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Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht

Titel: Der Liebe Boeser Engel - Schuld Verjaehrt Nicht
Autoren: Ruth Rendell
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und biß sich auf die Lippen, vielleicht, weil Burden so ein entsetztes Gesicht machte. »Nein, es würde dir nicht gefallen. Wir sind nicht sehr ähnlich, Mike, stimmt’s?«
    Er antwortete nicht. Er wollte es nicht laut zugeben. »Warum nicht irgendwo ans Meer?« sagte er.
    »Ans Meer?« Sie war Schauspielerin gewesen, wenn auch keine sehr erfolgreiche, doch sie legte all die Einsamkeit und Tiefe und Weite der See in diese beiden Wörter. Er fragte sich, weshalb sie erschauerte. Dann sagte sie: »Es macht mir nichts aus, wenn du gern möchtest. Aber nicht in einen großen Ferienort, wo vielleicht - vielleicht Familien, Leute mit - mit Kindern sind.«
    »Ich dachte an Eastover. Wir haben November, da sind keine Kinder dort.«
    »Also gut.« Sie erwähnte nicht, daß er sie gebeten hatte zu entscheiden. »Fahren wir nach Eastover.« Ihre Lippen zitterten. »Es wird bestimmt lustig«, sagte sie.
    »Alle werden glauben, ich bin mit Grace und den Kindern nach Eastbourne gefahren. Das ist mir gerade recht.«
    »Damit man dich nicht erreichen kann?« Sie nickte mit der verständigen Unschuld eines Kindes. »Ich verstehe. Du erinnerst mich an Leonie. Sie sagt den Leuten immer, sie fährt da und da hin, und in Wirklichkeit fährt sie ganz woanders hin, damit man sie nicht mit Briefen und Anrufen belästigt.«
    »Das ist es gar nicht«, sagte Burden. »Es ist nur - na ja -, ich möchte nicht, daß jemand... Nicht bevor wir nicht verheiratet sind, Gemma.«
    Sie lächelte verständnislos, mit großen Augen. Er sah, daß sie überhaupt nicht verstand, die Notwendigkeit, respektabel zu sein, den Dingen ein anständiges Gesicht zu geben, nicht einsah. Sie sprachen nicht dieselbe Sprache.
     
    Es war Mittwoch nachmittag, und Mrs. Mitchell, ein Gewohnheitstier, war dabei, ihr Flurfenster zu putzen. Während sie sich unterhielten, umklammerte sie mit der einen Hand ein pinkfarbenes Staubtuch, mit der anderen eine Flasche Fensterputzmittel, und da sie sich weigerte, sich hinzusetzen, mußte auch Wexford stehen bleiben.
    »Natürlich hätte ich Mr. Rushworth erkannt«, sagte sie. »Sein eigener kleiner Sohn, Andrew, hat doch mit den anderen da gespielt. Außerdem ist Mr. Rushworth ziemlich groß, und der Mann, den ich gesehen habe, war klein, zierlich gebaut. Ich habe Ihrem Kollegen erzählt, was er für kleine Hände hatte. Mr. Rushworth würde auch keine Blätter aufheben.«
    »Wie viele Kinder hat er?«
    »Vier. Da ist Paul - er ist fünfzehn - und zwei kleine Mädchen und Andrew. Wohlgemerkt, ich würde nicht gerade sagen, daß sie meiner Vorstellung von guten Eltern entsprechen, die Rushworths. Diese Kinder können tun und lassen, was ihnen gefällt, und Mrs. Rushworth hat sich kein bißchen darum gekümmert, als ich ihr das mit dem Mann erzählt habe, aber so was...! Nein, da sind Sie ganz sicher auf der falschen Fährte.«
    Vielleicht war er das. Wexford überließ Mrs. Mitchell ihrer Fensterputzerei und überquerte die Schaukelwiese. Das Jahr war nun schon zu weit fortgeschritten, als daß noch Kinder hier gespielt hätten, und mehr Möchtegernsommertage würde es auch nicht geben. Das Karussell sah aus, als habe es sich nie um seine feuerrote Achse gedreht, und auf der Wippe hatte sich Schimmel breitgemacht. Kaum noch ein Blatt hing an den Eichen und Eschen und Platanen, die zwischen dem Feld und Mill Lane wuchsen. Er berührte die unteren Äste und meinte hier und dort zu sehen, wo ein Zweig abgerissen worden war. Dann kletterte er, sicherlich wesentlich ungeschickter als der Blattklauber und sein jugendlicher Begleiter, die Böschung hinunter.
    Energisch schritt er die Straße entlang, gleichermaßen aus gesundheitlichen wie aus Pflichtgründen, sagte er sich. Er hatte nicht erwartet, in dem Cottage jemanden anzutreffen, aber Harry Wilds Freund war einer Erkältung wegen nicht bei der Arbeit. Als er eine Viertelstunde später wieder ging, fürchtete Wexford, sein Besuch hatte lediglich dazu beigetragen, die Temperatur des Mannes in die Höhe zu treiben, so sehr hatte er sich über das Thema Rushworth ereifert - ein offenbar weit vom idealen Vermieter entfernter Zeitgenosse. Wenn der Bericht des Mieters nicht übertrieben war, so hatte die gesamte Familie Rushworth die Angewohnheit, bei ihm hereinzuschneien, wann immer es ihr paßte, sich aus dem Garten zu bedienen und gelegentlich sogar kleinere Möbelstücke mitzunehmen, für deren Fehlen dann erklärende Zettelchen dalagen. Rushworth hatte einen Schlüssel einbehalten,
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