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Der Südstern oder Das Land der Diamanten

Der Südstern oder Das Land der Diamanten

Titel: Der Südstern oder Das Land der Diamanten
Autoren: Jules Verne
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verschlungen!… Ein Document von höchster Wichtigkeit! Das Original der Urkunde, welches die Ausbeutung meiner Kopje betrifft!… Das ist nicht auszuhalten!… Er soll’s aber schon wieder von sich geben, und wenn ich das Thier erdrosseln müßte!«
    Hochroth vor Zorn und ganz außer Fassung hatte Mr. Watkins sich schnell erhoben. Er lief dem Strauße nach, der erst das Zimmer zwei oder dreimal umkreiste und dann durch das zu ebener Erde gelegene Fenster entwich.
    »Lieber Vater, bat die über diese neue Uebelthat ihres Günstlings untröstliche Alice, beruhige Dich, ich bitte Dich! Höre mich an!… Du wirst Dich wieder krank machen!«
    Die Wuth des Mr. Watkins war jetzt aber auf dem höchsten Gipfel. Die Flucht des Straußes hatte ihr die Krone aufgesetzt.
    »Nein, rief er mit halberstickter Stimme, das ist zu arg! Das muß ein Ende nehmen! Ich kann nicht so mir nichts dir nichts auf eine der allerwichtigsten Beurkundungen meines Grundbesitzes verzichten. Eine blaue Bohne in den Kopf wird die Diebin schnell zur Vernunft bringen. Ich werde mein Pergament schon wieder erlangen, dafür verbürg’ ich mich!«
    Weinend folgte Alice ihm nach.
    »Ich bitte Dich, liebster Vater, hab’ Gnade mit meinem armen Thiere! Ist denn das Papier wirklich so wichtig?… Kannst Du davon kein zweites Exemplar bekommen?… Willst Du mir den Schmerz bereiten, vor meinen Augen die arme Dada wegen eines so leichten Vergehens umzubringen?«
    John Watkins wollte aber nichts hören, sondern sah sich nur, sein Opfer suchend, nach allen Seiten um.
    Endlich gewahrte er das Thier, als es sich eben nach der Seite des von Cyprien Méré bewohnten Häuschens flüchtete. Sofort schlug der Farmer das Gewehr an und zielte; Dada aber, als wenn sie die gegen sie gerichteten schwarzen Anschläge durchschaute, sah diese Bewegung kaum, als sie sich beeilte, hinter dem Hause Deckung zu finden.
    »Warte! Warte nur! Ich werde Dich schon noch erwischen, verwünschtes Thier!« wetterte John Watkins, auf den Strauß zugehend.
    Natürlich unterließ Alice in ihrer Herzensangst nicht, ihm zu folgen, um einen letzten Besänftigungsversuch zu machen.
    So gelangten also Beide nach dem Hänschen des jungen Ingenieurs und umkreisten dasselbe… Kein Strauß war hier zu finden; Dada schien unsichtbar geworden zu sein. Sicherlich konnte dieselbe aber noch nicht den kleinen Hügel hinabgelaufen sein, sonst hätte man sie wenigstens in der Nähe der Farm sehen müssen. Jedenfalls hatte sie also durch eine nach der Rückseite offene Thür oder durch ein Fenster Zuflucht in der Hütte selbst gesucht.
    Das sagte sich John Watkins und beeilte sich umzukehren und an die Haupteingangsthür zu klopfen.
    Cyprien öffnete ihm dieselbe in eigener Person.
    »Herr Watkins!… Miß Watkins!… Hoch erfreut, Sie bei mir zu sehen!…« sagte er, erstaunt über diesen höchst unerwarteten Besuch.
    Ganz außer Athem erklärte ihm der Farmer mit kurzen Worten, aber in vollem Zorne, den Grund seines Erscheinens.
    »Nun, so werden wir die Missethäterin suchen, antwortete Cyprien, während er John Watkins und Alice in das Häuschen einzutreten nöthigte.
    – Und ich stehe dafür, daß die Sache schnellstens erledigt sein wird!« erklärte der Farmer, der seine Flinte wie einen Tomahawk schwang.
    Gleichzeitig verrieth Cyprien aber ein flehender Blick des jungen Mädchens, welchen Schreck die beabsichtigte Execution ihr einflößte. Er wurde sich denn auch sehr bald klar, was ihm hier zu thun bleibe – er wollte den Strauß ganz einfach nicht finden.
    »Lî, rief er dem eben eingetretenen Chinesen in französischer Sprache zu, ich vermuthe, daß der Strauß in Deinem Zimmer sein wird. Feßle ihn, aber stell’ es so an, daß er bequem entwischen kann, während ich Herrn Watkins nach der entgegengesetzten Seite führe.«
    Leider litt dieser schöne Plan an einer falschen Voraussetzung. Der Strauß hatte sich gerade in das erste Zimmer, in dem die Nachsuchung begann, geflüchtet. Hier befand er sich noch, machte sich ganz klein und hatte den Kopf unter einem Stuhle versteckt, blieb natürlich aber sonst ganz sichtbar.
    Mr. Watkins stürzte auf das Thier los.
    »Ah, Spitzbube, Deine Rechnung ist nun abgeschlossen!«

    So wüthend er indeß war, stutzte er doch vor der Ungeheuerlichkeit, das Gewehr dem Opfer auf die Brust gesetzt, einen Schuß in einem Hause abzugeben, welches, wenn auch nur zeitweilig, jetzt nicht das seinige war.
    Alice wandte sich weinend ab, um nichts von Allem zu
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