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Der Mann, der nicht geboren wurde

Der Mann, der nicht geboren wurde

Titel: Der Mann, der nicht geboren wurde
Autoren: Tobias O. Meißner
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Energie nicht für seinen eigenen Genesungsprozess verpulvert hatte,
auf den Fremden ab. Das Licht entstand auch und löste sich, kam aber nie bei
dem Mörder an. Ein Schwarm von Insekten fing es ab und fraß es. Es waren keine
Fliegen. Eher Spinnen mit Flügeln.
    Ein zweiter Mann war hinter Eljazokad aufgetaucht. Er stank nach
Honig, Harn und Ameisensäure. Eljazokad wandte den Kopf und konnte
bernsteinfarbene Haare sehen, die wirr ein möglicherweise ebenmäßiges Gesicht
verdeckten. Immerhin ging schreiend der Esel durch, die Insekten trieben ihn in
die Flucht. Ziellos brach er in den Wald ein.
    Â»Der hier ist es, Raukar«, sagte der zweite Mann. »Nicht der Junge.«
    Â»Das weiß ich doch«, antwortete der Mörder. Eljazokad blickte
zurück. Die Insekten lagen alle am Boden und verendeten auf dem Rücken wie
Eintagsfliegen. Der Mörder sah jetzt seltsamerweise gar nicht mehr deformiert
und entstellt aus, sondern war groß, dünn und mit ausgemergelt fanatischen
Zügen. Er schüttelte seinen Unterarm aus, gegen den der Esel wohl getreten war.
»Aber ich habe noch so viele Nägel übrig, warum soll ich die immer nutzlos mit
mir herumschleppen?«
    Eljazokad wollte irgendetwas sagen oder tun. Er war zwar waffenlos,
hatte aber das Gefühl, in den Beinen nun wieder ausreichend Gefühl zu haben, um
um sich treten und schlagen zu können. War Taulle gerade eben seinetwegen umgebracht worden?
    Der Magier kam aber nicht mehr dazu, etwas zu unternehmen. Er wurde
in die auf dem Boden aufgestützte rechte Hand gebissen. Er wollte sie wegziehen
und hielt sich plötzlich seinen eigenen blutpulsenden Stumpf vors Gesicht.
Seine Hand lag immer noch, sauber abgetrennt, auf dem Boden, umwimmelt von
blinden, asymmetrischen Termiten.
    Eljazokad kreischte hoch und schrill, wie einer, der den Verstand
verloren hat, bis der Honigmann ihn sanft anhauchte und klebrige Flügel ihm
durch Nase und Mund hoch ins Bewusstsein schlüpften.
    Er kam wieder zu sich, als er
irgendwo hart aufschlug. Für einen Moment glaubte er, vom Kontinent
heruntergefallen zu sein wie ein Schlafender von seinem Bett, doch dann gelang
es ihm, das Oben vom Unten zu unterscheiden. Er lag in einem trockenen
Brunnenschacht. Nicht besonders tief. Alt und dreckig. Er glaubte diese Gegend
sogar zu kennen. Dies war einer der Blindbrunnen, die die Menschen in den Boden
des Thost getrieben hatten, um die Einzigartigkeit des Niemalsbrunnens
nachzuäffen.
    Eljazokad konnte zwei Stimmen hören.
Die beiden Mörder unterhielten sich, oben am Brunnenrand, knapp außer Sicht.
    Â»Meinst du, dass eine einzelne Hand ausreicht?«
    Â»Aber sicher doch.« Eljazokad erkannte die knarzige Stimme des
Mannes wieder, den der andere Raukar genannt hatte. Raukar klang guter Dinge
und bestimmt. Die zweite Stimme, die dem Bernsteinblonden gehörte, klang
entrückter und weniger zielgerichtet. »Die haben ein Schmetterlingsmädchen in
ihrer Gruppe«, fuhr Raukar fort. »Wahrscheinlich würde ein Haar ihr schon
genügen, den Magier darin zu lesen wie in einer Erinnerung. Sehr heikle Wesen,
diese Schmetterlinge. Flittflatt, flittflatt, immer um die Flamm’ herum. Aber
eine Hand ist weit, weit tiefer drunten als ein Haar.«
    Â»Und der Kurier? Wird er nicht einen Blick werfen auf die Hand?«
    Â»Was machst du dir so viel Gedanken wegen einer Hand? Bei einem Kopf
vielleicht. Nicht bei einer Hand. Ich werde noch einen netten kleinen Brief
dazulegen, mit den wahrhaftigen Buchstaben des Meisters. Lass mich nachdenken,
mein Freund. Wie wäre es mit:
    Dieser Magier dachte, niemand ginge weg.
    Doch mittels dieser Nachricht gewinnt
Wirklichkeit.
    Denn Magier dürften niemals getrennt werden!
    Was hältst du davon?«
    Â»Das halte ich für zu verwirrend. Dreimal die Buchstaben? Dreimal
sechs. Achtzehn ergibt keinen Sinn. Nimm sie nur einmal. Mach es kurz und
eindeutig.«
    Â»Na schön. Wie wäre es damit:
    Der Magier darf nun Geisel winseln ?«
    Â»Beinahe.«
    Â»Beinahe! Hast du denn eine bessere Idee?«
    Ich würde vorschlagen:
    Der Magier duldet. Nun gewinnen wir .«
    Â»He, das ist nicht schlecht. Gar nicht schlecht! Das macht bange und
setzt unter Druck das hochfahrende Gemüt. Du hast Talent, Bienenmann! Das ist
gut! Dabei ist dies dein erstes Mal unter den Flügeln des Meisters. Gut, also
dies. Der Eilkurier soll in vier Tagen dort sein, das ist zu schaffen
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