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Der Schattengaenger

Der Schattengaenger

Titel: Der Schattengaenger
Autoren: Monika Feth
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gelegt, sich einen Kaffee geholt und das Buch aufgeschlagen, das er gerade las.
    Aber er starrte die Zeilen bloß an, ohne ihren Sinn zu verstehen. Sein linker Fuß schlief ein. Vorsichtig bewegte er ihn. Wenigstens der Schmerz war greifbar, wenn sich ihm sonst schon alles entzog.
     
    Der Lastwagenfahrer hatte Merle an der Hauptstraße abgesetzt. Als sie, in ihrer Tasche nach dem Schlüssel kramend, auf das Haus zuging, entdeckte sie Luke. Er saß vor der Tür und kraulte einen völlig hingerissenen Smoky hinter den Ohren.
    »Wo ist sie?«
    »Ich wünsche dir auch einen Guten Tag«, entgegnete Merle schnippisch.
    »Hi.« Er rappelte sich auf und klopfte sich den Staub von der Hose. Smoky huschte erschrocken davon. »Also, wo ist sie?«
    Merle ärgerte sich über ihre Kratzbürstigkeit. Luke konnte nichts für ihre Erschöpfung und Gereiztheit. Immerhin hatte er auf ihren Anruf im Maklerbüro reagiert und war hierhergekommen. Vielleicht wartete er schon ewig.
    »Du weißt es also auch nicht«, sagte sie, sanfter diesmal, schloss auf und ging vor ihm durch den Flur.
    »Willst du mir nicht endlich erklären, was los ist?«
    Merle öffnete die Tür zum Hof, und Smoky kam herein, langsam und gemächlich, damit bloß keiner glaubte, er schleime sich ein. Wie zufällig strich er Merle um die Beine. Als sie ihn berührte, machte er einen Genießerbuckel. Donna und Julchen waren nirgendwo zu sehen.
    »Was ist los, Merle?«
    Er hat ein Recht darauf, es zu erfahren, dachte Merle. Eigentlich wäre er überhaupt der Erste gewesen, der es hätte erfahren müssen.
    »Hat Jette dir von dem Stalker erzählt?«, fragte sie.
    Luke schüttelte den Kopf. Sein Blick wurde argwöhnisch und Merle konnte einen Funken Angst in seinen Augen erkennen. Sie seufzte.
    »Setz dich«, forderte sie ihn auf. »Dann erzähl ich dir alles.«
    Luke gehorchte, doch sein Körper blieb angespannt. Merle suchte nach dem ersten Wort. Sie hatte keine Ahnung, wie sie es Luke beibringen sollte.
     

Kapitel 30
    Eine dichte Wolkendecke hielt den Himmel verschlossen. Die kleinen Wellen, die über das graue Wasser liefen, hatten weiße Kronen. Mit einem leisen Plätschern brachen sie sich an der steilen Uferböschung.
    Der Steg war alt und verwittert und ragte ein ganzes Stück ins Wasser. Trotzdem hatte Imke sich an seinem Ende niedergelassen, wie der Mann es ihr befohlen hatte. Es war nicht kalt, aber sie fror in der leichten weißen Leinenhose und der schwarzen Bluse. Sie hätte jetzt gern eine Jacke angehabt.
    Schon um mich zu schützen, dachte sie.
    Sie hätte gern einen Rettungsplan entworfen, für Jette und für sich selbst. Aber sie wusste ja nicht einmal, was auf sie zukam. War er mit einem Wagen unterwegs zu ihr? Sollte sie auf dem Steg sitzen, mit dem Rücken zu ihm, damit sie ihn nicht sehen konnte? Aber das wäre doch Unsinn - sie würde ihn ohnehin sehen, später, irgendwann.
    Was hatte er vor? Würde er Jette wirklich gehen lassen?
    Imke zog die Schultern hoch. Sie konnte nur versuchen, Kraft zu sammeln. Alles andere würde sich zeigen.
     
    Die Wohnung hatte den Charakter einer Höhle. Bert hätte nicht sagen können, weshalb, aber alles hier ließ ihn spüren, dass Manuel Grafen sich in diese Räume zurückzog, sooft er es in der Welt draußen nicht aushielt.
    Das Erste, was ihm auffiel, waren die unzähligen Bücher. Beinah an jeder Wand waren Regale angebracht, zum Bersten gefüllt mit Büchern. Keines stand schief, keines lag quer, die Buchrücken waren samt und sonders exakt ausgerichtet.
    Krimis schienen Manuel Grafens bevorzugtes Genre zu sein, doch es fanden sich auch Bücher über Geschichte und Musik in den Regalen. Die Bücher waren nach Verfassern alphabetisch geordnet. Bert zog ein paar heraus und stellte beim Durchblättern fest, dass es keine Eselsohren gab, keine an den Rand gekritzelten Notizen, keine Unterstreichungen und keinen einzigen Fleck.
    Unruhig nahm er das Wohnzimmer näher unter die Lupe, dann das Schlafzimmer. Er wusste, dass er sich in der Wohnung des Stalkers befand, obwohl er kein einziges Buch von Imke Thalheim gefunden hatte und auch sonst nichts darauf hinwies.
    Das Badezimmer war schäbig und verwohnt. Auf den ersten Blick konnte man den Benutzer dieses Raums nicht mit dem Besitzer der gut erhaltenen Bücher in Einklang bringen. Die Küche war warm und gemütlich. Hier wurde gekocht, gegessen - und gelesen, denn auch hier reichten die Bücherregale bis an die Decke.
    Berts Unruhe nahm zu. Er spürte sein Herz
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