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Der Moloch: Roman (German Edition)

Der Moloch: Roman (German Edition)

Titel: Der Moloch: Roman (German Edition)
Autoren: Stella Gemmell
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war tödlich verwundet. Allerdings ist es ihm gelungen, ein unersetzliches Kunstwerk der Serafim zu stehlen, und drohte, es zu zerstören. Araeon ließ ihn lieber damit in die Kanalisation fliehen, als die Zerstörung des Kunstwerks zu riskieren.«
    » Was für ein Kunstwerk war das?«
    » Der Schleier des Gulon.« Marcellus bemerkte Fells verblüfften Blick. » Es ist nur scheinbar Frauentand«, erklärte er. » Tatsächlich handelt es sich aber um einen Gegenstand von höchstem Wert. Sein Verlust hat Araeon nicht wiedergutzumachenden Schaden zugefügt.«
    » Woher wusste Ranul davon?«
    Marcellus’ Gesicht verfinsterte sich. » Er hatte Unterstützung aus dem Palast.«
    Fell schüttelte den Kopf. » Den Wert eines Stückchens Stoff schätzt ihr so hoch, und doch schickt ihr jedes Jahr Tausende von Männern und Frauen für ein unerreichbares Ziel in eine Schlacht, in der sie nicht siegen können. Und dann nennt ihr uns seltsame Kreaturen.«
    » Wir sind alle komplexe Wesen«, entgegnete Marcellus mit einem hochmütigen Unterton. » Maron sagte, Araeon sei böse. Das ist er nicht, selbst wenn viele seiner Taten böse waren. Aber er ist auch zu großer Freundlichkeit imstande, zu Mitgefühl und sogar zu Bedauern. Genau wie ich.«
    » Und was bedauerst du?«
    Marcellus dachte nach. » Dass ich die einzige Person getötet habe, die mich jemals so geliebt hat, wie ich bin. Marons Worte haben mich an etwas erinnert, das ich schon vor langer Zeit vergessen hatte. Liebe war es, die uns hier in der Stadt bleiben ließ, bei denen, die uns für Götter hielten. Trotzdem tötete ich meine Geliebte, um mein eigenes Leben zu retten. Bis heute habe ich um sie geklagt und ihren Tod bedauert, aber ich hatte ihn als eine unvermeidbare Notwendigkeit betrachtet. Jetzt allerdings frage ich mich, wie viel meine Liebe wert war, wenn ich sie so leicht opfern konnte.«
    Fell spürte eine Woge kalter Verachtung in sich aufsteigen. Hier stehen wir, dachte er, über den Ruinen der Cité, und der Erste Lord trauert seiner verflossenen Hure nach, statt all die unschuldigen Männer, Frauen und Kinder, all die treuen Kämpfer zu beklagen, die heute gestorben sind.
    » Maron sagte mir, dass er dich als Nachfolger Araeons sehen wollte. Er sagte, du würdest als Kaiser so gut sein, wie ein Kaiser nur sein kann.«
    Marcellus starrte zu Boden. Dann schüttelte er den Kopf. » Er hat gelogen«, sagte er. » Maron hatte viele Talente, und dazu gehörte auch sein Geschick, in Menschen hineinzuschauen. Er sah in dir einen Soldaten, der an das Konzept soldatischer Ehrbarkeit glaubt. Dein persönliches Rachemotiv reichte dir nicht. Deshalb lockte er dich mit einem höheren Ziel: den Kaiser zu töten und einen ehrenhaften Soldaten an seine Stelle zu setzen.« Er schwieg und stand da, mit gesenktem Kopf und gesenkten Schultern. Dann blickte er wieder hoch. Er hatte eine schwere Entscheidung getroffen.
    » Ist das das Einzige, was du bedauerst?«, fragte Fell förmlich. » Den Tod einer Frau?«
    » So ist es.«
    Fell hob sein Schwert, und Marcellus reagierte auf die Geste wie unter Kämpfern üblich. Die beiden Männer umkreisten einander. Das Duell begann mit einer Serie heftiger Stöße, Paraden und Finten. Fell spürte schon nach wenigen Augenblicken, dass ihm der andere weit überlegen war, aber er blieb konzentriert, weil er wusste, dass er seine Klinge in den Körper dieses Mannes ihm gegenüber rammen würde. Hin und her über das ganze Dach trieben sich die Kämpfer, und ihre Schwerter blitzten im Sonnenlicht. Drei Mal ritzte Marcellus’ Klinge Fells Haut – zwei Mal am Oberarm, ein Mal an der Wange. Blut tröpfelte auf sein Kinn. Marcellus war der bei weitem bessere der Schwertkämpfer von ihnen, aber Fell war schnell und wendig, und sein Gegner fand keine Schwäche in seiner Verteidigung, die er für einen tödlichen Hieb nutzen konnte.
    » Du bist ein guter Schwertkämpfer«, kommentierte Marcellus anerkennend. Ein leiser Zweifel schlich sich in Fells Schicksalsergebenheit. Konnte man ein solches Wesen töten? Aber er wischte den Gedanken beiseite und drängte ihn in den Hintergrund seiner Aufmerksamkeit. Seine ganze Existenz war eine Vorbereitung auf diesen Moment gewesen – also warf er sein ganzes Leben aus Übung und Tausenden von Schlachten in die Waagschale.
    Marcellus startete einen neuen Angriff. Fell blockierte die Klinge, drehte sein Handgelenk um und rammte die Spitze des Schwertes tief durch Muskeln und Sehnen in die rechte Schulter
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