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Der Schatz im Silbersee

Der Schatz im Silbersee

Titel: Der Schatz im Silbersee
Autoren: Karl May
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Götzen und schickte sich zum Aufstiege an.
    Es waren, wenn auch nicht ganz in Gestalt unsrer Treppen, schmale Stufen gemauert, welche nach oben führten; sie boten nur für eine Person Platz; darum mußten die Roten im Gänsemarsch sich hintereinander halten. Das »lange Ohr«
    stieg, mit einer Fackel in der Hand, voran. Noch hatte er die oberste Stufe dieses Geschosses nicht erreicht, so hörte er unter sich einen Schrei, welchem die Angstrufe von vielen Lippen folgten. Er blieb stehen und sah zurück. Was er erblickte, war ganz geeignet, ihn mit Entsetzen zu erfüllen. Aus dem Gange, in welchem sich noch viele, viele Utahs befanden, drang, so breit und hoch er war, das Wasser herein. Die Fackeln warfen ihre Lichtstreifen auf die dunkle, gurgelnde Flut, welche schon halb manneshoch stand und mit entsetzlicher Schnelligkeit nach oben stieg. Diejenigen, welche sich noch im Gange befunden hatten, waren verloren; das Wasser hatte sie sofort erstickt. Und die, welche noch auf den Stufen standen, waren ebenso verloren. Sie drängten vorwärts; jeder wollte sich nach oben retten; einer riß den andern fort. Man warf die Fackeln von sich, um sich mit beiden Händen verteidigen zu können. So kam es, daß es keinem gelang, auf den Stufen Fuß zu fassen. Dabei wuchs die Flut so schnell, daß sie eine Minute, nachdem der erste Schrei erschollen war, den Roten schon bis an die Hälse reichte. Sie wurden von ihr gehoben; sie schwammen; sie kämpften gegen den Tod und gegeneinander
    - vergeblich. Nur fünf oder sechs waren es, welche sich bereits so hoch befunden hatten, daß ihnen das Entkommen möglich war. Der »alte Donner« befand sich unter ihnen; sie hatten nur eine einzige Fackel, welche der voransteigende Timbabatsche trug. Eine schmale Öffnung führte durch die Decke in das nächste Gestock, von wo aus eben solche Stufen weiterführten.
    »Gib mir das Licht, und laß mich voran!« gebot der Utahhäuptling dem Timbabatschen.
    Er griff nach der Fackel, doch das »lange Ohr« weigerte sich, sie ihm zu geben. Es entspann sich ein kurzer Streit, welcher aber dennoch lange genug währte, das Wasser herankommen zu lassen. Es drang schon durch die Öffnung in dieses Stockwerk. Dasselbe war eng, viel, viel enger, als das untere.
    Darum stieg die Flut mit zehnfacher Schnelligkeit an den Wänden empor.
    Das »lange Ohr« war jünger und stärker als der »alte Donner«.
    Er riß sich von ihm los und warf ihn mit einem kräftigen Stoße zu Boden. Nun aber drangen die andern Utahs auf ihn ein. Er besaß keine Waffe und hatte nur eine Hand frei, sich ihrer zu erwehren. Schon legte einer das Gewehr auf ihn an, um ihn zu erschießen; da rief er: »Halt, sonst werfe ich das Licht in das Wasser, und dann seid ihr verloren! Ihr könnt nicht sehen, wohin ihr zu steigen habt, und das Wasser holt euch ein.« Das half. Sie sahen ein, daß sie sich nur dann retten konnten, wenn sie Licht behielten. Schon stand ihnen das Wasser bis an den Hüften.
    »So behalte die Fackel, und steig voran, du Hund!« antwortete der »alte Donner«. »Aber später wirst du es büßen!«
    Der Timbabatsche stand schon auf den Stufen und eilte weiter.
    Wieder gelangte er durch eine schmale Öffnung in das nächste Stockwerk. Die Drohung des Alten war ernst gemeint. Das
    »lange Ohr« wußte es. Er dachte, daß er nur dann nichts zu befürchten habe, wenn die Utahs in der Flut umkamen. Darum blieb er, als er durch die Öffnung gestiegen war, stehen und blickte zurück. Hinter ihm erschien der Kopf des »alten Donners«. »Du hast mich einen Hund genannt und willst dich an mir rächen,« rief er ihm zu. »Du bist selbst ein Hund und sollst wie ein Hund sterben. Fahre zurück in das Wasser!«
    Er versetzte ihm einen Fußtritt in das Gesicht, so daß der Alte zurückstürzte und in der Öffnung verschwand. Einen Augenblick später erschien der Kopf des nächsten Utah; auch dieser erhielt einen Fußtritt und fiel zurück. So erging es dem dritten; weiter kam keiner, denn das Wasser hatte die andern erreicht und von den Stufen geschwemmt; es trat jetzt schon durch die Öffnung; der Timbabatsche befand sich allein; nur er war übrig geblieben.
    Er stieg weiter und weiter, noch einige Stockwerke höher, und das Wasser folgte ihm mit derselben Schnelligkeit. Da fühlte er, daß die Luft besser wurde. Der Aufstieg war nun so eng geworden und es gab keine Stufen mehr, sondern ein eingekerbtes Holz war als Leiter der Mauer gelegt. Schon setzte er die Fußspitzen in die
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