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Der Hexer - NR21 - Krieg der Götter

Der Hexer - NR21 - Krieg der Götter

Titel: Der Hexer - NR21 - Krieg der Götter
Autoren: Verschiedene
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fragte ich mißtrauisch. »Warum hat er jahrelange Schmerzen erduldet, wenn es so einfach ist.«
    Jennifers Blick wurde plötzlich sehr ernst. »Es ist gefährlich, Robert«, sagte sie. Sie deutete mit einer Kopfbewegung auf den zweiten, toten Magier und seinen Mantel. Mir fiel auf, daß sich das bizarre Kleidungsstück noch immer bewegte. Ich war nicht ganz sicher, aber fast schien es mir, als zöge es sich zusammen. Ganz, ganz langsam.
    »Diese Wesen dienen ihren Trägern«, erklärte Jennifer. »Sie geben ihnen Kraft und Ausdauer und noch manches andere, was du jetzt nicht verstehen würdest. Aber sie verlangen einen hohen Preis.«
    »Und welchen?« fragte ich leise. Mit einem Male kam mir die sanfte Umarmung des Mantels gar nicht mehr so sanft und beschützend vor, sondern unangenehm warm und auf schwer zu beschreibende Weise drohend.
    »Sie verzehren die, die sie tragen«, antwortete Jennifer. »Keiner dieser Männer lebt länger als zehn Jahre, Robert, und sie sind ausgesucht, kräftig und gesund, wenn Barlaam sie in seine Dienste nimmt. Einen zerstörten Körper wie den, in dem du gefangen bist, verzehren sie in wenigen Tagen.«
    Ich hätte erschrecken müssen, aber ich tat es nicht. Was Jennifer ausgesprochen hatte, war nichts anderes als mein endgültiges Todesurteil. Und trotzdem erschien es mir wie eine Erlösung. Drei, vier Tage Leben waren vielleicht immer noch besser als ein jahrelanges Sterben in diesem zerstörten Etwas, in das Barlaam mich verbannt hatte.
    »Du hast eine Chance«, sagte sie plötzlich. Ich war jetzt endgültig davon überzeugt, daß sie meine Gedanken las. »Sie ist nicht groß, aber du hast sie. Barlaam hat dir deinen Körper gestohlen, aber dieser Tausch kann rückgängig gemacht werden.«
    »Dazu müßte ich ihn erst einmal finden«, antwortete ich.
    »Ich werde dir den Weg zurück zeigen«, sagte Jennifer. »Aber ich will dir nichts vormachen: es ist beinahe aussichtslos. Er wird dich vernichten, sowie er dich sieht, denn dieser Leib ist das einzige, was ihn noch aufhalten kann. Ist er vernichtet, gibt es keine Möglichkeit mehr, ihn aus deinem Körper zu vertreiben.«
    »Und wenn dieses Wrack hier stirbt«, sagte ich mit einer Geste auf den verkrüppelten Greisenleib unter meinem Umhang, »sterbe auch ich.«
    Jennifer nickte.
    »Worauf warten wir dann noch?« fragte ich.

    * * *

    Im Laufe der letzten halben Stunde hatte sich die Höhle geleert. Die meisten der buntgekleideten Gestalten waren ihrem Herren gefolgt, nachdem er endlich vom Rande der Grube zurückgetreten war und die Höhle verlassen hatte, und auch von denen, die dann noch geblieben waren, waren die meisten jetzt fort. Nur noch drei hielten sich in der Höhle auf; einer nahe des jenseitigen Randes des Pfuhls, die beiden anderen dicht neben der Tor-Maschine, jedoch nicht mit dem Gerät beschäftigt, sondern in ein Gespräch vertieft, das manchmal von einem rauhen Lachen unterbrochen wurde.
    Der Mann auf dem Boden hatte all dies registriert, aber er hatte sich nicht gerührt. Von Zeit zu Zeit bewegte er die rechte Hand und stöhnte leise; wie ein Mensch, der im Koma liegt und nicht erwachen kann – immer so, daß die beiden Wächter, die Barlaam zurückgelassen hatte, es hören mußten, jedoch kein Mißtrauen schöpften.
    Er hatte gewartet.
    Bis jetzt.
    Jetzt bewegte sich seine rechte Hand wieder; kräftiger als die Male zuvor, zielbewußter, wacher.
    Seine Lider begannen zu zittern, als das Leben, das auf seinen eigenen Befehl hin fast völlig aus dem menschlichen Körper gewichen war, langsam wieder in seine Glieder zurückflutete, und das Stöhnen, das diesmal über seine Lippen kam, war echt. Selbst für ein Wesen wie das, das sich hinter der Gestalt des französischen Matrosen verbarg, war es unendlich schwer, sich hinter die Mauern des Todes zurückzuziehen und den schmalen Spalt, der sie mit dem Leben verband, offen zu halten.
    Einer der Magier sah auf, als sich der Mann abermals bewegte und dabei ein neuerliches, keuchendes Stöhnen hören ließ. Zwischen den Brauen des Mannes in dem schreiend bunten Mantel erschien eine steile Falte, und auch sein Kamerad blickte jetzt auf.
    Der Mann hatte sich halb erhoben und hockte, vornüber gebeugt und mit haltlos pendelnden Armen, auf den Knien. Sein Blick war noch trüb, und auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck, als wäre er gerade aus einem unendlich tiefen, betäubenden Schlaf erwacht.
    Die beiden Magier tauschten gleichermaßen überraschte wie alarmierte Blicke.
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