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Der Schlüssel zu Rebecca

Der Schlüssel zu Rebecca

Titel: Der Schlüssel zu Rebecca
Autoren: Ken Follett
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Nonne.
    Wolff dankte ihr und ging weiter. Es war schlimmer, als er sich vorgestellt hatte. Die Polizei stellte überall Nachforschungen an. Ihm taten die Füße weh und seine Arme schmerzten unter der Last des Gepäcks. Er war enttäuscht und sogar ein wenig empört, denn diese Stadt, die für ihre Planlosigkeit berüchtigt war, schien sich ausgerechnet für ihn zu einer schlagkräftigen Operation durchgerungen zu haben. Wolff steuerte wieder auf das Stadtzentrum zu. Er begann, sichso wie in der Wüste zu fühlen, als ob er seit einer Ewigkeit unterwegs gewesen wäre, ohne sein Ziel zu erreichen.
    In der Ferne erkannte er eine vertraute hochgewachsene Gestalt: Hussein Fahmy, ein alter Schulfreund. Wolff war für einen Moment wie gelähmt. Hussein würde ihn bestimmt aufnehmen, und vielleicht war ihm zu trauen. Aber er hatte eine Frau und drei Kinder, und wie sollte man ihm erklären, daß Onkel Achmed bei ihnen wohnen werde, daß es jedoch ein Geheimis sei und sein Name Freunden gegenüber nicht erwähnt werden dürfe ... Wolff wußte nicht einmal, wie er Hussein selbst alles erklären sollte. Hussein blickte in Wolffs Richtung, der sich rasch abwandte, die Straße überquerte und hinter einer Straßenbahn verschwand. Auf dem gegenüberliegenden Bürgersteig bog er schnell in eine Gasse ein, ohne zurückzuschauen. Nein, er konnte bei seinem alten Schulfreund keine Zuflucht suchen.
    Die Gasse führte auf eine größere Straße, und Wolff merkte, daß er in der Nähe der deutschen Schule war. Ob sie noch geöffnet war? Viele Deutsche in Kairo waren interniert worden. Er ging auf die Schule zu und sah vor dem Gebäude eine Patrouille der Militärpolizei, die Papiere überprüfte. Er drehte sich um und kehrte dorthin zurück, woher er gekommen war. Er mußte von der Straße verschwinden.
    Wolff fühlte sich wie eine Ratte in einem Labyrinth: Jeder Ausweg schien versperrt. Er entdeckte ein Taxi, einen großen alten Ford, unter dessen Haube Dampf hervorquoll. Er hielte es an und sprang hinein. Nachdem er dem Fahrer eine Adresse gegeben hatte, ruckte das Auto im dritten Gang an – es war offenbar der einzige, der funktionierte. Unterwegs stoppte der Fahrer zweimal, um Wasser in den kochenden Kühler zu gießen. Wolff drückte sich in den Rücksitz und versuchte, sein Gesicht zu verbergen.
    Das Taxi brachte ihn zum koptischen Kairo, dem alten christlichen Ghetto.
    Wolff bezahlte den Fahrer und stieg die Stufen zum Eingang des Ghettos hinab. Er gab der alten Frau, die den großen Holzschlüssel in der Hand hielt, ein paar Piaster, damit sie ihn einließ.
    Es war eine Insel der Dunkelheit und Ruhe im stürmischen Meer von Kairo. Wolff schritt durch die engen Passagen und hörte leisen Gesang aus den Kirchen. Er kam an der Schule vorbei, der Synagoge und dem Keller, in den Maria den Säugling Jesus gebracht haben soll. Schließlich betrat er die kleinste der fünf Kirchen.
    Der Gottesdienst begann gerade. Wolff stellte seine kostbaren Koffer neben eine Bank. Er verbeugte sich vor den Heiligenbildern an der Wand, näherte sich dem Altar, kniete nieder und küßte die Hand des Priesters. Dann kehrte er zu seiner Bank zurück und setzte sich.
    Der Chor fing an, einen Abschnitt der Heiligen Schrift auf arabisch zu singen. Wolff machte es sich auf seinem Platz bequem. Bis zum Anbruch der Dunkelheit würde er hier sicher sein. Dann wollte er seinen letzten Versuch machen.
     
    *
     
    Das »Cha-Cha« zählte zu den großen Nachtklubs und lag in einem Garten neben dem Fluß. Es war zum Bersten voll, wie gewöhnlich. Wolff wartete in der Schlange britischer Offiziere und ihrer Mädchen, während die Safragis in den kleinsten Lücken zusätzliche Tische aufstellten. Auf der Bühne sagte ein Komiker: »Wartet nur, bis Rommel das Shepheard’s Hotel erreicht, das wird ihn aufhalten.«
    Wolff bekam schließlich einen Tisch und eine Flasche Champagner. Es herrschte drückende Hitze an diesemAbend, die durch die Bühnenbeleuchtung noch gesteigert wurde. Die Zuschauer benahmen sich rüpelhaft; sie waren durstig, und da nur Champagner serviert wurde, wurden sie rasch betrunken. Sie begannen, nach dem Star der Show, Sonja el-Aram, zu rufen.
    Zuerst mußten sie sich eine schwergewichtige Griechin anhören; sie sang »Ich werde von dir träumen« und »Ich habe niemanden« (was die Zuschauer zum Lachen brachte). Dann wurde Sonja angekündigt. Aber sie erschien noch nicht. Das Publikum wurde lauter und ungeduldiger, während die Minuten
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