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Der Kleine Prinz Kehrt Zurück

Der Kleine Prinz Kehrt Zurück

Titel: Der Kleine Prinz Kehrt Zurück
Autoren: Jean-Pierre Davidts
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schon zu lange gezögert, sagte er. Der Gedanke an seine Rose, die unerschütterlich ausharrte und auf seine Rückkehr wartete, schmerzte ihn zu sehr.
    Was ich befürchtete, weiß ich gar nicht so genau, ein Drama, das Allerschlimmste, jedenfalls versuchte ich ihm etwas auszureden, was ich gar nicht ganz begriff, ihn von einem Vorhaben abzubringen, das er später womöglich bereuen würde.
    »Und was ist mit dem Tiger?« fragte ich unbeholfen. Der kleine Prinz erriet meine Bedenken.
»Mach dir um mich keine Sorgen«, beruhigte er mich.
    Sandkörner haben oft die lästige Neigung, sich zu Gebirgen zu türmen. Die kompliziertesten Probleme sind oft viel weniger kompliziert, als man denkt, und haben die merkwürdige Eigenschaft, sich wie durch Zauberei aufzulösen, wenn sich die Lösung nicht ausgerechnet in dem Moment einstellt, in dem man sie am wenigsten erwartet.
»Und dein Schaf?«
    Ein vorbeifliegender Engel flüsterte mir zu, daß ich mich zumindest in diesem Punkt nicht getäuscht hatte.
»Stimmt«, räumte er ein. »Wenn ic h es mit zurücknehme und der Tiger es frißt, muß ich mir für den Rest meines Lebens Vorwürfe machen, daß ich es nicht beschützt habe, weil ich meiner Rose helfen wollte.«
Die Bitte, die er daraufhin an mich richtete, wollte ich gerne erfüllen. Doch dazu später.
    Es war ein magischer Moment. Die Nacht war herabgesunken, und in den eisigen Feuern, die aus der bestirnten Ebenholzkuppel schlugen, schmolz die Silbergabe, die uns die Wellen sterbend zu Füßen legten. Eine sanfte Heiterkeit senkte sich auf diese Insel am Ende der Welt, wo das Schicksal aus einer Laune heraus zwei so verschiedene und doch so ähnliche Wesen zusammengewürfelt hatte.
    Seite an Seite streckten wir uns unter den schützenden Blätterarmen einer Palme aus.
Eine düstere Vorahnung ging mir durch den Kopf, und ich schwor mir, daß ich die Augen offenhalten würde, was immer auch geschähe. Nicht, daß ich den Sternenreisegeschichten, mit denen der kleine Prinz mich in den letzten Tagen erfreut hatte, Glauben schenkte - die Vernunft erlaubte es mir nic ht, darin etwas anderes als die kunstvollen Hirngespinste einer ausschweifenden Phantasie zu sehen. Aber die Enttäuschung, die durch seine letzten Äußerungen schimmerte, bereitete mir Unbehagen. Meine löblichen Absichten wurden jedoch vom Rascheln der Palmwedel im Passat und dem leisen Knirschen der Wellen auf dem Sand schändlich hintertrieben, und ich schlief ein.
Als ich am nächsten Morgen erwachte, war ich wieder der einsame Schiffbrüchige von vorher.
    Ich fand nicht die geringste Spur des kleinen Prinze n, obwohl ich - so unpassend dieser Ausdruck auch scheinen mag - die ganze Insel auf den Kopf stellte. Und da ich befürchtete, er habe womöglich versucht, die flüssigen Mauern dieses Kerkers schwimmend zu überwinden, machte ich noch eine Runde durch die Untiefen rund um die Insel.
Da erblickte ich, bis zu den Hüften im Wasser, die Silhouette der Skipskjelen, die Kurs auf die Insel hielt.
    Der Kapitän der Skipskjelen hatte sich geschworen, mich zu finden, und wenn er bis ans Ende seiner Tage den von Korallenr iffen und Atollen übersäten Archipel durchkämmen müßte. Durch sein Fernglas konnte er unschwer die aufgeregten Zeichen meiner Arme entziffern, die sich zu diesem Zweck in Signalflügel verwandelt hatten. Wenig später wasserte eine Schaluppe, um mich abzuholen.
    »Bei der Kombüse der Medusa, Jan Maat!« rief der Kapitän, kaum daß ich einen Fuß an Deck hatte. »Ich dachte schon, Sie sind mit Neptun Sardinen angeln gegangen. Gehen wir in meine Kajüte, da läßt sich's besser plaudern.«
    Er hörte aufmerksam zu, als ich bei einem Glas Rum in allen Einzelheiten von meinem Abenteuer berichtete, und sagte die ganze Zeit kein Wort. Auch als ich vom kleinen Prinzen erzählte, trübte kein Hauch von Erstaunen, kein ungläubiger Schimmer den wachen Blick des alten Seebären, der schon ganz andere Dinge erlebt hatte.
    Am Ende meines Berichts füllte er noch einmal unsere Gläser randvoll mit dem goldenen Feuer, das er so schätzte, zog an seiner Meerschaumpfeife, daß deren Kopf aufglühte, und nach einer wohlgesetzten Pause ergriff er das Wort:»Ich bin ganz schön herumgekommen auf diesem Teufelsplaneten, der zu drei Vierteln von Wasser bedeckt ist, und habe dabei unglaublichere Dinge erlebt, als Sie sich überhaupt vorstellen können. Ich weiß nicht, wer dieses Kind war, dieser kleine Prinz, der Ihnen da begegnet ist, und woher er kam. Wenn
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