Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kreuzfahrer

Der Kreuzfahrer

Titel: Der Kreuzfahrer
Autoren: Angus Donald
Vom Netzwerk:
und Franzosen übrig war, hatte sich weit über das Schlachtfeld verstreut. Die tapferen nubischen Fußsoldaten waren scharenweise von unseren Reitern niedergemacht worden. Doch die halbnackten Stammeskrieger hatten uns einen hohen Preis abverlangt: Kaum noch hundert Berittene waren in der Lage, Robins Ruf zu folgen. Ich sprach ein kurzes Gebet für Richards Sieg, und unseren, und fügte die bescheidene Bitte hinzu, auch mein Leben zu verschonen. Und dann stürmten wir wieder los. Diesmal gab es keine geordneten Linien, nur die wilde, hitzige Menge christlicher Reiter, die Robin um sich geschart hatte. Mit blutigen Schwertern und wölfischem Grinsen, berauscht von der wilden Erregung der Schlacht, galoppierten wir nach Gutdünken den Hügel hinauf, um die leichte Reiterei der Türken auf der Anhöhe zu vernichten.
    Ich kann nicht behaupten, dass die Türken feige gewesen wären. Sie hatten sich denselben blutgierigen Kriegern schon drei Mal an jenem Tag gestellt und waren bei jedem Aufeinandertreffen geschlagen worden. Es gehörte jedoch nicht zur Taktik einer leichten Kavallerie, sich der schweren Reiterei des Christenheers entgegenzustellen. Nein, sie schlugen zu und zogen sich zurück, formierten sich neu, um erneut anzureiten und dem Feind aus der Ferne zuzusetzen. Doch nun stürmten hundert erschöpfte, blutbespritzte Ritter mit schwingenden Schwertern und Rufen wie »Sankt Georg!« oder »Dem Heiligen Grab!« auf den Lippen – eine einsame Stimme schrie heiser »Westbury!« – auf sie ein. Und die Türken flohen, sie wendeten ihre flinken kleinen Pferde und galoppierten Hals über Kopf gen Osten davon. Staubwolken wirbelten hinter ihnen auf.
    Das war der Anfang vom Ende für Saladin. Richards Ritter hatten die vorderen Linien in der Mitte des Sarazenenheers niedergeritten und kämpften sich nun mit ihren Schwertern durch die Leibwache des Sultans auf den Mann zu, dem Richard unbedingt im Zweikampf hatte gegenübertreten wollen. Doch dazu sollte es nicht kommen. Unter dem gleichzeitigen Ansturm von drei Seiten befahl der große moslemische Heerführer den Rückzug. Trompeten quiekten schrill, Becken schepperten, und er überließ es seiner treuen Leibwache, den Rückzug zu decken, während er in einer mächtigen Staubwolke das Schlachtfeld verließ.
     
    Wir waren zu erschöpft, um ihn zu verfolgen. Ich sah nur mit hängendem Kopf und schmerzendem Körper zu, wie Richards Männer die letzten feindlichen Formationen mit einer Reihe blitzschneller Attacken vernichteten. Der Tag war unser, und Gott sei’s gelobt, ich hatte ihn überlebt.
    Viele unserer Männer hatten nicht so viel Glück gehabt. Sir James de Brus war tot. Ich fand seinen Leichnam durch Zufall, als ich langsam zu unserem Tross zurückritt. Sein schwerverletztes Pferd stand leise wimmernd neben dem Toten. Dicke, grünlich violette Eingeweide baumelten zwischen seinen blutbespritzten Hufen. Mit einem raschen Dolchstoß in den Hals erlöste ich das arme Tier von seinen Qualen und markierte den Fundort von Sir James’ Leichnam, indem ich sein Schwert mit der Spitze voran aufrecht in den Boden steckte. Ich hatte vor, später zurückzukehren und dafür zu sorgen, dass mein Freund ein ordentliches Begräbnis erhielt. Doch die Sonne stand schon tief am Himmel, und ich hatte keine Möglichkeit, ihn einigermaßen würdevoll zu transportieren. Ich spürte, wie klebriges Blut auf meinem Gesicht trocknete, und als ich auf meine Hände hinabschaute, sah es aus, als trüge ich rote Handschuhe, so reichlich waren sie mit Blut bedeckt. Mehr als alles andere wollte ich, solange es noch hell war, das Meer erreichen und mir den Schmutz der Schlacht vom Leib waschen. Dann würde ich einen Monat lang ausruhen.
    Ich kehrte zu unserem Sammelpunkt zurück und musste erfahren, dass auch mein Freund Will Scarlet seinen Verletzungen erlegen war. Tiefe Trauer schnürte mir die Brust zu, als ich auf seinen Leichnam hinabschaute. Die blauen Augen starrten blicklos in den Himmel, wo er um seines Beitrags zu unserer Mission willen hoffentlich mit offenen Armen aufgenommen worden war. So viele waren auf diesem Kreuzzug nach Jerusalem gestorben, so viel Blut im Namen Jesu Christi vergossen worden. Ich dachte an die Juden von York, die ihre eigenen Kinder umgebracht und sich dann selbst das Leben genommen hatten, um nicht von blutrünstigen Christen abgeschlachtet zu werden, die glaubten, Gottes Werk zu tun. Ich dachte an Ruth, deren tiefer Blick und weibliche Figur mich ein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher