatte Herr Abhro einen kleinen Anleger eingerichtet. Es war Finn bisher entgangen, da er vom Hof aus nicht einsichtig war. Ein Nachen lag dort, ein Weidling, den die drei Vahits zum Fischen verwendeten, wie Abhro stolz erklärte. Das flache Boot dümpelte in der Mürmel, halb mit dem stumpfen Bug aufs Ufer gezogen. Franan und Giran nahmen Abhro die Mistgabeln ab und warfen sie verwundert zu den übrigen Dingen, die schon darinnen lagen.
    »Entzündet die andern Lichter«, verlangte der Schmied.
    Er nahm Finn die Laterne aus der Hand und hängte sie an einen Haken, der vorn an einer Strebe aus dem Holz des Nachens ragte. Sofort stürzten sich zahllose Mücken darauf und begannen, das Licht zu umtanzten.
    »Nein«, widersprach Finn. »Mach im Gegenteil dieses Licht hier aus . Auf dem Wasser ist es sonst weithin zu sehen, und wir gäben ein gutes Ziel für   … jemanden ab. Es ist   … Ich will sagen, es würde jemand kommen und nach uns sehen. Und glaub mir, das wollen wir beide nicht, Herr Abhro.«
    Der Schmied blickte trotzig, löschte aber die Laterne.
    Dann stiegen sie ein, bis auf Giran, der sich gegen den Weidling lehnte und ihn zur Gänze ins Wasser schob, ehe er mit dem letzten Schwung selbst an Bord sprang.
    Der Nachen schaukelte nach Finns Ansicht höchst bedenklich.
    Die drei Vahits ergriffen bereitliegende Paddel und tauchten sie mit geübten Handgriffen ein.
    Wasser quirlte auf, kleine Wellen schwappten gegen die Bordwand, und der wie abgeschnitten wirkende Bug schwang herum. Abhro, der hinten saß, steuerte. Langsam ging es voran, flussaufwärts, über eine leise glucksende Mürmel, in deren schwarzen Wassern sich nur ein schwacher Schimmer der hoch über ihnen stehenden Sterne zeigte.
    »Kann uns dieser Jemand hören?«
    Abhro hatte offenbar Finns Ernst begriffen, denn er sprach viel leiser als vorher, während er paddelte. Selbst Finn, der unmittelbar vor ihm hockte, musste sich anstrengen, um ihn zu verstehen.
    Das Gurgeln der nach hinten gleitenden Paddelwirbel wurde dafür lauter, oder zumindest kam es Finn so vor, als sie sich immer weiter vom Schäumen des Wasserrades entfernten. In Wahrheit umgab sie eine ganz natürliche Stille. Außer dem an- und abschwellenden Prrruirrill!, das jedem Eintauchen der Holzblätter folgte, flüsterte der Wald über ihnen sein ewiges Lied. Und die Mücken umschwirrten sie. Ihr Sirren zerrte an Finns Nerven. Und ihr Schweigen auch, weil sie ihn dann meistens stachen. Sonst war es beinahe andächtig still.
    An beiden Flussufern tauchten Weiden ihre wie Dwargenbärte herabhängenden Zweige in den Fluss und zogen, stummen Wächtern gleich, vorbei.
    Es roch nach nasser Erde und vermodernden Ästen, während sie zwischen ihnen dahinglitten. Der Nachen schabte dann und wann über einen Stein oder einen versunkenen Ast. Der Weidling schaukelte dabei stets, und Finn hielt sich mit beiden Händen am Bordrand fest. Zum
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