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Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Sternengarten: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Katrin Burseg
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heute Nacht mit zu mir. In meiner Stube gibt es einen Ofen. Und noch mehr Kuchen und heißen Wein. Und dann erzählst du mir, wie du in diese Geschichte geraten bist.«

1. Buch
Herzogtümer in Schleswig und Holstein
1640–1645

Anno 1640
EINS
    Das Schwert sauste hinab und traf den Mann im Nacken. Mit einem glatten Schnitt trennte es den Kopf vom Körper. Blut schoss aus dem Hals und der Kopf des Hingerichteten rollte vom Block in den Sand. Die Augenbinde rutschte nach oben. Während der Scharfrichter ungerührt sein Schwert reinigte, traf der starre Blick des Toten die Menge.
    Es war vorbei. Doch die Menschen auf dem Richtplatz am Schloss brachen an diesem Tag nicht in Jubel aus. Sie schwiegen betroffen.
    »Ein guter Schlag«, wisperte einer der Männer, die sich vor Sophie drängten. »Die Engel des Herrn haben seine Seele bereits empfangen.«
    »Vor ein paar Jahren hat er sich noch wie ein König aufgeführt«, flüsterte ein anderer. »Erinnerst du dich, wie die Gesandten des Herzogs nach Persien aufbrachen? Ein prächtiger Zug war das damals, mehr als achtzig Männer. Und Otto Brüggemann führte sie an. Stolz und eitel ritt er an der Spitze der fürstlichen Gesellschaft.«
    Sophie spitzte die Ohren. Vorsichtig drückte sie den Säugling in ihren Armen an die Schulter und stützte sein Köpfchen.
    »Sein Stolz hat ihm das Genick gebrochen.«
    »Ach was, der Halunke hat den Herzog betrogen.« Mit einer Kopfbewegung wies der Mann, der als Erster gesprochen hatte, auf Herzog Friedrich, der die Hinrichtung von einem Podest aus verfolgt hatte.
    Soeben stand der Herrscher auf und wechselte ein paar Worte mit seinem Kanzler. Im nächsten Moment winkte er den Scharfrichter zu sich. Sophie sah, dass man dem Henker etwas in die Hand drückte. Im klaren Licht der Mittagssonne leuchtete das Gesicht des Herzogs auf. Sophie dachte, dass sich Erleichterung darauf spiegele. Dann wandte sich der Landesherr ab. Von seinem Gefolge und Lieblingshund begleitet, zog Herzog Friedrich sich in sein Schloss zurück.
    »Der Scharfrichter bekommt zwölf Taler für den Schlag, kein schlechter Lohn.« Ein Dritter mischte sich in das Gespräch ein. Langsam kehrte wieder Leben in die Menge zurück. Nachdem der Herzog den Platz verlassen hatte, begannen die Schaulustigen sich zu zerstreuen.
    »Ein Pappenstiel.« Der Erste schüttelte den Kopf und ergriff erneut das Wort. »Die Persienreise hat den Herzog wohl mehr als Hunderttausend Taler gekostet. Sechs lange Jahre – und alles umsonst. Der Orienthandel hat Schleswig noch immer nicht erreicht, und die Wasser der Ostsee werden sich wohl nie mit den Fluten der Westsee zusammenführen lassen.«
    Die Männer kamen in Fahrt. Sophie betrachtete sie genauer. Die Herren trugen Jacken aus festem, dunklem Tuch und hohe Stiefel aus Leder. Unter den Kappen quoll halblanges Haar hervor und in jedem Gürtel steckte ein Dolch oder Schiffsmesser. Tabakrauch hüllte die Gruppe in eine Wolke bescheidenen Wohlstands. Sophie kannte die Männer nicht, doch sie nahm an, dass es sich um Kaufleute handelte. Vielleicht kamen die drei aus dem nahen Flensburg?
    »Aber die Idee ist gut und der Herzog wird sich hoffentlich nicht entmutigen lassen«, widersprach der Zweite und in seinen satten, schweren Körper kam Bewegung. »Friedrichs Männer sind immerhin über die Kaspi-See bis nach Isfahan gekommen, seine Gesandten haben mit dem russischen Zaren und mit dem Schah von Persien verhandelt. Und der Gedanke, einen durchgängigen Wasserweg von Ost nach West zu schaffen, den auch die größten Schiffe noch befahren können, drängt sich doch förmlich auf. Mit kleinen Kähnen könnte man ja heute schon bis zum Flemhuder See und zur Eider fahren. Und von dort einen Kanal bis zur Levensau zu bauen, ist nicht unmöglich. An der Eider könnte dann Friedrichstadt zum Umschlag- und Stapelplatz für den Orienthandel werden und wir würden den Holländern ihren Reichtum wohl streitig machen.«
    Der Kaufmann wandte sich um, wobei sein Blick auf Sophie fiel, die ihr neugieriges Gesicht schnell zur Seite drehte und zu Boden sah. »Man stelle sich vor«, fuhr er fort, »ein Schiff aus dem russischen Ladoga, beladen mit Pelzen, schillernder Seide und anderen Kostbarkeiten aus dem Orient, fährt die kürzere Route über die Kaspi-See, überquert die Ostsee, fährt die Eider hinab und gleich weiter in die Westsee bis nach Amsterdam, London oder Manchester, um dort englisches Tuch und Eisenwaren zu laden. Warum soll das nicht gehen?
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