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Der Sarg: Psychothriller

Der Sarg: Psychothriller

Titel: Der Sarg: Psychothriller
Autoren: Arno Strobel
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was sie aber vehement bestritt. Sie erzählte mir, dass sie glaube, als Kind am Tag vor Manuels angeblichem Unfalltod etwas beobachtet zu haben, was sie sicher machte, dass er nicht ertrunken sei, sie sich aber nicht mehr daran erinnern könne, was das war. Ich schlug ihr vor, es mit Hypnose zu versuchen, weil ich darin auch eine Chance sah herauszufinden, ob sie misshandelt worden war oder nicht. Sie stimmte zu, bei einem ängstlichen Menschen wie Eva ein Zeichen dafür, wie wichtig es ihr war, sich wieder an diesen Tag erinnern zu können.«
    Menkhoff atmete tief durch und versuchte, seine Unruhe zu verbergen. Das schien Reithöfer bemerkt zu haben, denn sie unterbrach Leienberg. »Herr Dr. Leienberg, bitte verstehen Sie mich nicht falsch, aber die Zeit drängt. Wir wissen immer noch nicht, wo Eva Rossbach sich im Augenblick befindet. Könnten wir also zu dem Moment kommen, als Sie niedergeschlagen wurden?«
    »Ja, dazu wollte ich jetzt sowieso kommen. Ich begann also mit der Hypnose, und gerade, als ich dachte, sie würde sich in einem Dämmerzustand befinden, öffnete sie plötzlich die Augen und stand auf. Ich merkte, dass ihre ganze Körperhaltung und ihre Bewegungen seltsam waren, anders als zuvor, und fragte, was los sei. Da sah sie mich an und sagte diesen netten Satz zu mir, von wegen Psychowichser. Sie ging zu meinem Schreibtisch und blieb davor stehen, mit dem Rücken zu mir, den Kopf gesenkt, als sei sie im Stehen eingeschlafen. Ich habe sie angesprochen, aber sie reagierte nicht, stand einfach nur da, und ihre Schultern hoben und senkten sich im Rhythmus ihres Atems. Ich bin aufgestanden und zu ihr hingegangen. Tja, und dann ging alles ganz schnell, sie wirbelte herum, dann wurde es dunkel.«
    »Sie hat Sie mit dieser Glasfigur niedergeschlagen, die auf Ihrem Schreibtisch stand«, erklärte Menkhoff. »Sie haben Glück, dass Sie noch leben.«
    »Ja, ich weiß.«
    »Was denken Sie denn nun – könnte es sein, dass Evas Bruder tatsächlich noch lebt?«
    »Nun, da muss ich ein paar Sätze vorwegschicken. Eltern, die misshandeln, tun das im Laufe der Zeit meist immer härter. Sie vermuten in allem, was ihre Kinder tun, Feindseligkeit, der sie wiederum mit noch mehr Gewalt begegnen. Studien zeigen, dass manche dieser Eltern schon Aggressionen empfinden, wenn das Kind sich im gleichen Zimmer aufhält. Oft kommt dann eine sexuelle Stimulation bei der Misshandlung hinzu. Das ist ähnlich wie bei einer Droge. Man braucht mit der Zeit immer höhere Dosen, um die gleiche Wirkung zu erzielen. Ist dann irgendwann der Punkt erreicht, an dem sie die Dosis an Misshandlungen nicht mehr erhöhen können, töten sie das Kind entweder oder sie versuchen, auf anderem Weg eine nächste Stufe zu erreichen. Eine Möglichkeit ist dabei die Vorstellung, das Kind anderen, fremden Menschen zu überlassen. Aus diesem Ansatz heraus … Ja, es könnte sein, dass Evas Bruder noch lebt. Aber wenn es so ist, möchte selbst ich als Psychiater nicht wissen, was er bisher durchmachen musste, denn ich glaube nicht, dass ich dieses Wissen ertragen könnte.«
    »Vielen Dank, dass Sie versucht haben, uns den Sachverhalt zu erklären«, sagte Menkhoff. »Auch wenn ich gestehen muss, dass sich diese DIS -Sache für mich sehr … außergewöhnlich anhört.«
    »Wenn Manuel Rossbach tatsächlich noch am Leben ist, können Sie mit Sicherheit davon ausgehen, dass ihm Dinge wie Mitgefühl oder Unrechtsbewusstsein ebenso fremd sind wie Achtung vor dem Leben oder Angst vor dem Tod. Er wird vor nichts zurückschrecken. Und wenn er es war, der Eva Rossbach verschleppt hat, dann hat sie kaum eine Chance.«

54
    Eva starrte auf das Foto, unfähig, ihren Blick von dem verhassten Gesicht abzuwenden. Ihre Stiefmutter sah auf der Aufnahme aus, als könne sie keiner Fliege etwas zuleide tun. Es war, als verhöhne sie sie geradezu mit ihrem aufgesetzten Unschuldsblick. »Warum tust du mir das an?«, fragte sie zu dem Foto hin, meinte damit aber Manuel. »Warum quälst du mich so?
Sie
war es doch, die dir das damals angetan hat, immer und immer wieder, ich habe doch immer versucht, dir zu helfen. Warum nur tust du das?«
    Noch immer konnte sie sich nicht abwenden, starrte nur gebannt auf das Bild, während vor ihrem inneren Auge Szenen ihrer Kindheit auftauchten. In jeder dieser Szenen stand ihre Stiefmutter vor ihr, die Hand entweder zur Faust geballt oder mit irgendeinem Gegenstand darin, zum Schlag erhoben, das Gesicht versteinert. Doch aus einem
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