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Der Kelch von Anavrin: Das magische Siegel (German Edition)

Der Kelch von Anavrin: Das magische Siegel (German Edition)

Titel: Der Kelch von Anavrin: Das magische Siegel (German Edition)
Autoren: Lara Adrian schreibt als Tina St. John
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lieferte nur einen weiteren Beweis für Silas de Mortaines Absicht, das wertvolle Gefäß für sich zu beanspruchen. Kenrick of Clairmont – immer noch von den Narben seiner Kerkerhaft gezeichnet – sah sich bei dem Anblick, der sich ihm in Randwulfs Burg bot, nur aufs Neue bestätigt, dass man einen Mann wie de Mortaine bekämpfen musste.
    Koste es, was es wolle.
    »Amen«, murmelte er düster und erhob sich wieder in der Kapelle, deren Wände vom Brand geschwärzt waren.
    Kurze Zeit ließ er die Zerstörung des Ortes auf sich wirken. Sein Blick fiel auf das bescheidene Kruzifix, das noch über dem Altar hing, gottlob unbeschädigt. Kenrick unterdrückte den Fluch, der ihm auf der Zunge lag.
    Nicht einmal Gott hatte es vermocht, de Mortaine daran zu hindern, diese edelmütigen Menschen hier mit seinem Zorn zu überziehen.
    Der Gedanke war gotteslästerlich, insbesondere an einem so geweihten Ort. Schwerer noch wog, dass dies ein Mann dachte, der sich einst dem Dienst Gottes verschrieben hatte, zunächst als Novize und später als Ordensbruder der Armen Ritter Christi vom Tempel Salomons.
    Einen Heiligen hatten ihn Rand und andere Freunde in ihrer Jugendzeit oft scherzhaft genannt, da Kenrick ein so edles Gemüt hatte und schon früh nach Wissen strebte.
    Aber diese Tage lagen nun weit zurück. Er wollte seine Zeit weder mit alten Erinnerungen noch mit Trauer vergeuden. Die Stunde würde kommen, in der beides möglich wäre, doch nun galt es vor allem, Dinge zum Abschluss zu bringen.
    War er früher am Tag noch ganz erpicht darauf gewesen, die kleine Burg zu erreichen, so wollte er den Ort nun so schnell wie möglich wieder verlassen. Seine Kopfhaut juckte unter dem kurz geschnittenen Haar – was ihn immer wieder an seine Gefangenschaft erinnerte, als Haupt- und Barthaar voller Ungeziefer gewesen waren. Bei der ersten Gelegenheit hatte er sich die Haare geschnitten und sich jeden Tag glatt rasiert. Das dunkelblonde Haar trug er nun kürzer, als es bei Männern seines Standes Sitte war. So reichten ihm die Locken nur bis zum Kragen seiner Tunika und dem des gefütterten Wamses. Er kratzte sich am Nacken und verfluchte die bittere Erinnerung an das Ungeziefer.
    Wenn er jedoch genau darüber nachdachte, konnte das Jucken auf der Kopfhaut auch mit dem plötzlichen Gefühl zu tun haben, dass er in dieser verlassenen Burg nicht allein war. Er drehte sich auf dem Absatz herum. Eine plötzliche Bewegung schien die Stille gestört zu haben, als atme da jemand an diesem sonst so leblosen Ort. Draußen im Hof bei Kenricks Pferd wartete aber bloß ein alter Mann aus dem Dorf, der das Blutbad mit angesehen hatte. Doch die Bewegung, die Kenrick verspürt hatte, war keineswegs von dem beleibten Mann mit dem grauen Bart gekommen, denn der hatte sich nicht vom Fleck gerührt.
    Dennoch hatte Kenrick das untrügliche Gefühl, aus den Schatten heraus beobachtet zu werden. Lauernde, abwartende Augen …
    »Ist da wer?«, rief er. Doch seine Stimme verklang im Gewölbe.
    Keine Antwort.
    Rasch sah er sich in dem kleinen Gotteshaus um und ließ seinen scharfen Blick in jeden Winkel schweifen. Nichts bewegte sich. Seine blauen Augen nahmen lediglich das kalte Mauerwerk und die schlanken Pfeiler wahr. Es war gespenstisch still. Sowohl die Kapelle als auch der Wohnturm schienen leer zu sein. Er war ganz allein an diesem Ort.
    Dass sich nur wenige Leute gezeigt hatten, als er eingetroffen war, und kaum ein Bauer oder Nachbar gewillt gewesen schien, über das zu sprechen, was er womöglich mit eigenen Augen gesehen hatte, wäre an jedem anderen Ort beunruhigend gewesen. Nicht aber in Cornwall. In diesem entlegenen Teil des Königreichs verhielten sich die Leute anders. Sie blieben unter sich, gingen ihrem Tagewerk nach und waren nicht gerade dafür bekannt, Fremde willkommen zu heißen.
    Kenrick hatte eine beachtliche Summe aufbieten müssen, um den Mann auf dem Hof dazu zu bringen, ihm zu berichten, was sich vor nunmehr zwei Wochen in dem Herrenhaus abgespielt hatte. Die furchtbaren Einzelheiten hallten noch immer in seinem Kopf nach: Unbekannte hatten den Landsitz in der Nacht überfallen, Frauen und Kinder hatten geschrien, schwarzer Rauch war aufgestiegen, als der Wohnturm in Flammen geriet, die Bewohner darin eingesperrt waren …
    Kenrick stieß einen lauten Fluch aus. Er verfluchte sich selbst – und ebenso den Allmächtigen, der dieses Verbrechen zugelassen hatte. Zorn loderte in ihm, als er die Kapelle verließ und den Hof
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