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Der Katalysator

Der Katalysator

Titel: Der Katalysator
Autoren: Charles L. Harness
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nickte zurück. Zweimal täglich wiederholte er die gleichen Experimente. Sie waren recht einfach: Katalysatoren wurden in einer Reihe von Sonarmühlen zerkleinert. Aber man benötigte dazu eine große Menge von Schüttelsieben, Gittern und anderen Gerätschaften, und vor dem Hintergrund der kreischenden Mühlen vermittelte dies alles den Eindruck von harter Arbeit. Mr. Hedgewick, der in regelmäßigen Abständen aus New York herüberkam, vermerkte in der Personalabteilung mit Befriedigung, daß wenigstens einer aus Seranes Gruppe stets beschäftigt sei, wenn er dort vorbeikomme. Hedgewick genehmigte die von Serane vorgeschlagenen Gehaltserhöhungen für Moulin routinemäßig. Serane überwies das Gehalt über den Kreditcomputer direkt an die Bank, wo Mrs. Moulin ein Girokonto unterhielt.
    Manchmal, gegen Ende seiner Freitagskonferenzen, sammelte Serane seine eigene Gruppe in vertraulichem Gespräch um sich und brachte den leidgeprüften Müller zur Sprache.
    „Woher wissen wir, daß dies das beste für ihn ist?“ fragte Serane. „Vielleicht gehört er in ein Krankenhaus. Vielleicht sollte man alle möglichen Tests mit ihm durchführen. Hat er einen Schlaganfall gehabt? Vielleicht kann er physisch nicht sprechen.“
    „Lassen Sie ihn in Ruhe“, erwiderte Mary Derringer. „Er befindet sich in einem Gemütsschock. Irgendein Stimulus wird ihn eines Tages auch wieder herausreißen. Aber im Augenblick will er einfach nur hier bei uns sein. Das sagt seine Frau, und die muß es wissen. Sie haben nicht genug Geld, um ihn in das Krankenhaus zu bringen, das er eigentlich braucht. Sie meint, wenn er hierbleiben kann, wird es ihm irgendwann wieder besser gehen. Hier kennt er jeden. Er weiß, daß wir ihn gern haben. Wie würden Sie sich fühlen, wenn man sie irgendwohin brächte, wo Sie niemanden kennen und wo niemand Sie gern hat?“
    „Du liebe Güte“, meinte Serane. „Ich habe doch nur gefragt, ob wir es richtig machen. Natürlich kann er bleiben.“
     
     
    Man könnte vermuten, daß Humbert, der Personalleiter, angesichts von Seranes Erfolg mit seinem personellen Ausschuß frohlockte – daß Humbert von Herzen beglückt war zu sehen, wie seine schlimmsten Befürchtungen, seine düstersten Voraussagen so umfassend widerlegt wurden. Doch dem war nicht so! Humbert sah darin eine boshafte Verhöhnung seiner Autorität, ein sadistisches Programm, das Serane entwickelt hatte, um die anerkannten Prinzipien der Personalführung zu vernichten. Humbert sah eine große, formlose Wolke des Bösen, die das Labor umhüllte. Als Seranes Gruppe im Handumdrehen begann, pro Woche durchschnittlich eine Erfindung auszuspucken – beinahe das Zweifache der Produktivität von Kussmans größerer Gruppe –, erkannte Humbert, daß er ein Monstrum geschaffen hatte. Serane und seine Arbeitsweise waren eine beständige Beleidigung für jede rationale Personalpolitik. Serane rüttelte an den Grundfesten von Humberts Existenzberechtigung.
    Manchmal erwachte Humbert mitten in der Nacht und dachte an die Doktoren Slav, Teidemann, Quirrel, Mukerjee und die anderen und an die Gründe, aus denen ihre früheren Gruppenleiter sie hatten loswerden wollen. Er dachte daran, wie er jedesmal Gewissensbisse verspürt hatte, als er diese Männer einen nach dem anderen Serane zugeteilt hatte. Alles dies ging ihm durch den Kopf, und die Erinnerung daran machte ihn verbittert, denn seine Gewissensbisse hätte er sich samt und sonders sparen können. Serane hatte diesen Haufen von Verlierern heimtückisch in eine Gruppe verwandelt, die ein paar der New Yorker Vizepräsidenten für die beste im ganzen Labor hielten. Heimtückisch und hinter seinem Rücken. Er hatte Serane gegenüber nichts Böses im Schilde geführt, aber dennoch hatte Serane ihm dies angetan.
    Sie hätten ihn längst feuern sollen. War es jetzt zu spät? Vielleicht nicht. Aber es würde sehr viel schwieriger sein und eine ausführliche Planung erfordern. Und er würde Verbündete brauchen. Die könnte er vielleicht bekommen – je nachdem, wer die Stelle des Labordirektors bekäme, die seit Dr. Scriveners Tod unbesetzt war. Unter solchen Überlegungen versank er dann schließlich wieder in unruhigem Schlaf.
     
     
    In Pauls Augen besaß Seranes Handschrift etwas unbestimmt Vertrautes, als hätte er sie schon lange bevor er in die Firma eingetreten war gekannt. Die Buchstaben waren klein, und am Anfang eines Absatzes standen die Schriftzüge beinahe senkrecht. Aber je mehr der Schreiber
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