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Der Hase aus Amerika und andere Beziehungskisten (German Edition)

Der Hase aus Amerika und andere Beziehungskisten (German Edition)

Titel: Der Hase aus Amerika und andere Beziehungskisten (German Edition)
Autoren: Nicole Schröter
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echtes ästhetisches Problem dar.
     
    Aber Holger war so nett und auf dem Foto hatte sie gesehen,
dass sich auf seiner rechten Schulter ein Tattoo befand. Lilly hatte noch nie
einen Mann mit einem Tattoo näher kennengelernt und irgendwie hatte sie das
Bedürfnis, diese, für sie neue Erfahrung zu machen.
     
    Holger ging mit ihr zu seinem Wagen und holte eine Flasche
Sekt aus dem Kofferraum. Dann sah er sie ernst an: “Ich würde diese Flasche
gern mit dir oben im Hotelzimmer öffnen, aber wenn du das nicht möchtest, setzen
wir uns wieder ins Restaurant und trinken dort noch etwas.“ Er ließ ihr die
Wahl. Das gefiel Lilly und nach kurzem Überlegen nahm sie seine Hand und holte
den Zimmerschlüssel von der Rezeption.
     
    Vor der Tür hielt Holger inne und sah Lilly noch einmal tief
in die Augen. „Deine Entscheidung macht mich sehr glücklich“, sagte er und es
klang ehrlich. „Wenn du irgendetwas von dem, was ich mache, nicht möchtest,
dann sag’ es mir bitte sofort, o.k.?“ „Einverstanden!“ Über so viel
Einfühlungsvermögen war Lilly sprachlos.
     
    Das Zimmer war geräumig und warm. Holger schloss die
Gardinen und blieb dann ans Fensterbrett gelehnt stehen. „Komm’ her!“ flüsterte
er. Und Lilly ging zu ihm. Es war ein merkwürdiges Gefühl, einem fremden Mann
in einer derartigen Situation gegenüberzustehen. Aber es war auch aufregend.
Fast so aufregend, wie Lilly es sich erträumt hatte.
     
    Holger war optisch nicht der Typ Mann, den Lilly sich
gewünscht hätte, aber er war freundlich und ehrlich und er respektierte sie.
Für eine Freundschaft wäre dies ideal gewesen, aber ob es für das, was sie nun
vorhatten zu tun ausreichend sein würde?
     
    Lilly ging auf Holger zu. Sie musste die Beine leicht
auseinander stellen, um auf einer Höhe mit ihm zu stehen, als sie sich zu ihm
vorbeugte und ihn küsste. Sein Mund war warm und weich. Sie zog sein T-Shirt
aus der Hose, und als er die Arme hob, streifte sie es ihm ab. Sie sah das
Tattoo, das sich von seinem Nacken aus, über die Schulter, bis zu seiner
rechten Brust erstreckte. Es gefiel ihr. Sie begann es mit Küssen zu bedecken
und raunte ihm dabei zu, dass es das erste Mal für sie sei, ein Tattoo zu
küssen. Er lächelte nahm sie in die Arme und trug sie zu dem großen Bett in der
Mitte des Raumes.
     
    Er erforschte jeden Millimeter ihres Körpers. Er wollte sie
kennenlernen, erfahren, wie sie wo reagierte, was sie mochte und was nicht.
Immer wieder bereitete er ihr alle Freuden, die sie sich nur wünschen konnte.
Erst als Lilly völlig erschöpft und mit geschlossenen Augen vor ihm lag, legte
er sich zu ihr und hielt sie im Arm.
     
    Sie unterhielten sich leise, und als Lilly sicher war, dass
Holger keinerlei Anstalten machen würde, etwas von ihr zu fordern, was sie
nicht wirklich von Herzen selbst wollte, erwachte in ihr die Lust, auch ihm
Freude zu schenken.
    Spät am Abend verabschiedeten sich die Beiden. Trotz der
künstlich erschaffenen Beziehung war etwas Vertrautes zwischen ihnen erwachsen.
     
    Lilly wusste, dass sie Holger nicht wiedersehen würde. Er
wohnte zu weit von ihr entfernt und hatte eine Familie. Auch würde sie ihn
letztendlich nicht lieben können.
    Aber in diesem Hotelzimmer hatte es weder Raum noch Zeit
noch Bewertung gegeben. Dem Alltag jedoch würde sein Aussehen, das nicht ihren
Vorstellungen entsprach, sein leichter Dialekt und noch ein paar andere
Kleinigkeiten, die sie heute an ihm entdeckt hatte, nicht standhalten können.
    Vielleicht war ihr seine Art, sie mit Respekt und Liebe zu
behandeln auch einfach zu fremd, um damit dauerhaft umgehen zu können.
     
    Fast ein Jahr lang schrieben sie sich regelmäßig E-Mails.
Oft telefonierten sie miteinander. Einmal noch kam er auf einer Dienstreise in
ihre Stadt. Aber schon da war es nicht mehr so, wie es im Hotel gewesen war.
    „Manche Dinge lassen sich nicht wiederholen“, dachte Lilly
mit Wehmut. „Es sind kostbare Augenblicke, die man genießen muss. Nur in der
Erinnerung bleiben sie lebendig und man kann in Dürrezeiten von ihnen zehren.“
     
    Lilly suchte sich danach keinen Mann mehr im Internet aus.
Sie war um ein paar wichtige Erfahrungen reicher geworden und sie bereute nichts.
Stattdessen meldete sich zu einem Malkurs an. Früher hatte sie gern gemalt und
es war an der Zeit, so fand sie, sich mehr um sich selbst zu kümmern, als nach
einem geeigneten Mann Ausschau zu halten.
     
    Ihr neues Hobby machte ihr großen Spaß und füllte die
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