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Der Krieg der Zauberer, Band 1: Die Drei Steine (German Edition)

Der Krieg der Zauberer, Band 1: Die Drei Steine (German Edition)

Titel: Der Krieg der Zauberer, Band 1: Die Drei Steine (German Edition)
Autoren: Holger de Grandpair
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besaß, so ganz und gar ungefragt und noch dazu mit zweifelhaften Absichten betreten hatte. Für einen Augenblick stellte er sich vor, dass all die früheren Könige, die hier ruhten, ihn mit ihren toten Augen ansahen und ihm so sehr zürnten, wie nur Geister es vermochten, was keineswegs ein freundlicher Gedanke war. Dann aber schüttelte er sich wie von einem Kälteschauer und sah sich weiter um, denn sein Vorhaben würde sich schließlich nicht von alleine erledigen.
    Von den weit auseinander liegenden Wänden ragten Emporen in den Raum hinein, von denen sich Treppen, die aus miteinander kunstvoll verschmolzenen Steinblöcken bestanden, in die Tiefe wanden. An manchen Stellen kreuzten die Stiegen sich, umschlangen einander wie ein aufwändiges, verschnörkeltes Schmuckstück und zogen sich in gewundenen Spiralen durch die gewaltige Kaverne. An der gegenüber liegenden Raumseite war hoch oben eine große Tür zu sehen, ein eisernes Portal, vor dem sich ein breites, galerieartiges Felssims erstreckte, das es einem ebenfalls erlaubte, die Krypta von hoch oben zu betrachten, und zu dem ein Wirrwarr von Stiegen hinauf führte. Die Wände selbst waren abgeschliffen und mit zahlreichen Tuchbahnen und eingemeißelten Schmuckreliefs geschmückt, die Symbole oder Sinnsprüche oder ganze Szenen zeigten. Die Decke hingegen war mit einem Arrangement bunter Steine – höchstwahrscheinlich erlesene und höchst kostbare Edelsteine – verziert und zeigte so etwas wie einen Kriegsgürtel mit einem funkelnden Juwel sowie Hammer und Streitaxt darüber.
    Gürtel und Juwel – war da nicht etwas? Aber das kam später an die Reihe, dachte sich das kleine Wesen und nahm den Rest der Halle in Augenschein. Zwischen kolossalen Pfeilern, die die Decke stützten und zu eindrucksvollen Skulpturen und Statuen ausgearbeitet waren, waren eine Vielzahl von Sarkophagen und Särgen zu sehen, die auf Podesten und Marmorblöcken ruhten und von denen jeder einzelne mit Intarsien und Schnitzwerken höchst aufwändig verschönert war. Man konnte nicht gerade sagen, dass die Zwerge sich gegenüber ihren Vorfahren geizig zeigten, denn als Arbeitsmaterialien hatten sie nur die wertvollsten Metalle und Stoffe gewählt – so glänzten überall Gold, Silber, Diamanten und ähnliche Kostbarkeiten, wenngleich sich deren heller Schein rasch im schattenhaften Grau der Ungebung verlor. Zusätzlich lagen Waffen – zumeist Streitäxte und Hämmer – auf manchen der Sargdeckel und erweckten stellenweise den Eindruck einer gut sortierten Waffenkammer.
    Zahlreiche Kerzen und Räuchergefäße, von denen schwache Rauchfäden aufstiegen und die für die Gerüche, die man schon aus einiger Entfernung hatte wahrnehmen können, verantwortlich zeichneten, rundeten das Bild ab. Nicht zu vergessen waren allerdings die Spinnweben, die überall im leichten Luftzug flatterten, sowie die reichlich vorhandenen Staubwolken, die sichträge über den Fußboden wälzten. Offenbar stimmte es, wenn man sagte, dass die Zwerge nicht gerade zu übertriebener Sauberkeit neigten.
    Ansonsten beherrschte eine sakrale Grabesstille dieses Heiligtum der Kirin Dor, denn um nichts anderes handelte es sich bei diesem Ort, da das Volk Zwergenauens seine Toten – erst recht, wenn es sich um seine einstigen Anführer handelte – mehr ehrte als vielleicht jedes andere bekannte Volk Arthiliens oder Orgards. Angesichts der altehrwürdigen Größe und Erhabenheit, die man hier vorfand, wurde ein Betrachter sich nur allzu sehr seiner eigenen Sterblichkeit bewusst.
    Als der ungebetene Gast seiner Meinung nach genug gesehen und zur Kräftigung einige Schlucke aus seiner Wasserflasche genommen hatte, huschte er über die verwinkelten Treppen empor, wobei er keinen einzigen verräterischen Laut machte und meistens drei oder vier Stufen auf einmal nahm. Nach kürzester Zeit gelangte er auf diese Weise zu der schweren Tür hinauf, die den einzigen weiteren Ausgang aus der Kaverne wie ein Wächter bewehrte.
    Er musste sich auf die Zehenspitzen stellen, um die Klinke herunterzudrücken. Obwohl ihm dies schließlich gelang, tat sich daraufhin erwartungsgemäß nicht viel, denn die Tür war verschlossen. Das jedoch schreckte ihn nicht weiter, sondern ganz im Gegenteil gehörte das Knacken von Schlössern und das Eindringen in verschlossene Räume – im Grunde genommen wie das Übertreten aller Verbote, die es überhaupt gab – zu seinen Lieblingsbeschäftigungen. Ein wenig strahlend vor Vorfreude und Stolz auf
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