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Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund

Titel: Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund
Autoren: Ralf Isau
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in eine Herde Schweine fahren zu dürfen. Sie wollte nicht einfach sang- und klanglos verschwinden.
    Christus gewährte es. Darauf stürzten sich die Borstenviecher über eine Klippe und ertranken jämmerlich. Offenbar empfinden die gefallenen Engel eine perverse Befriedigung, wenn sie sich an irdische Dinge binden oder anderen Leid zufügen können.«
    Mia schüttelte sich. »Hör auf! Mir wird ganz anders, wenn ich solche Sachen höre. Hauptsache, Belial ist von der Erde verbannt.«
    Davy drückte seine Frau an sich und nickte. »Konzentrieren wir uns auf das Naheliegende. Ich habe übrigens letztens gelesen, dass einige Regierungen ernsthaft über den Atomausstieg nachdenken. Komisch, nicht wahr?«
    »Großpapa hat vor seinem Ende unzählige Gespräche mit Politikern und Wirtschaftsleuten geführt und ihnen seine Befürchtungen nahe gebracht. Er war ein Wahrheitsfinder! Vielleicht haben einige kapiert, dass man mit der Büchse der Pandora nicht herumspielen sollte.«
    »Unser David spielt übrigens gerade wieder mit seinem Goldschmuck herum.« Davy deutete auf das runde Glitzerding, das der Säugling einfach nicht recht zu fassen bekam. Der Winzling trug eine Kette um den Hals, gerade eng genug, dass er den Anhänger nicht verschlucken konnte. Ein vergoldetes Sixpencestück war darin eingelassen, Urgroßvater Davids Abschiedsgeschenk.
    Gegen vier Uhr erreichten sie, von St. Ives kommend, endlich das Anwesen. Robert Trevithick, der sich um Stony House kümmerte, hatte gesagt, der Schlüssel läge zwischen zwei flechtenbewachsenen Steinen neben der Tür. Vielleicht sei auch gar nicht abgeschlossen. Mia hatte den Enkel des schon für David tätig gewesenen Verwalters wegen dieser Nachlässigkeit streng gerügt. Als er ein betroffenes Gesicht machte, schenkte sie ihm ein herzliches Lachen, das ihn endgültig verwirrte.
    Sie waren mit ihrem Mietwagen, einem geländegängigen grünen Gefährt britischer Produktion, von der Hauptstraße abgebogen und über einen unbefestigten Weg durch saftiges Weideland gefahren. Hier und da ragten Felsen aus dem frischen Grün. In der Ferne weidete eine Schafherde. Nach ungefähr anderthalb Meilen war ein vielleicht nicht elegantes, aber für Mia und Davy auf Anhieb anheimelnd wirkendes braungraues Gebäude aufgetaucht. Es ragte über einer Klippe auf. Gesetzt den Fall, Häuser hatten einen Charakter, dann war dieses hier von rustikaler, aber gutmütiger Natur, vergleichbar einem starken Freund, dem man sich auch an ungemütlichen Tagen gerne anvertraute.
    Der Rover hielt auf einem kiesbestreuten Parkplatz. Mia und Davy gingen die letzten fünfzig Yards zu Fuß. Klein David hing in einem Tragesitz am Arm des Vaters. Das Herrenhaus war aus runden Steinen erbaut, die von Cornwalls Küste stammten. Es mochte vielleicht zwanzig Yards lang und zwölf breit sein. Als die Ankömmlinge ihren neuen Besitz umrundet hatten, blieben sie vor einer blau lackierten Tür mit glänzendem Messingknauf stehen. Daneben, an der Hauswand, stand eine frisch gestrichene Bank derselben Farbe. Unter den – gleichfalls blauen – Fenstern hingen Blumenkästen, aus denen es Rot, Weiß und Violett wucherte.
    »Ich glaube, ich habe Robert Unrecht getan«, sagte Mia, während sie lächelnd ihr neues Heim betrachtete. »Es sieht gar nicht alt und verkommen aus. Komisch, aber irgendwie ist mir, als käme ich nach einer langen Reise endlich nach Hause.«
    »Das Haus und ein ansehnlicher Weidegrund darum herum gehören uns, Schatz. Du bist nach Hause gekommen.«
    »So meine ich das nicht.« Mia zog ihre Schultern hoch und atmete tief die würzige Meeresluft ein. Sie trug einen dicken naturfarbenen Wollpullover und blaue Jeans. Für Davy wirkte sie tatsächlich wie die seit langem schon hier lebende Herrin von Stony House. »Bevor ich mir das Haus ansehe, möchte ich gerne zur Klippe hinausgehen, von der Großpapa uns erzählt hat. Du weißt schon, seinen Lieblingsplatz.«
    »Schon klar. Mach nur. Ich kümmere mich in der Zwischenzeit um unser kleines Stinktier hier.« Er hob den Tragesitz hoch, aus dem ihm sein Sohn entgegenlächelte.
    Einen Moment lang blickte Davy noch seiner Frau nach, die über einen schmalen Fußpfad dem Rand der Klippen zuwanderte. Dann machte er sich auf die Suche nach dem Schlüssel. Mit einem Mal fiel ihm Trevithicks seltsame Bemerkung ein und er drehte einfach am Knauf der Haustür. Sie war unverschlossen. Davy bückte sich nach seinem Sohn, nahm den Henkel des Tragesitzes und betrat Stony
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