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Der schwarze Schwan von Scheckenstein

Der schwarze Schwan von Scheckenstein

Titel: Der schwarze Schwan von Scheckenstein
Autoren: Oliver Hassencamp
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beflügelt, fiel Stephan sogleich etwas ein. Er bat, noch ein Ferngespräch führen zu dürfen.
    „Bitte.“ Der Rex lächelte und begab sich zum Essen.
    Ein Glück! Sonja war in ihrem Zimmer. „Gute Nachricht!“ sagte sie. „Unsere Leiterin ist von Beatrix’ Tat begeistert! Die komme gerade recht, wo sie zusammen mit Graf Schreckenstein eine Naturschutzinitiative starte.“
    Ach du graue Gans! dachte Stephan übermütig. Alle haben meine Idee! Und er bat Sonja: „Sag Beatrix, sie soll sofort zu Bürgermeister Kress kommen. In die Wirtschaft. Ich bin auch da.“
    Die junge Lehrerin verstand. „Na, dann Mahlzeit!“ Lachend legte sie auf.
    In lockerem Laufstil rannte Stephan zum Eßsaal hinauf. Dort heftete er mit Reißnägeln die Zeitungsmeldung ans Schwarze Brett und stieß dabei wie zufällig an die Kuhglocke. Diesmal wollte er bemerkt werden. Und er wurde bemerkt. Alle starrten ihn an, als er langsam zu Ottokar ging und ihn laut und deutlich verständigte. „Ich melde mich ab. Ich muß zum Bürgermeister. Ich weiß nicht, wie lang es dauert. Er hat mich zu einem Arbeitsessen eingeladen. Wir besprechen die Lage.“
    „ Is gut.“ Der Schulkapitän blinzelte seinem Freund zu. Lässig, wie ein Sheriff, verließ Stephan den Eßsaal . Draußen nahm er seinen lockeren Laufstil wieder auf, der alsbald in wuchtige Pedaltritte überging.

    Die Glatze des Bürgermeisters schien von innen zu leuchten. Sie erhellte die Gaststube wie ein Tiefstrahler ein Fußballfeld. Mit beiden Händen empfing er Stephan.
    „Du bist das! Gratuliere! Mit deiner Aufmerksamkeit hast du der Gemeinde einen großen Dienst erwiesen. Und mir auch. Bei vergiftetem See könnte ich meinen Campingplatz schließen. Aber auf meine Schreckensteiner kann ich mich verlassen. Ich hab’s ja gewußt…“
    Diese Worte waren Stephan neu. Bisher hatte Kress die Ritter stets als Beeinträchtigung für seinen Campingplatz angesehen…Ein Mädchen brachte die Speisekarte. Sie war so groß, wie die Neustädter Zeitung.
    „Übrigens kommt meine Mitarbeiterin noch“, sagte Stephan wichtig.
    „Um so besser!“ freute sich Kress. „Da kann sie gleich das Rundschreiben mitnehmen. Und du auch. Ich veranstalte nämlich eine Bürgerversammlung. Ich will den See und das ganze Gemeindegebiet unter Naturschutz stellen lassen. Ein toller Einfall, stimmt’s?“
    Stephan staunte gebührend über seine eigene Idee. Da kam Beatrix herein.
    „Du bist das! Gratuliere!“ jubelte die kommunale Leuchtkugel. „Mit deiner Aufmerksamkeit hast du der Gemeinde einen großen Dienst erwiesen. Und mir auch…“
    Undsoweiter ! dachte Stephan. Jetzt war er es, der beide Hände drückte, glücklich über das unerwartete Wiedersehen und die verheißungsvollen Düfte, die aus der Küche drangen.
    „ Eßt erst mal!“ entschied Kress. „Alles, was ihr wollt. Geniert euch nicht. Ihr habt’s verdient.“ Und er ließ die beiden allein.
    Beatrix strahlte. „Ich freu mich riesig!“
    Er nickte überwältigt. „Es ist wie Weihnachten mit Ostern, Pfingsten und Geburtstag zusammen.“
    Lang saßen sie stumm nebeneinander, mit schräggeneigten Köpfen in das lukullische Angebot vertieft. Sie wählten mit Bedacht und beide das gleiche: Krabbencocktail, dicke Ochsenschwanzsuppe, Spiegelei auf Toast, Rahmschnitzel mit Champignons und Spätzle, Salatplatte, Himbeereis mit Sahne, Schokoladenpudding und kandierte Früchte. Dazu tranken sie Bananenmilch, Ananassaft und Zitronenlimonade.
    Die Genüsse wurden aufgetischt, einer nach dem andern. Kress störte das Schlemmerglück nicht. Er sei ins Bürgermeisteramt hinübergegangen, sagte das Mädchen.
    Beatrix hinkte mit der Nahrungszufuhr hinterher, so viel hatte sie zu berichten. „Zuerst war die Horn wie eine Furie. ,Komm sofort mit!’ hat sie gebrüllt, als ich mich gemeldet hab. Ich wollt schon alles zugeben, wie ihr das macht, da fragt sie, wodurch ich der Polizei hilfreich gewesen sei. Ich sag ihr, daß ich mir die Autonummer gemerkt hab. ,Gott , wie begabt!’ ruft sie da, ,Gott, wie begabt!’ Und hat nicht einmal gefragt, wieso ich drüben gewesen bin.“
    Stephan konnte den Kauprozeß nicht abwarten. „Nach Sonjas Anruf war bei mir Vollalarm!“ mampfte er. „Ich wollt rüberkommen und der Horn sagen, sie soll dich in Ruhe lassen.“
    „Du bist wirklich prima!“ Ernst sah sie ihn an, lachte dann plötzlich und fügte noch hinzu: „Meine Großmutter würde sagen ,ritterlich’ !“
    „Ist doch klar“, schwächte Stephan ab.
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