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Der Kopfjäger: Der 1. SPECIAL X Thriller

Der Kopfjäger: Der 1. SPECIAL X Thriller

Titel: Der Kopfjäger: Der 1. SPECIAL X Thriller
Autoren: Michael Slade
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– das elende Monstrum, das ich geschaffen hatte.
    Mary Shelley,
    Frankenstein

Die Maske
    Dienstag, 28. Dezember, 10:15 Uhr
    Es hätte 1944 sein können, tief in den Ardennen.
    So würde es in der Morgendämmerung an jenem düsteren Dezembermorgen ausgesehen haben, als General Omar Bradleys GIs erwachten, um sich Hitlers 6. SS-Panzerarmee zu stellen. Ihre erste Warnung wäre die Explosion der Granaten in den Wäldern und auf den Berghängen um sie gewesen. Denn zur Stunde H – exakt 05:30 Uhr – hatten 2.000 deutsche Kanonen auf die Sekunde genau über die ganze Länge der Front das Feuer auf die amerikanischen Stellungen eröffnet. Über ihnen hätte man das Dröhnen von V1-Geschossen hören können und das Poltern von Panther- und Tiger-Panzern, die über die kurvigen Straßen und Wege herunterglitten. Und in den Rufen und Schreien der Toten hätte man auch die Stimme des Krieges gehört. Und dann – wie jetzt – wäre der Schnee gefallen und später die Nebel aufgezogen.
    Keine 15 Meter entfernt tauchte der Panzer in Nebel und Dampf auf.
    Er konnte das Dröhnen seines Motors und das Scharren des Turmgetriebes hören, und von der Stelle, an der er stand, konnte er im düsteren Licht undeutlich ein Gespenst ausmachen.
    Dann begann der Panzer sich zu bewegen, und er wusste, dass er nicht warten konnte. Er hob sein Gewehr, zielte im Nebel über den langen, kalten, blaugrauen Lauf auf das Gespenst. Der Panzer hielt ruckartig an. Jetzt erschien eine andere Gestalt im Nebel, trat aus der Fahrertür neben den Mann auf dem Boden. Er wollte gerade abdrücken, um den Deutschen zu erschießen, als ein Ruf durch den Nebel hallte, der die Szene in Stücke riss.
    »Hey, Junge, hör auf zu träumen. Zeit für eine Kaffeepause.«
    Ja, es hätte 1944 sein können, die Ardennen-Schlacht.
    Aber das war es nicht.
    Seufzend packte der Junge mit den behandschuhten Händen eine Mülltonne und ging zur Hinterseite des Müllwagens. Er kippte den Abfall in den Sammeltrog hinten und zog dann den Hydraulikhebel. Mit dem Klirren ineinandergreifender Zahnräder begann der Mechanismus, den Trog anzuheben und den Müll in den Schlund des Müllwagens zu kippen. Der Junge stellte die zweite Tonne hin, streifte die Handschuhe ab und ging zur Fahrertür zu den beiden anderen Männern.
    »Ein bisschen früh, Junge, sich schon am ersten Tag mit der Arbeit zu langweilen.«
    Der Mann, der das sagte, war ein spindeldürrer Typ, den sie alle Slim nannten. Ein großer, hagerer Bursche Ende der 50. Er trug einen zerbeulten Farmerhut und einen ausgebeulten blauen Overall und hatte das Gesicht eines Mannes, der sein ganzes Leben im Freien gearbeitet hat. Während er das sagte, goss Slim aus einer zerbeulten Thermosflasche Kaffee in einen Styroporbecher. Als er dem jungen Mann den Becher reichte, zeigte er lächelnd gelbe Zähne. Dann fing er an, sich eine Zigarette zu drehen.
    Der andere Mann war klein und stämmig, mit einem rötlichen Trinkergesicht. Er war ebenfalls um die 50, vielleicht ein oder zwei Jahre jünger als Slim. Er trug einen Overall mit Matrosenstreifen an beiden Armen. Bei der Müllabfuhr nannten alle den Mann ›Prof‹; wenn er einen anderen Namen hatte, so hatte der Junge den noch nie gehört. Der Prof saß auf dem Trittbrett an der Fahrerseite und würzte jetzt seinen dampfenden Kaffee mit einem Schuss aus einem silbernen Flachmann. Als Slim sprach, musterte der Prof den jungen Mann eindringlich.
    »Wenn man diesen Job 20 Jahre gemacht hat«, sagte Slim, »darf man anfangen, sich zu langweilen.«
    Der junge Mann nickte bloß, denn etwas zu sagen, wäre ungehörig gewesen.
    »Wie hat denn ’n junger Typ wie du den Job überhaupt gekriegt, Jungchen? Ist doch jetzt sicher nicht die beste Zeit, um ’nen Job zu kriegen.«
    »Einfach Glück«, erwiderte der junge Mann.
    »Also, Arbeit als Müllmann is’ ja nich’ grade das, was ich Glück nennen würd’.«
    Der junge Mann nippte an seinem Kaffee und sah den Prof an. Der Prof hatte bis jetzt noch nichts gesagt.
    »Ich hab gerade mein erstes Semester an der UBC abgeschlossen. Die Stadt hat ein Programm für uns Studenten, damit wir Jobs finden. Mein Einsatz geht gerade über Weihnachten, also hat die Gewerkschaft nichts dagegen. Außerdem brauche ich das Geld. Jede Kleinigkeit zählt.«
    »Ah«, sagte der Prof, der das für den richtigen Punkt hielt, um sich einzuschalten. »Dann haben wir also einen Studierten unter uns. Sag mal, Jeff, was studierst du denn?«
    »Geschichte«,
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