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Der Kuss des Meeres

Der Kuss des Meeres

Titel: Der Kuss des Meeres
Autoren: Anna Banks
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erdrosseln. » Genau das wird Vater mit mir machen, wenn ich wieder ohne dich nach Hause komme. Was soll ich sagen, wenn er mich fragt, wo du bist? Wenn er fragt, warum du so besessen von den Menschen bist? ›Aber, Vater, diesmal ist es eine hübsche Blondine mit lila Kontaktlinsen‹?«
    Galen runzelt die Stirn. » Er wird es noch bedauern, dass er sich nicht für sie interessiert. Zumindest in dieser Hinsicht ist Grom vernünftig. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie uns entdecken und…«
    » Ich weiß, ich weiß«, unterbricht sie. » Ich weiß, wie sehr du Menschen hasst. War bloß ein Witz. Genau deshalb bin ich dir gefolgt, du weißt schon. Für den Fall, dass du Hilfe brauchst.«
    Galen fährt sich mit der Hand durchs Haar und lehnt sich zurück. Seine Zwillingsschwester folgt ihm tatsächlich wie ein Saugfisch, aber mit Hilfsbereitschaft hat das nichts zu tun. » Oh, und du bist dir sicher, dass es dir nicht darum geht, dich nicht mit…«
    » Denk nicht einmal daran.«
    » Nun, was soll ich denn denken? Seit Toraf bei Vater um deine…«
    » Toraf ist ein Idiot!«
    Seit ihrer Geburt ist Toraf ihr bester Freund gewesen– das heißt, bis er vor Kurzem seine Absichten in Bezug auf Rayna erklärt hat. Zumindest hatte er genug Verstand, sich zu verstecken und abzuwarten, bis sie nicht mehr mit Morddrohungen um sich warf. Aber neuerdings straft sie ihn mit etwas Schlimmerem als Drohungen– mit absoluter Gleichgültigkeit. Sie lässt sich weder von Torafs Flehen noch seinen Schmeicheleien erweichen. Und trotzdem ist sie in diesem Frühling zwanzig geworden und liegt damit zwei Jahre über dem normalen Paarungsalter. Für Vater gibt es also keine Argumente, um der Verbindung nicht zuzustimmen. Toraf ist ein geeigneter Bewerber, und die Entscheidung ist gefallen, ob Rayna will oder nicht.
    » So langsam glaube ich, du hast recht. Wer würde sich schon mit einem wilden Tier verbinden wollen?«, grinst Galen.
    » Ich bin kein wildes Tier! Du bist derjenige, der sich von allen absondert und lieber Menschen um sich hat als seine eigene Art.«
    » Das ist meine Aufgabe.«
    » Weil du darum gebeten hast!«
    Das stimmt. Die Menschen haben ein altes Sprichwort, das sich Galen zu Herzen genommen hat: Sei deinen Freunden nahe, doch deinen Feinden noch näher. Aus diesem Grund hat Galen seinen älteren Bruder Grom gebeten, ihn als eine Art Botschafter bei den Menschen einzusetzen. Grom, der Thronfolger, hat eingesehen, dass es notwendig ist, hinsichtlich der Landbewohner Vorsicht walten zu lassen. Er hat Galen eine besondere Immunität vor dem Gesetz gewährt, das normalerweise jede Interaktion mit Menschen verbietet. Doch Grom hat erkannt, dass ein gewisses Maß an Kommunikation notwendig ist und dem Gemeinwohl dient. » Weil niemand sonst es machen wollte. Einer muss sie im Auge behalten. Fangen wir jetzt wirklich wieder an, darüber zu streiten?«, fragt Galen.
    » Du hast damit angefangen.«
    » Dafür habe ich jetzt keine Zeit. Bleibst du oder gehst du?«
    Sie verschränkt die Arme vor der Brust und schiebt die Unterlippe vor. » Also, wie willst du vorgehen? Ich schlage vor, wir verhaften sie.«
    » Wir?«
    » Du weißt, was ich meine.«
    Er zuckt die Achseln. » Ich schätze, wir werden ihr für eine Weile folgen. Sie beobachten.«
    Rayna will etwas erwidern und schnappt stattdessen nach Luft. » Vielleicht wird das gar nicht nötig sein«, flüstert sie, die Augen kreisrund wie Seeigel. Er folgt ihrem Blick Richtung Wasser, wo ein dunkler Schatten dort unter den Wellen entlanggleitet, wo die Mädchen auf ihrem Surfbrett paddeln. Er flucht leise.
    Ein Hai.

3
    Ich spritze Chloe so viel Wasser ins Gesicht, dass man damit einen kleinen Hausbrand löschen könnte. Ich will sie nicht ertränken, nur ihren Augäpfeln ein kleines Meersalzpeeling verpassen. Irgendwann glaubt sie, dass ich aufgehört habe, und öffnet die Augen – und den Mund. Großer Fehler. Die nächste Welle umspült ihr Rachenzäpfchen und schwappt bis in ihre Lunge, bevor sie schlucken kann. Sie würgt und hustet und reibt sich die Augen, als wäre sie mit Pfefferspray attackiert worden.
    » Klasse, Emma! Jetzt habe ich nasse Haare!«, prustet sie. » Zufrieden?«
    » Nein.«
    » Ich habe mich entschuldigt.« Sie schnäuzt sich in die Hand und wäscht den Schnodder im Meer ab.
    » Eklig. Und eine Entschuldigung reicht da nicht.«
    » Na schön. Ich werde es wiedergutmachen. Was willst du?«
    » Deinen Kopf unter Wasser drücken, bis ich mich besser
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