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Der Liebespakt

Titel: Der Liebespakt
Autoren: Jacqueline Navin
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Mürrisch blickte er in sein leeres Glas und überlegte, dass es umgekehrt auch nicht besser war. Schließlich hatte sie die Absicht, sein Grab zu berauben.
    Den ganzen Abend schon war er schlechter Laune. Er wusste selber nicht, warum. Also setzte er sich zurück an den Tisch und wühlte in den Papieren, in der Hoffnung, sie würden ihn von den in ihm brodelnden Gefühlen ablenken. Es half nichts.
    Eine schier unbändige Lust, alle wertvollen Gegenstände in diesem Haus zu zertrümmern, überkam ihn. Sollte er nicht eigentlich erfreut sein? Schließlich war der Bericht über Miss Wembly äußerst viel versprechend gewesen.
    Man hatte ihren familiären Hintergrund durchleuchtet. Nun wusste er, dass ihre Familie alt, ehrbar und glücklicherweise sehr klein war. Ihre Persönlichkeit ließ sie in noch viel vorteilhafterem Licht erscheinen.
    Das zumindest war eine große Erleichterung gewesen, da er schon zwei andere Kandidatinnen gesprochen hatte, die völlig inakzeptabel gewesen waren. Die eine war gertenschlank, um nicht zu sagen hager gewesen und hatte gewirkt, als würde ihr der eigene Schatten Angst einjagen. Die andere, von untadeliger Herkunft, hatte die enervierende Angewohnheit gehabt, ständig die Nase zu rümpfen, als ob sie etwas Fauliges röche, und hatte herumgezappelt wie ein Fisch auf dem Trockenen. Miss Wembly war die bei Weitem angenehmste der Kandidatinnen gewesen. Und nicht nur das - nein, sie hatte ihn für sich eingenommen. Das musste er sich eingestehen. Er hatte sofort gewusst, dass sie die Frau war, die er heiraten wollte.
    Nun, vielleicht nicht von Anbeginn an. Als er beim Eintreten gesehen hatte, wie sie sich im Spiegel bewunderte, hatte er gedacht, dass sie schön sei, aber auch dumm und ein wenig vulgär. Doch wie sich dann herausstellte, war sie ihm im Gespräch durchaus gewachsen und hatte, obwohl sichtlich eingeschüchtert, sogar Witz bewiesen. Ja - sie war eine Frau, die nicht ihn, sondern sein Geld wollte, aber sie war tapfer genug gewesen, dies offen und ehrlich zuzugeben.
    Und sie brachte sein Blut in Wallung. Das war es, was ihn heute Abend so umtrieb: Miss Wembly.
    Die schöne Miss Wembly, die sich wie eine Sirene kleidete, wie die personifizierte Prüderie benahm und ihn dennoch so herausfordernd ansah. Oh ja - sie war hervorragend geeignet, um ihm Kinder zu gebären. Mit ihrem verlockenden Mund und ihren blitzenden Augen könnte sie einen Heiligen in Versuchung führen, was er beileibe nicht war.
    Verdammt sei sie - sie ließ ihn noch mehr bedauern, diese Welt verlassen zu müssen!
    Grimmig griff er nach der Kristallkaraffe und goss Whiskey in sein Glas. Mit einem einzigen Schluck kippte er die goldfarbene Flüssigkeit hinunter. Er sollte nicht ans Sterben denken, nicht jetzt. Sonst würde er sein Ziel aus den Augen verlieren.
    Müde sah er auf den Haufen Papiere auf seinem Tisch und fegte sie dann mit einer wütenden Handbewegung auf den Boden. Teller und Essensreste folgten und ruinierten die Dokumente. Es war ihm egal. Miss Wembly würde, Papiere hin, Berichte her, seine Frau werden. Dies offen auszusprechen hatte er nur aus formellen Gründen abgewartet, aber seine
    Untersuchungen und die Durchsicht anderer Bewerbungen waren eher halbherzig vonstatten gegangen. Was kümmerte es ihn, ob ein Dutzend blaublütiger Prinzessinnen bereit waren, ihn zu ehelichen! Er hatte sich entschieden. Selbst wenn Miss Wemblys Mutter einen Cockney-Akzent hatte und es sich herausstellte, dass ihr Vater ein Fischhändler gewesen war - er würde keine andere zur Frau haben wollen.
    Ungeduldig riss er seinen Kragen auf und knöpfte das Hemd aus feinem Barchent auf. Ihm war heiß. Hatte er zu viel getrunken? Schon als er sich das fragte, wusste er, dass dem nicht so war.
    Sein Verdacht bestätigte sich, als er zu schwitzen begann und sein Magen sich regte, eine Warnung an das, was kommen würde.
    So fing es immer an.
    Sobald der Schweiß ausbrach, begann sein Herz zu rasen, als ob das Blut in seinen Adern dünn und rebellisch geworden wäre. Sein Herz schlug so schnell und hart, dass er es kaum ertragen konnte. Mühsam erhob er sich. Er musste Arthur läuten, unbedingt. Aber vom Schreibtisch aus war die Tür näher als die Glocke.
    Trotz des Schwindels, der eingesetzt hatte, torkelte er auf die Tür zu, von der die Rettung kommen musste, konnte indes nur wenige Schritte machen, bis die Kraft ihn verließ. Stöhnend sackte er zu Boden, als seine Beine plötzlich unter ihm nachgaben. Er schlug hart auf,
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