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Der Sohn des Alchemisten

Der Sohn des Alchemisten

Titel: Der Sohn des Alchemisten
Autoren: dtv
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sein, und bis dahin wollen wir in Santiago de Compostela angekommen sein.«
    Marie knuffte ihn in die Seite.
    »Ich bin ja froh, dass du kein gewöhnlicher Pilger bist. Kein Verbrecher, der zur Strafe nach Santiago muss. Und auch kein frommer Mönch, der nur singen und beten kann. Sondern einfach Jakob mit dem Buch, der mich mitgenommen hat.«
    Da wurde Jakob tiefrot.

»Es waren wirklich Flöhe in meinem Strohsack«, jammerte Jakob und versuchte sich zwischen den Schulterblättern zu kratzen. »Ich bin total zerstochen.«
    Sie hatten sich früh am Morgen von dem Hospiz verabschiedet und waren dem Pfad gefolgt, den der Mönch ihnen gezeigt hatte. Schon brannte die Sonne heiß auf sie herab. Immerhin, die Salbe hatte gewirkt und Jakob stapfte wieder mit kräftigen Schritten den Hügel hinauf. Von Zeit zu Zeit markierten Steinhaufen den Weg.
    »Wenn wir einen Teich finden, dann hüpfen wir hinein und verjagen das Ungeziefer«, meinte Marie. Auch sie war an Füßen und Armen mit Flohstichen übersät. »Unsere Kleider können wir dort auch auswaschen!«
    Aber zunächst wand sich der Maultierpfad zwischen niederem Gestrüpp schattenlos den Hügel hinauf. Rote Mohnblumen säumten den Weg. Zweimal sahen sie in derFerne Hirten mit ihren Schafen stehen. Ansonsten begegnete ihnen niemand.
    »Jakob«, sagte Marie, während sie vor sich hin wanderten, »wenn es stimmt, dass in diesem Buch, das von Moses selbst geschrieben sein soll, die Rezeptur für den Stein der Weisen zu finden ist, und wenn es stimmt, dass dieser Stein der Weisen ein langes Leben und Reichtum verschaffen kann, dann ist dieses Buch aus Birkenrinde einer der größten Schätze, den man sich vorstellen kann.«
    Jakob nickte eifrig. »Sag ich ja, sag ich ja die ganze Zeit.«
    »Dann«, fuhr Marie fort, »sind wir in großer Gefahr, wenn irgendjemand davon erfährt. Jeder wird es haben wollen.«
    »Deswegen musstest du ja auch schwören, niemandem jemals irgendetwas von dem Buch zu verraten«, erwiderte Jakob.
    »Darauf wollte ich hinaus«, sagte Marie. »Nichts zu verraten ist
mir
ja bisher ganz gut geglückt. Aber
du
solltest unbedingt vorsichtiger sein.«
    »Du redest schon wie mein Vater«, gab Jakob zurück und wurde plötzlich trübsinnig. »Ach, mein Vater. Wenn ich mir vorstelle, dass er diesen Weg vielleicht erst gestern geritten ist. Vielleicht sind diese Hufspuren dort vorne von seinem Maultier!«
    »Das Dumme dabei ist, dass der Abstand zwischen ihm und uns immer größer wird«, meinte Marie. »Er reitet und wir sind zu Fuß unterwegs, wie sollen wir ihn dann jemals einholen?«
    Jakob seufzte tief. »Weiß ich auch nicht. Ich hoffe nur, dass er auf dem Weg hin und wieder auch nach mir Ausschau hält. Ohne das Buch hat er es ja wohl sowieso nicht mehr so eilig, nach Santiago zu Meister Canches zu kommen.«
    Gegen Mittag stießen sie endlich auf einen kleinen Bach, der sich zwischen rundgewaschenen Felsen in Becken staute. Schon der Anblick des frischen Wassers tat ihnen gut.
    »Los«, rief Marie, »nichts wie hinein. Jetzt sollen die Flöhe zeigen, ob sie schwimmen können!«
    »Ich jedenfalls kann es nicht«, sagte Jakob kleinlaut und starrte wenig begeistert auf das gluckernde Wasser.
    »Dann musst du deine Flöhe behalten«, erwiderte Marie. Als sie sein erschrockenes Gesicht sah, begann sie zu lachen. »Komm rein, das Wasser ist nicht tief! Du kannst bequem stehen!«
    Jakob nickte erleichtert. Bald saß er bis zum Hals im Wasser, während Marie prustend durch die klaren Gumpen schwamm. Danach wuschen sie ihre Kleider aus, und solange ihre Kittel auf den Felsen in der Sonne trockneten, teilten sie sich den letzten Kanten Brot aus der Mühle.
    »Das war’s«, sagte Marie. »Ab jetzt werden wir wohl betteln müssen.«
    »Wenn wir den Stein der Weisen hätten, dann könnten wir uns schon mal ein wenig Gold machen«, meinte Jakob und starrte missmutig das kleine Buch an, das wieder fest ins Wachspapier gewickelt war. »Und damit würden wir uns dann feine gebratene Hühner kaufen! Oder Räucherfische!Dazu ein paar Weintrauben oder Birnen. Ach, warum verrät das Buch sein Geheimnis nicht!«
    »Uns sowieso nicht«, meinte Marie. »Wir sind doch keine der allergelehrtesten Gelehrten.«
    »Vielleicht kann man mit so einem Stein auch einfach Hühner herbeiwünschen«, fantasierte Jakob weiter.
    »Zeig mir das Buch noch einmal«, bat Marie. »Hier beobachten uns ja nur die Falken am Himmel.«
    Jakob überlegte kurz, dann nickte er und packte das Buch mit
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