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Der Teufel in dir: Thriller (German Edition)

Der Teufel in dir: Thriller (German Edition)

Titel: Der Teufel in dir: Thriller (German Edition)
Autoren: Richard Montanari
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Chance.
    Detective Kevin Francis Byrne hatte es schon oft gesehen, diesen leeren Blick, die verkrampften Schultern, die Hände, die sich bei der geringsten Provokation zu Fäusten ballten. Byrne wusste, dass diese Anspannung durch einen chronisch verhärteten Muskelstrang in der Rückenmitte verursacht wurde. Der Junge hatte traurige Augen, und seine Schultern waren vor Angst gebeugt.
    Für diesen Jungen – wie für Millionen andere wie ihn – lauerten an jeder Ecke Feinde. Jedes Geräusch bedeutete eine Gefahr, und in der Nacht hörten sie überall leise Stimmen flüstern:
    Was mir gehört, gehört mir. Was dir gehört, gehört mir auch. Du weißt es nur noch nicht.
    Der Junge war elf Jahre alt, hatte aber die Augen eines alten Mannes. Er trug einen dunkelblauen Kapuzenpullover mit ausgefransten Bündchen an den Ärmeln und eine weite, ausgebeulte Jeans, die längst aus der Mode war. Seine rostfarbenen Timberlands waren ausgelatscht und zu groß für seine Füße. Byrne fiel auf, dass die Boots mit zwei verschiedenen Schnürsenkeln zugebunden waren. Einer war aus Leder, der andere aus Nylon. Byrne fragte sich, ob der Junge damit irgendeinem modischen Trend folgte, oder ob es aus der Not heraus geschah.
    Der Junge lehnte sich gegen die schmutzige rote Ziegelsteinmauer eines Türeingangs, wartete und beobachtete alles – ein weiteres Gespenst, das durch die Straßen Philadelphias geisterte.
    Als Byrne die Zwölfte Straße überquerte und den Kragen um den Hals straffzog, um sich vor dem kalten Februarwind zu schützen, dachte er an das, was er gleich tun würde. Kürzlich hatte er sich bereiterklärt, an einem Mentoring-Programm namens »Philly Brothers« teilzunehmen. Heute war sein erstes Treffen mit dem Jungen.
    In all seinen Dienstjahren hatte Kevin Byrne einige der schlimmsten Ungeheuer zur Strecke gebracht, die sich jemals auf den Straßen dieser Stadt herumgetrieben hatten, doch vor dem heutigen Treffen fürchtete er sich. Es ging um mehr, um viel mehr als nur darum, dass ein Mann sich mit einem Jungen traf, der auf die schiefe Bahn zu geraten drohte.
    Byrne hatte ein Foto des Jungen in der Jackentasche, eine zwei Jahre alte Aufnahme aus der Schule. Er beschloss, das Foto nicht aus der Tasche zu ziehen. Es würde den Jungen nur in Verlegenheit bringen.
    Als Byrne sich dem Türeingang näherte, in dem der Junge stand, verstärkte sich die Anspannung in seinen Schultern. Der Junge hob den Blick, schaute Byrne aber nicht in die Augen. Stattdessen richtete er den Blick auf eine Stelle ungefähr in der Mitte von Byrnes Stirn. Das war ein alter Verkäufertrick. Byrne fragte sich, wo der Junge das gelernt hatte und ob es ihm überhaupt bewusst war.
    »Bist du Gabriel?«, fragte Byrne.
    »Man nennt mich G-Flash«, sagte der schwarze Junge, als wäre das allgemein bekannt, während er von einem Bein aufs andere trat.
    »Okay, G-Flash«, sagte Byrne. »Ich heiße Kevin, und ich bin dein Philly …«
    »Brother« , fiel der Junge ihm ins Wort, verzog das Gesicht und steckte die Hände in die Taschen seines Kapuzenshirts, um Byrne nicht die Hand geben zu müssen. Der hatte die Hand schon ausgestreckt. Jetzt schwebte sie zwischen ihm und dem Jungen in der Luft, und er wusste nicht, wohin damit.
    »Ich hatte einen richtigen Bruder«, fügte der Junge leise, beinahe flüsternd hinzu.
    Byrne zog die Hand zurück, schaute sich um und überlegte, was er sagen sollte. »Hat es mit dem Bus hierher gut geklappt?«, fragte er schließlich.
    Der Junge grinste abfällig. »Ich saß nur drin. Hab die Karre nicht gefahren.«
    Ehe Byrne etwas erwidern konnte, schaltete ein Streifenwagen des Philadelphia Police Departments das Blaulicht und die Sirene ein. Der Wagen stand einen halben Block entfernt. Die einzigen beiden Menschen in weitem Umkreis, die nicht den Blick hoben, als der Streifenwagen losjagte, waren Byrne und der Junge. Beide kannten Blaulicht und Sirenen nur zu gut.
    Byrne schaute auf die Uhr, obwohl er genau wusste, wie spät es war. »Sollen wir was essen gehen?«
    Der Junge zuckte mit den Schultern.
    »Worauf hast du Appetit?«, fragte Byrne.
    Wieder ein Schulterzucken.
    »Chinesisch? Hühnchen? Ein Riesenbaguette?«
    Der Junge warf einen Blick über die Schulter. Er schien sich zu Tode zu langweilen. »Hört sich alles ganz toll an.«
    »Was ist mit Schweinebraten?«, fragte Byrne. »Magst du Schweinebraten?«
    Byrne sah, dass der Junge beinahe unmerklich einen Mundwinkel verzog. Der Hauch eines Lächelns? Gott
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