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Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)
Autoren: Giusi Marchetta
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zurückgelassen wurden. Wir werden für eure Krise nicht bezahlen.
    »Ein wunderschönes Monster also.«
    »Du müsstest es sehen, Gianni. Es ist wirklich eindrucksvoll.«
    Während ich rede, wird mir klar, dass das Gefäß zu klein ist, um alles, was ich jetzt sage, hineinzugießen. Deshalb sind meine Auslassungen harmlos, notwendig. Deshalb unterbreche ich ihn, bevor er das Wort ergreifen und damit das Gespräch von der Schule auf andere gefährlichere Themen lenken kann, bei denen ich mich verhaspeln könnte.
    »Wahrscheinlich versuchen sie uns mit irgendeiner im letzten Augenblick auftauchenden Gesetzesverordnung zurück in den Süden zu schicken«, sage ich. »Viele Kollegen hier sind zu Mord und Totschlag bereit, um uns nicht in diese Ranglisten zu lassen.«
    »Und ihr seid zu Mord und Totschlag bereit, um hineinzugelangen. Sehe nur ich die Lösung des Problems?«, fragt er, und ich weiß, dass er scherzt, dass es nur sein Sarkasmus ist, diese Schweinerei als das zu bezeichnen, was sie ist: ein Krieg unter armen Teufeln. Allerdings ist es das erste Mal, dass er sich ein Problem von mir nicht so zu eigen macht, dass es ihm den Schlaf raubt. Es ist das erste Mal, dass er mich in eine Gruppe von Menschen einreiht und mich mit ihr allein lässt.
    »Machst du Witze? Ich habe mich ja bewusst entschieden, hierher zu kommen. Es war schwierig.«
    Das bereue ich sofort, doch es ist schon zu spät. Gianni ist aufgewacht, das Gefäß läuft über. Ich bleibe stehen und schaue von der Brücke hinunter: Ich will dieses Gespräch im Stehen führen.
    »Es hat wehgetan, ja«, beginnt er. »Schlimmer, als du dir vorstellen kannst. Oder als ich es mir hätte vorstellen können.«
 
    Als wir nach Hause zurückkehren, ist es bereits dunkel, und die Treppenstufen scheinen mir den Weg zur Wohnung zu verbauen, anstatt mich zu ihr zu führen. Gianni schließt sich in meinem Zimmer ein und telefoniert, ich setze mich an den Küchentisch und versuche, regungslos zu bleiben.
    »Möchtest du etwas zu Abend essen?«, frage ich, als er wiederkommt. Im Ofen wartet irgendetwas darauf, aufgewärmt zu werden. Und irgendwo gibt es eine noch in das Packpapier der Enoteca gewickelte Flasche Wein.
    »Nein, danke. Ich bin sehr müde.«
    Wir wollen nicht essen. Sind müde.
    »Dann also gute Nacht.«
    Das wünsche ich ihm, ohne dabei aufzustehen. Ich muss sehr gut aufpassen, wohin ich heute Abend die Füße setze, weil alles kriecht, alles beißt, alles mich verschlingen will.
    »Passiert das immer noch?«
    Ich sehe ihn an.
    Er greift sich mit der Hand an die Brust, presst sie zusammen.
    »Nein, nicht mehr«, antworte ich, und um es ihm zu beweisen, lächle ich.
 
    Sie heißt Claudia.
    Ich will nicht wissen, wie sie heißt. Es interessiert mich nicht.
    Sie ist ungefähr so alt wie du.
    Ich glaube nicht, dass das eine Rolle spielt.
    Sie schreibt, weißt du?
    Was du nicht sagst. Mit achtundzwanzig?
    Sie ist gut. Früher oder später wird sie was veröffentlichen.
    Kann ich mir vorstellen.
    Ich dachte, dass ich es dir persönlich sagen sollte.
    Du hast falsch gedacht.
    Es ist etwas Ernstes.
    Etwas Ernstes.
    Könnte es sein.
    Gewiss, wie alles.
    Ich will es versuchen.
    Dann solltest du das auch tun. Du solltest es immer wieder versuchen. Und versuchen und versuchen und versuchen.
    Ok.
    Ok.
    Möchtest du, dass ich gehe?
    Nein, geh noch nicht.
    Nein?
    Nein. Morgen früh.
    Ok. Morgen früh.
 
    »Emma.«
    Es ist zwei Uhr morgens, das ist Margheritas Zimmer, das sind meine Klamotten von gestern Abend, die ich immer noch anhabe, das ist die zerknüllte Decke, weil ich mich darauf ausgestreckt habe, und das ist Gianni, der neben mir kniet und meine Hand hält.
    »Du hast geschrien.«
    Schmerzhaft ist es nur am Anfang, dann gewöhnst du dich daran: Du atmest, massierst dir die Seite, zählst bis fünfzig. Bis hundert. Bis zweihundertzwanzig.
    »Ich muss dir was sagen«, beginnt Gianni.
    Er hat kein Licht gemacht. Ich mache es immer an, wenn mich die Schlangen wecken und ich alleine bin.
    »Es ist, wie ich dir an Weihnachten gesagt habe: Es kann keine geben, solange es dich gibt.«
    Es ist ja die logischste Sache der Welt: kein Licht, wir sind zu zweit.
    »Also komm zurück oder verschwinde aus meinem Leben.«
    Solange er meine Hand hält, finde ich keine Antwort. Und er hält sie fest.
    »Komm zurück oder verschwinde«, wiederholt er. »Ohne einen genauen Zeitpunkt oder ein Datum, weil ich sonst auf diesen Zeitpunkt oder dieses Datum warten werde, um von dir
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