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Der Hexer - NR08 - Im Bann des Puppenmachers

Der Hexer - NR08 - Im Bann des Puppenmachers

Titel: Der Hexer - NR08 - Im Bann des Puppenmachers
Autoren: Verschiedene
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rang nach Atem und wartete darauf, daß meine Hände und Knie zu zittern aufhörten. Dann stemmte ich mich vorsichtig hoch, kroch bis in die Mitte des Daches und sah zurück.
    Über der Kante des Zugdaches erschien eine Krallenhand, grub sich mit einem schmetternden Knall in und durch das Blech und fand an einem Träger darunter festen Halt. Sekunden später erschien ein dunkler Haarschopf über dem Dach, und kalte, polierte Glasaugen starrten mich an.
    Ich schluckte einen Fluch herunter, sprang auf die Füße und wirbelte herum. Der Wagen, auf dessen Dach ich mich befand, war der letzte gleich hinter der Lokomotive, so daß mir keine andere Wahl blieb, als an Eisenzahn vorbei wieder in Richtung Zugende zu rennen – wobei seine Hand um ein Haar mein Bein erwischt hätte und ich mich nur durch einen riskanten Hüpfer in Sicherheit bringen konnte.
    Eine höchst zweifelhafte Sicherheit allerdings, wie sich bald herausstellte. Ich hatte kaum ein Dutzend Schritte zurückgelegt, da hatte ich auch schon das Ende des Wagens erreicht – und das Dach des dahinterliegenden war gute zwei Yards entfernt und sprang und hoppelte wie ein wildgewordener Maulesel auf und ab!
    Zwei Yards sind vielleicht kein besonders wagemutiger Sprung für einen durchtrainierten Mann wie mich, unter normalen Umständen. Aber ein Fehltritt würde einen Sturz unter die Räder des Zuges bedeuten, bestenfalls auf den Schotter des mit mehr als fünfzig Meilen vorbeirasenden Bahndammes – und wahrscheinlich wäre das eine so tödlich wie das andere.
    Hinter mir erscholl ein splitterndes Geräusch, und als ich zurückblickte, sah ich, wie sich Eisenzahn umständlich auf die Beine erhob und mit ausgebreiteten Armen auf mich zugetapst kam. Seine Füße hinterließen tiefe Dellen im Blech des Daches.
    Ich vergaß meine Furcht, spannte die Muskeln – und stieß mich ab.
    Es war leichter, als ich gefürchtet hatte. Der Wagen schien mir noch entgegenzuspringen. Ich kam ungeschickt auf, fiel auf die Knie, fing den Sturz mit beiden Händen auf und stieß mich wie ein Hundert-Meter-Läufer am Start ab. Verzweifelt rannte ich los, während Eisenzahn mir auf die gleiche Weise folgte; zwar wenig elegant, dafür aber erheblich lauter.
    Es war aussichtslos. Ich rannte, so schnell es der schwankende Untergrund zuließ, sprang von Wagendach zu Wagendach und vergrößerte die Entfernung zwischen mir und meinem unheimlichen Verfolger allmählich.
    Schließlich hatte ich das Ende des Zuges beinahe erreicht und blieb unsicher stehen. Vor mir lag ein letzter Wagen – und dann nichts mehr. Es sah aus, als wäre meine Flucht zu Ende, ehe sie richtig begonnen hatte. Verzweifelt drehte ich mich herum, tastete nach dem Stockdegen unter meinem Gürtel und blickte meinem Gegner mit einer Mischung aus Entsetzen und trotzigem Zorn entgegen. Ich wußte weder, wer der Bursche war, noch was er von mir wollte – aber ich würde mein Leben so teuer wie möglich verkaufen.
    Dann sah ich den Schatten am vorderen Ende des Zuges; noch weit vor der Lokomotive. Ein verzweifelter Plan begann hinter meiner Stirn Gestalt anzunehmen. Hätte ich Zeit gehabt, ihn in allen Einzelheiten zu durchdenken, hätte ich es vermutlich zehnmal lieber auf einen Kampf mit dem Unheimlichen ankommen lassen – aber gottlob blieb mir keine Zeit.
    So wandte ich mich noch einmal um, sprang auf den letzten Wagen und wirbelte abermals herum, kaum daß ich sicheren Stand gefunden hatte. Der Stockdegen glitt wie von selbst aus seiner Umhüllung und funkelte wie ein gefangener Blitz in meiner Hand. Der Schatten erreichte die Lokomotive und jagte über sie hinweg. Noch zwei Sekunden, schätzte ich. Allerhöchstens.
    Eisenzahn blieb stehen, kaum einen Schritt vom Ende des Wagendaches entfernt. Seine kalten Glasaugen musterten die Waffe in meiner Hand, und für einen Moment zögerte er, als schätze er ihre Gefährlichkeit ab. Dann machte er eine wegwerfende Handbewegung, spannte sich – und sprang.
    Ich ließ mich zur Seite fallen, schloß die Augen – und stürzte mit angehaltenem Atem vom Wagendach herunter. Was dann geschah, ging so unglaublich schnell, daß ich selbst hinterher nicht sicher war, es wirklich gesehen oder mir nur eingebildet zu haben.
    Der Boden raste auf mich zu. Eisenzahn landete wie ein lebender Amboß auf dem Dach und beulte es ein, fand mit wild wedelnden Armen sein Gleichgewicht wieder. Sein Stahlgebiß blitzte. Aber nur für eine halbe Sekunde. Hinter ihm jagte der Schatten heran. Die
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