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Der Teufel von Garmisch

Der Teufel von Garmisch

Titel: Der Teufel von Garmisch
Autoren: Martin Schueller
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alter
russischer Geländewagen ihn hintrug.
    »I woaß a gar ned,
was der Berni da zum Sucha ghabt hätt«, sagte Reserl. Sie hatte das Geschirr
weggeräumt und nahm nun den Korb Kartoffeln heraus, um sie für das Mittagessen
vorzubereiten.
    »Vielleicht will er noch eine Skischule aufmachen und sucht nach einer günstigen Zufahrt«, sagte
Magdalena. Sie schloss die Augen und nahm einen Schluck aus ihrem Becher.
    »Da is der beim
Maiche aber grad an den Rechten gratn. Bis heut woaß i ned, wia dei Vater des
angstellt hat, dass der Oide den Schedlbauers des Wegrecht geben hat. Muass mi
ja a schon zsammreißn, wenn mia de Mirl untn im Ort übern Weg laft. I grüaß
immer artig, aber mei Freundin werd die nimmer. Und die Nanni, die Tochter …«
Reserl brach ab. Mit einem Kopfschütteln nahm sie die erste Kartoffel aus dem
Korb und begann, sie auf ihre ruhige, sorgfältige Art zu schälen.
    Magdalena sagte
nichts. Nanni war wirklich eine grauenhafte Person. Snobistisch, arrogant und
dumm. Und geldgierig. Sie achtete sehr darauf, dass man im Ort genau über sie
informiert blieb. Seit einigen Monaten war ihre Verlobung mit Ludwig
Allensteiner das eingehend diskutierte Thema. Ludwig war der Sohn von Leopold
Allensteiner, dem Besitzer der Kunststofffabrik in Kaltenbrunn, und eigentlich
hatte jeder Mitleid mit dem armen Viggerl. Nicht nur, dass er mit seinen
neunundvierzig Jahren mehr als zwanzig Jahre älter war als seine Verlobte, er
litt auch an einer fast krankhaften Schüchternheit und würde seiner zukünftigen
Gattin wohl hilflos ausgeliefert sein. Niemand, der die beiden kannte,
zweifelte daran, dass sie ihn nur wegen seines Geldes nahm.
    »Du hast ja
verzählt, der Vinz sei a ganz a Netter«, sagte Reserl. »Obwohl man sich des
kaum vorstelln kann. Wo sei Bruder, der Berni, so a Fieser ist. Den hams ja
sogar mal verhaftet.«
    »Großvater auch«,
sagte Magdalena.
    »Ach, was redst denn
da! Des is so lang her!«
    Magdalena griff nach
der Thermoskanne und schenkte sich Kaffee nach. Maiche hatte einen der
Schedlbauers derart vermöbelt, dass die Polizei eingeschritten war. Es war
wirklich lange her, aber es war passiert. Zwei Generationen später war jetzt
Berni Schedlbauer der Mann mit dem schlechten Ruf.
    Sein jüngerer Bruder
Vinzenz war von ganz anderem Charakter. Magdalena war in der Schule zwei
Klassen unter ihm gewesen und hatte ihn still angehimmelt, immer mit schlechtem
Gewissen ihrer Familie gegenüber. Aber er hatte so schöne Augen. Später hatte
sich ihre Mädchenverliebtheit zwar gelegt, aber als sie sich ein paar Jahre
später in einer Kneipe über den Weg liefen, in Tübingen, wo Magdalena ihre
Freundin Daggi besucht hatte, da waren sie am Ende des Abends tatsächlich auf
seiner Studentenbude gelandet, wo dann passierte, was in solchen Situationen
eben zu passieren pflegt.
    Aber das musste ihre
Mutter nicht unbedingt erfahren.
    Sie hatten ein
schönes Wochenende verlebt, hatten sich lustig gemacht über die sturen Köpfe in
ihren Familien, die nicht in der Lage waren, mal über ihren Schatten zu
springen. Ein Wochenende, mehr nicht. Er war einfach zu klein, dachte Magdalena.
Oder sie war zu groß mit ihren einsachtundsiebzig. Aber sie hatten immer
Respekt füreinander gehabt, auch später. Sie telefonierten noch miteinander,
dann und wann. Als Magdalena vorletztes Jahr ihr Hotel eröffnet hatte, war Vinz
zur Einweihungsparty gekommen, vorsichtshalber erst spät, als Maiche und Reserl
schon gegangen waren. Ein paar Mal hatte sie sogar Gleitschirmunterricht für
Hotelgäste bei ihm gebucht.
    Sie sah auf die Uhr.
Es wurde Zeit. Sie trank ihren Becher leer und stand auf.
    »Ich muss los,
Mutter.« Sie küsste sie aufs Haar und ging zur Tür.
    »Dass d’ dir den Tag
ned schwer werdn lasst«, sagte ihre Mutter und lächelte auf ihre traurige Art.
    »Wird schon«,
antwortete Magdalena, zog ihre Windjacke über und winkte noch mal, bevor sie
aus der Stube trat.
    Draußen blinzelte
sie in die Frühlingssonne.
    Hias trug gerade den
Eimer mit dem Hühnerfutter aus der Scheune. Er grüßte sie mit einem
respektvollen Nicken. Sie ging zu ihm und wurde dabei von etlichen Hühnern
überholt, die sich auf ihre Mahlzeit freuten.
    Wie alt ist er
eigentlich jetzt?, dachte Magdalena. Auf die siebzig musste er zugehen. Aber
seine Konstitution war erstaunlich. Er war mit sechsundzwanzig als Knecht auf
den Hof gekommen. Über vierzig Jahre sind das, dachte Magdalena. Natürlich
hatte der Großvater nicht mehr so viele Kühe
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