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Der Schatz des Blutes

Der Schatz des Blutes

Titel: Der Schatz des Blutes
Autoren: Jack Whyte
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länger, und er hielt den Blick zu Boden gesenkt, das Schwert immer noch beiläufig über die Schulter gelegt.
    Die meisten jungen Männer seines Alters wären mit einem solch prachtvollen Schwert einherstolziert und hätten seine tödliche Schönheit benutzt, um sich selbst mehr Wichtigkeit zu verleihen, doch nicht so Hugh de Payens. Er trug die Waffe nur, weil er sie vorhin bei seinem Aufbruch dabeigehabt hatte und sie daher jetzt tragen musste, bis er sie getrost irgendwo abstellen konnte, ohne dass er Gefahr lief, dass sie verloren ging, gestohlen oder vergessen wurde. Jetzt war er zu seinem Quartier unterwegs, wo er sie endlich ablegen konnte. Er war sich seiner Umgebung so wenig bewusst, dass er an einer Gruppe bunt gekleideter, kichernder, in einer Ecke des riesigen Raumes umeinandergescharter Frauen vorbeispazierte, ohne sie zu bemerken, obwohl sie ihm bewundernde Blicke zuwarfen und ihm Grüße zuriefen. Hugh hatte an diesem Tag andere, gewichtigere Dinge im Kopf.
    Genauso wenig bemerkte er den hochgewachsenen, breitschultrigen Mann, der ihm entgegenkam, bis sich ihre Wege fast genau in der Mitte des Fußbodens kreuzten, und es blieb dem anderen überlassen zu bemerken, dass Hugh keinerlei Anstalten machte, seine Schritte zu verlangsamen oder auszuweichen. Der Mann blieb stehen, richtete sich zu seiner vollen Größe auf und zog erstaunt die Augenbrauen hoch; dann hob er langsam mit gespreizten Fingern eine Hand und trat beiseite. Erst als Hugh mit dem Mann gleichzog, der ihm jetzt an die Schulter fasste, bemerkte er ihn und fuhr zurück, als würde er angegriffen, schwang das Schwert von der Schulter, um es mit der Linken an der Scheide zu packen und es herauszuziehen, bevor er wirklich hinsah und feststellte, wer es war, der ihn da anpöbelte.
    Doch dann erkannte er den Mann; er senkte die Spitze seiner Waffe mitsamt der Scheide zu Boden, und sein Gesicht wurde rot vor Schreck und Verlegenheit.
    »Mylord St. Clair! Verzeiht mir, Sir. Ich war … in Gedanken meilenweit entfernt.«
    Die Hand, die der kräftige Mann erhoben hatte, noch bevor Hugh ihn erkannte, war ein Signal für den bewaffneten Leibwächter hinter ihm gewesen, zu bleiben, wo er war, und nichts zu tun. Als er jetzt den jungen Mann vor sich ansah, regte sich ein Hauch von etwas, das ein Lächeln oder eine finstere Miene hätte sein können, in seinem Mundwinkel.
    »Das konnte ich sehen«, erwiderte er mit lauter, tiefer Bassstimme. »Doch selbst inmitten ernster Gedanken, mein lieber Hugh, sollte ein Mann stets versuchen, seine Umgebung wenigstens mit einem Auge im Blick zu behalten. Was war denn der Gegenstand Eures Traums, so weit entfernt?«
    St. Clair schien nicht im Mindesten verstimmt zu sein, und Hughs Verlegenheit nahm noch zu.
    »Nichts, Mylord … ich bitte um Verzeihung … Ich bin im Kopf die Worte für die Zusammenkunft morgen Abend durchgegangen. Ich muss noch viel lernen.«
    »Ah, die Antworten. Aye, das stimmt, wie Ihr sagt. Vor allem für einen jungen Mann in Eurer Position. Aber Ihr habt die besten Lehrer, die man haben kann, und ich weiß, dass sie mit Euren Bemühungen nicht unglücklich sind.«
    Er senkte den Blick auf die schwere Waffe mit der langen Klinge.
    »Doch wozu das Schwert, Patensohn? Erinnert Ihr Euch besser mit der Waffe in der Hand?«
    Hugh runzelte blinzelnd die Stirn und betrachtete leicht erstaunt die Waffe, deren Spitze immer noch zu Boden zeigte.
    »Nein, Sir, nein … gar nicht. Ich war unterwegs zum Wettkampfplatz, um dort zu üben, aber ich bin nicht bis dorthin gekommen. Ich bin einfach nur weitergegangen … und habe über meine Aufgabe nachgedacht und dafür geübt.«
    »Aye, nun ja, das klingt ja, als hättet Ihr Eure Zeit gut genutzt, wenn man bedenkt, wie dicht Ihr vor Eurer Prüfung steht. Und wohin seid Ihr jetzt unterwegs?«
    »Zurück in mein Quartier, Mylord, um mich hiervon zu befreien.«
    Er zeigte auf das Schwert.
    »Dann gebt es mir und begleitet mich stattdessen.«
    St. Clair streckte die Hand aus und nahm Hugh das Schwert ab, dann drehte er sich um und warf es beiläufig dem Leibwächter zu, der jetzt einige Schritte hinter ihm stand und den er bat, dort zu verweilen und auf die Waffe aufzupassen. Nachdem der mit einem Kettenpanzer bekleidete Mann salutiert hatte und zurückgetreten war, wandte sich St. Clair wieder an Hugh.
    »Ich war auf dem Weg, den Ort Eurer Prüfung zu begutachten, als Ihr daherkamt, also war Euer Eintreffen vielleicht ein Zeichen, dass wir ihn gemeinsam
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