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Der Sehnsucht verfallen: Roman (German Edition)

Der Sehnsucht verfallen: Roman (German Edition)

Titel: Der Sehnsucht verfallen: Roman (German Edition)
Autoren: Gerri Russell
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folgte.
    Abrupt schlug sie die Augen auf. »Mir geht es schon besser.« Sie verkrampfte sich in seiner Umarmung. »Ihr könnt mich jetzt runterlassen.« Der Befehlston war in ihre Stimme zurückgekehrt.
    Wolf ließ sie nach unten gleiten und setzte sie behutsam an Deck ab. Sie atmete angestrengt, und er konnte deutlich sehen, wie sich bei jedem Atemzug unter dem dünnen Stoff ihre Brust hob und senkte. »Vielen Dank«, sagte sie und sah ihn weiter eindringlich an. Was war der Grund dafür? Faszination? Skepsis? Verlangen?
    Er selbst hielt den Atem an und wartete, wenngleich er keine Ahnung hatte, worauf.
    »Wolf«, setzte Brahan diesem merkwürdigen Augenblick ein plötzliches Ende.
    Wolf drehte sich um und stellte fest, dass Brahan und der junge Matrose ihm nach oben gefolgt waren. Er schüttelte das sonderbare Gefühl ab, das von ihm Besitz ergreifen wollte, und befahl dem Matrosen: »Bring mir das Bettzeug von meinem Bett.«
    »Du willst sie an Deck schlafen lassen?«, fragte Brahan.
    »Sie hat darum gebeten«, machte Wolf ihm klar. »Und du wirst auf sie aufpassen.«
    »Ich?«
    Wolf musste seine Anweisung nicht wiederholen, da der Matrose mit der Matratze und der Daunendecke zu ihm kam. »Wohin soll ich das legen?«
    »Dort drüben hin«, antwortete Wolf und deutete auf eine trockene Ecke unterhalb des Achterdecks. Als die Matratze dort abgelegt war, winkte Wolf Isobel zu sich, um ihr zu zeigen, was für sie gedacht war. »Euer Quartier.«
    Brahan verzog das Gesicht. »Und ich soll für unseren Gast das Kindermädchen spielen?«
    »Irgendjemand muss das eben übernehmen.«
    »Wenn schon, dann solltest du dieser Jemand sein, immerhin wirst du ihr Ehemann«, hielt Brahan dagegen.
    »Ich muss mich um das Schiff kümmern und einen neuen Kurs vorgeben. Uns bleibt keine andere Wahl als die riskante schmale Passage bei Moray Firth, um Black Isle zu erreichen. Offensichtlich kennt jemand unser Ziel, und es könnte sein, dass er uns weitere Fallen gestellt hat.« Wolf überwand die Stufen zum Achterdeck mit zwei ausholenden Schritten. Seine oberste Pflicht galt seinem Schiff und seinen Männern, aber nicht einer Frau -; ganz gleich, um welche Frau es sich dabei handelte. Am Tisch angekommen, auf dem seine Seekarten befestigt waren, nahm er den Sextanten in die Hand. Dieser andere Kurs würde sie zwingen, einen Tag länger auf dem Meer unterwegs zu sein, doch diese Zeit war nicht vergeudet, wenn sie dadurch in Sicherheit waren.
    Er zwang sich dazu, sich auf seine Karte zu konzentrieren, doch sein Blick wanderte immer wieder über den Tischrand hinaus zu der Frau, die einsam und allein auf der Matratze saß. Ihr verlorener Gesichtsausdruck verriet alles, was ihr zu schaffen machte -; die Tatsache, dass sie seekrank war, ihre völlige Erschöpfung, aber auch die Erkenntnis, dass ihr alles genommen worden war, was sie je gekannt hatte.
    Wer war diese Frau, dass der König ein solches Interesse an ihr zeigte? Wieso war sie es wert, ein Schiff mitsamt Besatzung aufs Spiel zu setzen? Es gab keinen Zweifel daran, dass das Schiff ihretwegen angegriffen hatte. Seine eigenen Feinde wären nie so kühn gewesen, am helllichten Tag zu attackieren. Nein, die hielten sich lieber im Schatten versteckt und nutzten die Dunkelheit zu ihrem Vorteil. Wer also hatte es auf die Frau abgesehen?
    Sie legte sich auf die Seite und rollte sich zusammen, wobei sie die Knie bis zur Brust anzog. Jeder Funke Anstand in seinem Leib schrie danach, er solle ihr zu Hilfe eilen und sie vor den Folgen der Geheimnisse schützen, die sie mit sich herumtrug.
    Aber sie zu beschützen bedeutete, dass es ihn kümmerte, was aus ihr wurde. Und das wäre ein todbringender Fehler -; für jeden von ihnen.
    Wenn Narren rekrutiert werden und man ihnen einen großen Lohn verspricht, dann folgt der Tod auf dem Fuße, wurde er am Rand seiner Wahrnehmung von Brahans jüngster Vision verspottet. Vielleicht traf diese Vision tatsächlich zu.
    Wolf warf den Sextanten auf die Tischplatte und schnaubte angesichts dieser Untergangsstimmung. Wessen Tod sah Brahan voraus? Wolfs? Isobels? Brahans? Oder waren sie alle in Gefahr, da sie Narren waren, die der König mit einem geschickten Schachzug rekrutiert hatte?
    Eldon MacDonald kletterte vom Bug des sinkenden Schiffs in das letzte Rettungsboot, das die Besatzung noch zu Wasser hatte lassen können, als der Rumpf allmählich in das eiskalte Wasser eintauchte. Sein verzweifelter Aufschrei hing wie Totengeläut in der salzigen
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