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Der Schatz im Silbersee

Der Schatz im Silbersee

Titel: Der Schatz im Silbersee
Autoren: Karl May
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sich nicht die Ursache ihres unerwarteten Rückzuges sein; es muß vielmehr ein ganz andrer Grund vorhanden sein, der aber mit dem Häuptlinge in Beziehung steht.«
    »Welcher Grund könnte das sein?«
    »Hm! Ich traue dem »langen Ohr« nicht. Er hat mir nie gefallen.«
    »Ich wüßte nicht, weshalb wir ihm mißtrauen sollten. Er hat sich niemals feindlich gegen mich verhalten.«
    »Das mag sein; dennoch ist er nicht der Mann, auf den ich mich verlassen möchte. Kennt er die hiesige Örtlichkeit genau?«
    »Ja.«
    »Kennt er auch den Weg, welcher über den Felsenkessel nach dem See führt?«
    »Er kennt ihn, denn er ist mit mir dort gewesen.«
    »So weiß ich genug. Wir müssen sofort aufbrechen, um nach dem See zu gehen.«
    »Warum?«
    »Weil er den Utahs diesen Weg verraten hat.«
    »Das traue ich ihm nicht zu!«
    »Aber ich hatte ihn dessen für fähig. Mag ich mich da irren oder nicht; mag er freiwillig oder gezwungen geplaudert haben, darauf kommt es nicht an; ich bin überzeugt, daß die Utahs seit einer Stunde fort sind und in zwei Stunden am See erscheinen werden.«
    »Das denke auch ich,« stimmte Old Firehand bei.
    »Das »lange Ohr« hat kein gutes Gesicht,« meinte Winnetou.
    »Meine Brüder mögen schnell nach dem See kommen, sonst sind die Utahs eher dort als wir und nehmen Butler und seine Tochter gefangen.«
    Da diese drei Männer derselben Ansicht waren, verlor der
    »große Bär« etwas von seinem Vertrauen und sprach nicht gegen den sofortigen Aufbruch. Man stieg zu Pferde und ritt den Canon hinauf, so gut es in der Finsternis gehen mochte.
    Es dauerte wohl eine Stunde, ehe man den Eingang des Seethales erreichte. Dieser wurde besetzt, und zwar von Weißen, weil nun, da ihr Häuptling abhanden gekommen war, den Timbabatschen nicht mehr ein unbedingtes Vertrauen geschenkt werden konnte.
    Butler befand sich nicht mehr auf der Insel. Er hatte mit seiner Tochter in dem Gebäude gesessen; unter ihnen lagen die Gefangenen, welche miteinander sprachen. Ihre Stimmen drangen dumpf noch oben; es klang so geisterhaft, daß Ellen sich zu fürchten begann, und sie bat ihren Vater, die Insel zu verlassen und mit ihr hinüber an das Ufer zu gehen. Er erfüllte ihre Bitte und ruderte sie hinüber. Als es Nacht geworden war, brannte er ein Feuer an, war aber so vorsichtig, sich nicht an dasselbe zu setzen, vielmehr zog er sich mit Ellen in den Schatten zurück, wo beide den erleuchteten Platz übersehen konnten, ohne selbst bemerkt zu werden. Es war für sie unheimlich, so allein an diesem einsamen und gefährlichen Orte zu sein; darum freuten sie sich, als die Weißen jetzt mit den Timbabatschen zurückkehrten.
    Da die Utahs erst in einer Stunde erwartet werden konnten, genügte es, daß die Hälfte der Rafters vorn am Eingange postiert waren. Die andern Weißen lagerten sich um das Feuer; die Timbabatschen brannten sich ein zweites an, bei welchem sie Platz nahmen, um sich über das Verschwinden ihres Häuptlings zu unterhalten. Sie waren überzeugt, daß er ganz gegen seinen Willen in die Hände der Utahs geraten sei. Daß die Weißen ihn im Verdacht der Verräterei hatten, war ihnen wohlweislich verschwiegen worden.
    Seit der Ankunft am See hatte Watson, der frühere Schichtmeister, keine Gelegenheit gehabt, mit dem »großen Bären« zu sprechen, und dieser hatte gar nicht darauf geachtet.
    Jetzt aber, als sie nahe bei einander am Feuer saßen, meinte der Weiße zu dem Roten: »Mein roter Bruder hat noch nicht mit mir gesprochen. Er mag mich einmal betrachten und mir dann sagen, ob er sich nicht erinnert, mich bereits einmal gesehen zu haben.«
    Der Bär warf einen forschenden Blick auf ihn und antwortete dann: »Mein weißer Bruder trägt jetzt einen längeren Bart als früher; aber ich erkenne ihn doch wieder.«
    »Nun, wer bin ich?«
    »Einer von den beiden Bleichgesichtern, welche hier oben einen ganzen Winter zubrachten. Damals lebte Ikhatschi-tatli noch, der große Vater, welcher krank war, und von ihnen gepflegt wurde, bis er starb.«
    »Ja, wir pflegten ihn, und er war uns dankbar dafür. Er gab uns ein Geschenk, dessen sich der »große Bär« vielleicht erinnern wird.«
    »Ich weiß es,« nickte der Rote, aber in einer Weise, als ob er sich nur ungern an diesen Umstand erinnern lasse.
    »Es war ein Geheimnis, welches er uns anvertraute, ein Geheimnis von einem Schatze, welcher hier verborgen liegt.«
    »Ja; aber der große Vater hatte sehr unrecht, als er von diesem Geheimnisse sprach. Er war alt
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