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Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Titel: Der Rote Krieger: Roman (German Edition)
Autoren: Miles Cameron
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klang die Stimme des Hauptmanns verändert. Er sprach so leise, dass Tom sich vorbeugen musste, um ihn zu verstehen.
    »Entschuldigung«, murmelte Tom wie ein Schuljunge. »Hexe.«
    Pampe grinste. Schon lag die Spitze ihres Reiterschwertes auf der breiten Stirn des Mannes, knapp oberhalb des Auges.
    »Miststück«, knurrte Tom.
    Der Hauptmann beugte sich zu ihm vor. »Keiner von euch beiden will das hier. Ist doch klar, dass ihr beiden bloß so tut. Regt euch ab oder tragt die Konsequenzen. Tom, Pampe will wie deinesgleichen behandelt werden. Pampe, Tom ist ein harter Kerl, aber du reizt ihn bei jeder Gelegenheit. Wenn du zu dieser Gruppe gehören willst, musst du deinen Patz in ihr auch annehmen.«
    Er hob die gepanzerte Hand. »Wenn ich bis drei gezählt habe, lasst ihr voneinander ab. Pampe wird ihr Schwert wieder in die Scheide stecken, und Tom wird sich noch einmal entschuldigen. Dann wird Pampe diese Entschuldigung annehmen. Andernfalls könnt ihr eure Sachen nehmen, abhauen und euch gegenseitig umbringen – aber nicht, solange ihr zu meinen Leuten gehört. Ist das klar? Drei. Zwei. Eins.«
    Pampe trat zurück, salutierte mit ihrer Klinge und steckte sie weg, ohne hinzusehen oder nach der Scheide zu tasten.
    Tom ließ einen Augenblick verstreichen. Es war reine Anmaßung. Doch dann geschah etwas mit seinem Gesicht, und er verneigte sich – es war eine anständige Verbeugung, bei der sein rechtes Knie den Schlamm berührte. »Ich bitte demütig um deine Vergebung«, sagte er mit lauter, klarer Stimme.
    Pampe lächelte. Zwar war es kein hübsches Lächeln, aber es verwandelte ihr Gesicht, auch wenn ihre Schneidezähne fehlten. »Und ich bitte um die deine, Herr Ritter«, erwiderte sie. »Ich bedauere meine … Haltung.«
    Offensichtlich hatte sie Tom damit verblüfft. Die Welt des großen Mannes bestand aus Herrschen und Unterwerfen, und Pampe stand darin weit unter ihm. Der Hauptmann konnte wie in einem Buch in ihm lesen. Und er dachte: Dafür hat Pampe etwas verdient. Sie ist ein guter Kerl.
    Gelfred erschien neben seinem Ellbogen. Vermutlich hatte er auf das Ende dieses Dramas gewartet.
    Der Hauptmann spürte das Verkehrte bereits, noch bevor er sah, was sein Jäger in den Händen trug – wie eine gute Hausfrau, die von einer Pilgerreise zurückkehrte und etwas Totes unter ihren Bodendielen roch. Es war genauso, bloß stärker und noch verkehrter.
    »Ich habe sie auf den Bauch gerollt. Das hier hat unter ihrem Rücken gelegen«, sagte Gelfred. Er hatte das Ding mit seinem Rosenkranz umwickelt.
    Der Hauptmann schluckte wieder einmal seine Galle herunter. Ich liebe diese Arbeit, rief er sich in Erinnerung.
    Auf den ersten Blick sah es wie ein Stab aus – am Schaft zwei Finger dick und nadelspitz am anderen Ende, das nun dunkel und blutverkrustet war. Dornen sprossten aus dem Stängel hervor, aber das Ganze war gefiedert. Ein Pfeil. Oder eher die obszöne Parodie eines Pfeils, geschnitzt aus …
    »Hexenholz«, sagte Gelfred.
    Der Hauptmann zwang sich dazu, es entgegenzunehmen, ohne dabei zusammenzuzucken. Es gab einige Geheimnisse, für deren Bewahrung er einen hohen Preis zahlen musste. Er dachte an den letzten Pfeil aus Hexenholz, den er gesehen hatte – und schob den Gedanken sofort wieder beiseite.
    Den Stab hielt er eine Weile in der Hand. »Und?«, fragte er mit gespielter Unbekümmertheit.
    »Sie wurde im Rücken getroffen – von diesem Hexenstab –, als sie noch lebte.« Gelfred kniff die Augen zusammen. »Und dann hat ihr das Ungeheuer das Gesicht abgerissen.«
    Der Hauptmann nickte und gab den Schaft seinem Jäger zurück. Als sich seine Finger davon lösten, fühlte er sich sogleich leichter, und dort, wo die Dornen durch seine ledernen Handschuhe gedrungen waren, hatte er den Eindruck, als wäre er mit Giftsumach in Berührung gekommen. Finger und Daumen juckten und fühlten sich taub und vergiftet an.
    »Bemerkenswert«, sagte der Hauptmann.
    Pampe beobachtete ihn.
    Diese verdammten Frauen und ihre Gabe der Beobachtung, dachte er.
    Ihr Lächeln zwang ihn dazu, es zu erwidern. Die Knappen und Diener im Garten atmeten wieder leichter, und der Hauptmann war sich nun sicher, dass sie wach bleiben würden. Schließlich lief ein Mörder frei herum, der sich verbündeter Ungeheuer der Wildnis bediente.
    Er ging zu seinem Pferd zurück. Jehannes, sein Marschall, trat neben ihn und räusperte sich. »Diese Frau macht nur Schwierigkeiten«, sagte er.
    »Genau wie Tom«, erwiderte der
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