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Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers

Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers

Titel: Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers
Autoren: Stephan Harbot
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er gerechnet – nur damit nicht. Erst jetzt war ihm voll bewusst geworden, was da wenige Augenblicke zuvor tatsächlich passiert war. Ohne dass er danach verlangt hätte, flammte die Erinnerung auf. Entsetzlich. »Komm doch endlich!«, schrie er angewidert. »Hast du denn immer noch nicht genug!«
    Keine Antwort.
    Ungeduldig drehte er sich um. Er sah, wie die Buglampe eines Schlepperkahns einen schwachen Lichtschein auf das schiefergraue Wasser des Rheins warf. Sonst war es stockdunkel, bitterkalt, es schneite. Er fröstelte. Die dicken, nassen Flocken dämpften wie ein Kissen das monotone Plätschern des Lastkahns, der flussaufwärts tuckerte. Für einige Augenblicke hatte er sich von dieser friedfertigen Szenerie einfangen lassen. Doch dann packte ihn wieder das Grauen. Er starrte auf den dunklen Wagen, an dem nur die Außenlampen brannten. Aus dem Radio tönte immer noch Tanzmusik. Die Insassen des Wagens konnte er nur schemenhaft erkennen, aber in Gedanken war er ganz nah bei ihnen, sah all das Blut. Jetzt wollte er nur noch weg. Und dann lief er einfach los.
    Er stürmte auf das freie Feld zu, von wo sie erst vor wenigen Minuten gekommen waren. Nach etwa 200 Metern hörte er hinter sich den keuchenden Atem seines Freundes, dessen schneidende, hohe Stimme: »Bleib stehen, du Jammerlappen. Verdammt, bleib stehen!« Sekunden später wurde er eingeholt. Sein Kumpel sprach nicht zu ihm, er befahl: »Gib mir deine Knarre, mach schon!« Er gehorchte.
    Jetzt stand sein Freund direkt vor ihm, in jeder Hand eine Pistole. »Willst dir wohl nicht die Finger schmutzig machen, willst mich die Dreckarbeit alleine machen lassen«, zischte der verächtlich. »Das könnte dir so passen. Aber so haben wir nicht gewettet. Mitgehangen, mitgefangen. Wenn du aus der Sache
    lebend rauskommen willst, gehst du jetzt schön zurück und knallst den Burschen ab. Hast du mich verstanden!«
    Er antwortete nicht, schüttelte nur unmerklich den Kopf.
    »Die nimmst du jetzt.« Sein Kumpane hielt ihm eine Pistole hin, flüsterte: »Mit der hab ich schon geschossen. Die kann ich sowieso nicht mehr benutzen, die kommt in die Fahndung der Bullen. Wir müssen doch nicht beide Knarren versauen.«
    »Scheiße, ich kann das nicht.«
    »Stell dich nicht so an«, bekam er als Antwort, »ich hab schon ein paar Leute kaltgemacht, das geht ganz leicht. Wenn man erst einen gekillt hat, spielt es keine Rolle mehr, ob man einen, zehn oder hundert umbringt.«
    Er sträubte sich. Hühner klauen, wildern, einbrechen, dazu war er bereit gewesen. Jederzeit. Aber ein Menschenleben auslöschen? Jemanden töten? Seine Antwort war unmissverständlich: »Du spinnst doch!«
    »Wie du willst. Dann muss ich dich eben umlegen. Mitwisser gibt’s bei mir nicht. Entweder du bist für mich oder gegen mich. Also, was ist?«
    Der Lauf einer Pistole war nun direkt auf seinen Kopf gerichtet. Panik ergriff ihn, denn ihm war alles zuzutrauen. »Das kannst du doch nicht machen! DAS KANNST DU DOCH NICHT MACHEN!«
    »Bete, du Jammerlappen, bist doch so fromm. Vielleicht hilft’s dir beim Abgang. Aber mach hin!«
    Er sank auf die Knie, begann zu zittern. Den Schnee, der langsam durch seine Hosenbeine sickerte, spürte er nicht. Er starrte nur gebannt auf den Lauf der Pistole, die jeden Moment losgehen konnte. Er spürte, wie ein Gefühl von ihm Besitz ergriff, von dem er bisher nur gehört hatte – Todesangst. »Ich schwör’s dir«, flehte er, »ich verpfeif dich nicht. Bestimmt nicht. Aber nicht das. Ich kann den Jungen nicht umbringen. Ich schaff’s nicht.«
    Sein Peiniger schwieg, schien zu überlegen. »Steh auf«, knurrte er schließlich. »Also los, du Hund, schwöre. Sprich mir nach: Ich schwöre beim Leben meiner Eltern …«
    »… beim Leben meiner Eltern …«
    »… und meiner Frau …«
    »… und bei allem, was mir heilig ist …«
    »… und bei allem, was mir heilig ist …«
    »… dass ich nie und zu niemandem darüber sprechen werde, was ich eben gesehen habe.«
    Als er dem Mann, den er einmal für seinen Freund gehalten hatte, nun in die Augen sah, wurde ihm kalt ums Herz – ein hasserfüllter, erbarmungsloser Blick schien ihn förmlich zu durchbohren. Eingeschüchtert senkte er den Kopf. Er hatte nicht den Mut, die Kraft, all dem etwas entgegenzusetzen.
    »Du hast doch wohl nicht im Ernst geglaubt, dass du so billig davonkommst, du Waschlappen. Hast mich im Stich gelassen. Du würdest mich doch bei der erstbesten Gelegenheit ans Messer liefern. Jetzt wird
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