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Der Sohn des Kometen

Der Sohn des Kometen

Titel: Der Sohn des Kometen
Autoren: Hugh Walker
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Wind. So lernte er mehr und wusste mehr als sie. So lernte er, offen zu kämpfen, statt sich zu verkriechen. So lernte er, dass der Boden fest war und dass alle Bewegung dem eigenen Willen entsprang und dass jeder, der Kraft genug besaß, an den Fäden der Fügung mitknüpfen konnte. Er jedenfalls würde das tun!
    Doch nun sah es aus, als endeten alle Fäden im Meer der Spinnen.
    Seit hundert Tagen hatten die Yarls nicht mehr angehalten, um Nahrung aufzunehmen. Ohne Unterlass schoben sie sich vorwärts mit ihren drei Dutzend Beinen, den spitzen Kopf vorgestreckt, den Rachen geöffnet und keuchend, die vier dunklen, starren Augen hungrig auf etwas in der Ferne gerichtet, was die Menschen Churkuuhls nicht zu sehen vermochten. Ihre Bewegungen waren schwankend und stolpernd geworden wie von Erschöpfung.
    In den letzten zwanzig Tagen waren immer wieder Reiter in der Ferne aufgetaucht und hatten die seltsame wandernde Stadt in sicherem Abstand begleitet - bewaffnet und zeitweilig in so großer Zahl, dass auch Mythor nicht mehr wagte, Churkuuhl zu verlassen, um den Weg zu erkunden, den die Yarls nahmen. Aber er fand es auch so bald genug heraus, denn sie hörten die Brandung. Vor ihnen lagen die Klippen einer felsigen Küste, die steil in schäumende Gischt abfiel. Nach allem, was Mythor auf seinen Streifzügen über Tainnia erfahren hatte, mochten sie die Straße der Nebel erreicht haben oder das gefürchtete Meer der Spinnen.
    Und es sah aus, als könnten auch die Felsen den besessenen Marsch der Yarls nicht aufhalten. Zum erstenmal in seinem Dasein zögerte der Erste Marn mit der Entscheidung. Denn in Churkuuhl zu bleiben bedeutete den Tod. Niemand in der Stadt bezweifelte, dass die Yarls von Mächten der Schattenwelt besessen waren, an deren unmittelbarem Rand sie geboren wurden und in die Lichtwelt hinauswanderten.
    Doch während Etro noch zögerte, blieben die Yarls stehen. Sie sanken mit klagenden Schreien nieder und regten sich nicht mehr. Ihre mächtigen Köpfe glitten zurück unter die gewaltigen Panzer, auf denen die Häuser der Marn standen.
    Nun, da die unmittelbare Gefahr vorüber war, entschied Etro wie gewohnt, dass sie blieben, denn alle Gefahren, die ihnen jenseits ihrer vertrauten und sicheren Bauten drohten, wären ungleich größer gewesen als das Risiko auf den Panzern besessener, doch zu Tode erschöpfter Yarls.
    Mythor warnte, doch es war entschieden. Die tainnianischen Reiter waren ihnen gefolgt und kamen in der Abenddämmerung näher an die so plötzlich stillstehende Wanderstadt heran. Sie waren viele, vielleicht nicht genug, um Churkuuhl zu stürmen, wovon sie wohl auch die Furcht vor den Yarls abhalten mochte, doch genug, um die Marn niederzureiten, falls diese ihre schützenden Wälle verließen. Selbst Mythor, der dazu neigte, an Fremden erst die friedliche Seite zu sehen, war in diesem Fall ziemlich sicher, dass die Tainnianer auf Beute aus waren und nur auf einen günstigen Augenblick warteten.
    So blieben sie alle und warteten in der hereinbrechenden Dunkelheit, bis Müdigkeit und Schlaf die meisten übermannten.
    Das war am Vorabend gewesen.
    *
    Und nun, in der Morgendämmerung, erwachte die Nomadenstadt, um zu sterben.
    Zuerst rührte sich ein Yarl, der aus seiner erschöpften Starre erwachte, den Schädel aus seinem Panzer schob, mit düsterer Glut in den Augen um sich blickte, einer Glut, von der die alten Legenden der Marn warnend als Dämonenfeuer berichteten. Der Koloss ruckte hoch, fast wie es Kamele tun, wenn sie sich erheben. Die Häuser und Türme schwankten knirschend, Seile rissen knallend. Ein Dutzend Marn, die Familien Altras und Katrans, die auf diesem Yarl lebten, erwachten im Angesicht des Todes, jene wenigstens, die nicht bereits im Schlaf erschlagen worden waren. Die Balkenwände rissen wie Strohmatten.
    Wen das Krachen noch nicht aus dem Dämmerschlaf gerissen hatte, in den die meisten trotz der möglichen Gefahr schließlich gegen Morgen erschöpft gesunken waren, der schreckte durch das Schreien der Menschen hoch. Während die Marn zu den Waffen griffen und auf ihre Zinnen und an ihre Schießscharten liefen, stieß der Yarl einen langgezogenen Schrei aus, der wie das Heulen verdammter Seelen klang. Keiner der Marn hatte je solch einen Schrei vernommen, und selbst den Yarls müsste er erschreckend klingen, denn viele erwachten aus ihrer Leblosigkeit und setzten sich ruckartig in Bewegung. In wenigen Augenblicken war ganz Churkuuhl ein schreiendes, krachendes Chaos, in
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