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Der Junge, der es regnen liess

Der Junge, der es regnen liess

Titel: Der Junge, der es regnen liess
Autoren: Brian Conaghan
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die nächste Abtreibungsklinik gehen, ich sage Ihnen, genau das würde ich tun. Es würde ihr nur das Leben zerstören. Man sieht doch all diese jungen Mädchen, die ihre Kinderwagen auf und ab schieben und keinen Ort haben, an den sie gehen können. Die armen Dinger haben doch keine Ahnung, wie sie für sich selbst sorgen sollen, geschweige denn für ein verdammtes Balg.
    Rosie sieht ihren Vater nicht mehr. Früher hat sie sich mit ihm getroffen, aber jetzt nicht mehr. Es war mehr oder weniger seine Entscheidung. Ein großes Problem ist es nicht.
    Rosie und Cora sind schon seit der Grundschule befreundet. Die kleine Cora mochte ich gern, aber letztens habe ich mir ihretwegen ein bisschen Sorgen gemacht. Hier bei uns kann man noch nicht mal zu Tesco gehen, ohne dass jeder weiß, was man zum Abendessen hatte, und die kleine Cora fing an, sich einen üblen Ruf einzuhandeln, wie kein Mädel ihn gerne hätte.
    Ich meine, das sieht doch ein Blinder, oder? Dass sie es ganz schön darauf anlegte. Und das ist ja auch ihre Sache, solange sie aufpasst, aber im Stillen habe ich mich gefragt, was meine Rosie wohl machte, während Cora sich diesen Ruf einhandelte. Stand sie irgendwo an der Ecke und wartete auf sie? Oder war sie mit dem Kumpel von dem Typen zusammen? Ich kann Ihnen sagen, meine Nerven waren am Ende. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich erwarte nicht von ihr, dass sie sich wie eine Nonne benimmt oder so was in der Art. Klar habe ich es genauso gemacht, als ich in ihrem Alter war, das ganze Geknutsche und so weiter. Was ich sagen will, ist, dass ich genauso wie jedes junge Mädchen auf Jungs und Beziehungen und erste Liebe und Kino, Disco und das alles stand. Das war normal. Aber heutzutage dreht sich doch alles nur um Sex, Sex und noch mal Sex.
    Ich gebe ja dem verdammten Internet die Schuld.
    Und dann noch was, was mir Sorgen machte – zu unserer Zeit kamen so Krankheiten ja eher selten vor. Aber heutzutage haben doch jede Menge Mädchen irgendwas, das mit ihnen nicht in Ordnung ist, oder etwa nicht? Ich habe keine Ahnung. Chlamydien sind doch ganz groß im Kommen, stimmt’s? Zu meiner Zeit haben wir nicht mal gewusst, dass etwas mit dem Namen Chlamydien überhaupt existiert.
    Ich habe ja nur auf den Tag gewartet, an dem Rosie nach Hause käme und mir erzählte, dass Cora schwanger wäre. Mich hätte das kein bisschen überrascht.
    Ich kann nicht gerade behaupten, dass ich vor Freude aus dem Häuschen war oder irgendwas in der Art, als Rosie mir Clem zum ersten Mal mit nach Hause brachte. Natürlich sind mir sein komischer Name und dieser Angeber-Akzent aufgefallen. Aber er war ein netter Junge. Für solche Sachen entwickelt man einen Instinkt. Mein erster Eindruck von ihm war, dass er gute Manieren hatte und charmant war. Ich konnte verstehen, warum Rosie sich jemanden wie ihn ausgesucht hatte. Wissen Sie, meine Rosie war immer der Meinung, dass die meisten Typen an ihrer Schule nichts im Kopf haben, während bei Clem gerade das Gegenteil der Fall war. Aber ich sage Ihnen mal, was für mich wichtiger war: Rosie schien viel glücklicher zu sein, seit sie Clem kennengelernt hatte.
    Ziemlich schnell wurden die zwei unzertrennlich. Er hing ständig bei uns in der Wohnung herum, war immer höflich und freundlich. Mir fiel auf, dass sie anfing, sich andere Musik anzuhören. Na ja, zum Beispiel kriegte ich mit, wie sie in ihrem Zimmer The Smiths hörte, die ich aus der Zeit kenne, als Rosie noch nicht mal auf der Welt war. Viel gemacht habe ich mir damals aus denen nicht, dieses ganze Getanze mit Blumen und Brillen von alten Männern, danke, nein, das war nicht mein Ding. Die Leute, die auf sie standen, waren alle irgendwie komisch. Aber es war eine willkommene Abwechslung zu dem Müll, den Rosie sich sonst anhörte.
    Unsere eigene Beziehung wurde auch stärker, glaube ich. Wir unterhielten uns mehr über Sachen, natürlich nicht über ihre Beziehung, aber zum Beispiel über Filme, die wir im Kino gesehen hatten, oder sie erzählte mir von einem Konzert, auf dem sie gewesen waren. Wir verstanden uns besser, aber ich war immer auf der Hut und habe nicht zu viel gefragt, um diese Brücken nicht wieder einzureißen.
    Etwas Verdächtiges gab es daran nicht. Oberflächlich betrachtet schien es eine Teenagerliebe wie jede andere zu sein. Ganz normal. Es fängt mit einer Art von Verliebtheit an, aber wir wissen ja alle, wie schnell sich das ändern kann, und ehe man sichs versieht, geht die Welt unter. Die beiden machten da
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