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Der Schatz im Silbersee

Der Schatz im Silbersee

Titel: Der Schatz im Silbersee
Autoren: Karl May
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besser, als so ein Bleichgesicht. Der Groll in ihm nagte weiter und weiter. Er wünschte, diesen Weißen zeigen zu können, daß er eine wichtige Person sei, welche man nicht umgehen dürfe.
    Wie nun, wenn die Roten etwas im Schilde führten und es ihm gelänge, dies zu erlauschen! Dieser Gedanke ließ ihm keine Ruhe, und endlich beschloß er, ihn auszuführen. Er kroch vorwärts, weiter und weiter. Aber es war nicht so leicht, wie er sich vorgestellt hatte, denn das Steingeröll lag nicht fest; es bewegte sich unter seinen langen Gliedern. Darum mußte er seine Aufmerksamkeit mehr unter sich als vor sich richten.
    Wieder kollerte unter ihm ein Stein - neben ihm tauchte etwas Dunkles auf, vor ihm auch; zwei kräftige Hände legten sich ihm wie Eisenklammern um den Hals; zwei andre Hände hielten seine Arme an den Leib; sein Atem stockte, und er verlor die Besinnung.
    Als er wieder zu sich kam, lag er zwischen zwei Männern, welche ihm die Spitzen ihrer Messer auf die entblößte Brust hielten. Seine Glieder waren gefesselt, und in seinem Munde steckte ein Knebel. Er machte eine Bewegung, welche von einem dritten, der ihm zu Häupten saß, bemerkt wurde. Dieser sagte mit leiser Stimme, indem er ihm die Hand auf den Kopf legte: »Wir haben das »lange Ohr« erkannt. Ich bin der »alte Donner«. Wenn das »lange Ohr« klug ist, wird ihm nichts geschehen; ist er aber unklug, so wird er die Messer kosten, welche er auf seiner Brust fühlt. Er mag mir durch ein Nicken mit dem Kopfe zu erkennen geben, ob er meine Worte hört!«
    Der gefangene Häuptling gab das gewünschte Zeichen. Er lag hier zwischen Leben und Tod, und es verstand sich ganz von selbst, daß er das Leben wählte. Es überkam ihn eine große Genugthuung bei dem Gedanken, daß es ihm jetzt möglich sei, sich an den stolzen, eingebildeten Weißen für die ihm widerfahrene Zurücksetzung und Beleidigung zu rächen.
    »Das »lange Ohr« mag mir ferner zu verstehen geben, ob er nur leise sprechen will, wenn ich ihm den Knebel aus dem Munde nehme,« fuhr der andre fort.
    Der Aufgeforderte nickte wieder, und sofort wurde der Knebel entfernt, doch warnte der »alte Donner«: »Wenn du ein lautes Wort sprichst, wirst du sterben. Willst du dich aber mit mir verbinden, so soll dir alles verziehen sein, und du wirst teil an unsrer Beute haben. Antworte mir!«
    Beute! Bei diesem Worte kam dem Timbabatsch ein Gedanke, ein großer, ein kostbarer Gedanke. Er hatte ein Gespräch zwischen dem großen und dem kleinen Bären belauscht, ein Gespräch, welches ihm noch jetzt Wort für Wort im Ohre klang.
    Beute! Ja, Beute sollte es geben, Beute, wie sie noch nie nach einem Kampfe ausgeteilt worden war! Von diesem Augenblicke an war er der Sache der Utahs mit Leib und Seele ergeben.
    »Ich hasse und verachte diese Weißen,« antwortete er. »Wenn du mir hilfst, so werden wir sie vernichten.«
    »Und den »Bären« auch?«
    »Ja. Doch meine Krieger sollen leben bleiben!«
    »Das verspreche ich dir. Warum aber warst du vorher mein Feind?«
    »Weil ich das noch nicht wußte, was ich heut weiß. Die Bleichgesichter haben mich so beleidigt, daß ich ihr Blut haben muß.«
    »Diese Rache soll dir werden. Ich werde bald sehen, ob du es ehrlich mit mir meinst oder mich betrügen willst.«
    »Ich bin dir treu und werde es dir beweisen, besser und vollkommener, als du jetzt ahnen kannst.«
    »So sage mir zunächst, ob es wahr ist, daß die Bleichgesichter unsre Häuptlinge als Gefangene bei sich haben!«
    »Es ist wahr. Ich habe sie gesehen.«
    »So sind diese Hunde mit dem bösen Geiste im Bunde, sonst wäre ihnen nicht gelungen, was jedem andern Menschen unmöglich ist! Wo befinden sich die Häuptlinge der Utahs?«
    »In dem Hause auf der Insel des Sees.«
    »Von wem werden sie bewacht?«
    »Von einem einzigen Bleichgesichte und einem Mädchen, welches seine Tochter ist.«
    »Ist das wahr? Ein einziger Mann und ein Mädchen halten so viele tapfere und berühmte Krieger fest! Du lügst!«
    »Ich sage die Wahrheit. Du mußt bedenken, daß die Gefangenen gefesselt sind.«
    »So will ich es glauben. Das ist auf der Insel. Wie viele Krieger aber befinden sich am Ufer?«
    »Keiner.«
    »Mensch, wo ist dein Verstand!«
    »Keiner! Die Weißen und meine Timbabatschen waren da, sonst niemand. Und diese alle waren nach dem Canon geritten, um gegen euch zu kämpfen.«
    »Welche Unvorsichtigkeit! Und das soll ich für Wahrheit halten?«
    »Es ist keine Unvorsichtigkeit, denn diese Hunde halten dich
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