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Der globale Polizeistaat

Der globale Polizeistaat

Titel: Der globale Polizeistaat
Autoren: Thomas Darnstädt
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Staatenordnung des alten Europas gespielt hat. Das ermutigt uns, zu der Gedenktafel im thüringischen Meiningen zurückzukehren, zu dem Krieg, der keiner wurde, weil das Reichskammergericht die Probleme mit Frau von Pfaffenrath mit den Mitteln des Rechts lösen konnte. Frau von Gleichen, die Aufsässige, wäre wohl für immer in den meiningenschen Kerkern verschwunden und die ganze Anekdote zum Staatsgeheimnis des Herzogs erklärt worden, hätte es nicht eine übergeordnete Rechtsordnung und ein übergeordnetes Gericht gegeben.

    Wenn sich ein Staatsmann fände mit der Macht eines amerikanischen Präsidenten, mit der Weisheit eines Maximilian I., könnte er einen neuen Ewigen Landfrieden erreichen. Eine Antigewaltrechtsordnung, die nicht nur, wie die UN-Charta, Gewalt zwischen Staaten einem strengen Regiment unterwirft, sondern Verbindlichkeit entfaltet für die Auseinandersetzung mit gewalttätigen Menschen zwischen Kriegsrecht und Polizeirecht.
    Es geht um die Befriedung jenes Stückchens Niemandsland zwischen innerer Rechtsordnung und Kriegsrecht: In jenem Bereich treibt sich Osama Bin Laden herum, dieser Bereich ist der Rückzugsraum des transnationalen Terrorismus. Man erkennt ihn erst, nachdem man innere und äußere Sicherheit sorgfältig voneinander geschieden hat. Diesen Bereich zu befrieden, braucht es ein Recht der Gefahrenabwehr, das erlaubt, was nationales Polizeirecht und Strafrecht auch des mächtigsten Staates nicht können: unrechtmäßige Gewalt außerhalb des Einzugsbereichs begrenzter staatlicher Rechtsordnungen zu verhindern und zu verfolgen. Ein Antigewaltrecht, das die ganze Erde als Regelungsbereich einer inneren Weltsicherheit ansieht, müsste sich gar nicht so sehr vom klassischen Recht der Staaten unterscheiden. Auch ein solches Recht müsste wohl über Instrumente verfügen, die wir aus dem Kriegsrecht kennen- die vorbeugende Inhaftierung von Gewalttätern etwa, unter Umständen sogar ein Tötungsrecht, das über die Fälle reiner Nothilfe hinausgeht. Aber wenn es möglich wäre, die Ursachen jeder Bedrohung ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen genau dort anzugreifen, wo sie auftreten und am wirksamsten angreifbar sind, wären viele neue Wunderwaffen der Terrorismusabwehr überflüssig. Und auch die schärfsten Instrumente einer Ordnungsmacht sind rechtsstaatlich zu beherrschen, wenn ihre Anwendung vor Ort an manifeste Umstände der besorgniserregenden Art geknüpft ist. Die Notwendigkeit, im Nebel vager Verdächtigungen zu operieren, würde weniger drängend - und damit die Besorgnis der Bürger, es könnte ihnen ergehen wie Kafkas Josef K.

    Eine Polizeimacht, die ein solches Weltrecht zur Verfügung hätte, wäre nicht darauf angewiesen, die Rechtsgrundlagen ihres Handelns so weit zu verbiegen, dass sie ins Intimste ihrer Bürger hineinspionieren kann, um herauszubekommen, ob diese wohl irgendwann einmal etwas Terroristisches tun oder etwa mit bösen »Absichten« Auslandsreisen antreten. Sie müsste, um außerhalb staatlicher Grenzen tätig zu werden, ihr Auftreten nicht als militärischen Einsatz tarnen und ihn der Nato überlassen, die mit ihren dicken Fingern nicht zur Rechtsdurchsetzung taugt, sondern nur zum Kriegführen. Sie würde sich nicht ständig den Vorwurf einhandeln, bei der Terrorjagd in die Souveränität anderer Staaten einzugreifen, denn sie könnte sich auf rechtliche Handlungsgrundlagen stützen, die ein grenzüberschreitendes Agieren erlauben würden - Aktionen des Rechts, nicht der Krieges.
    Eine supranationale Polizeimacht wäre eine Instanz nach dem Modell des Reichskammergerichts: Juristen an der Spitze, nicht Politiker und nicht Generäle. Es müsste sich um ein »Weltinnenrecht« handeln, das sich deutlich von dem gegenwärtigen Recht der Antiterrorsanktionen des Sicherheitsrats unterscheidet. Dessen rechtsstaatliche Zügellosigkeit weckt bei Völkerrechtlern wie Kreß die »Assoziation des Wirtschaftskrieges«. Es soll um Recht gehen, nicht um Krieg. Die Vollstrecker des Weltrechts sollen keine Politik machen, sondern den Frieden bewahren, den Rechtsfrieden. Sie sind Inhaber eines rechtlich gesteuerten Gewaltmonopols für jenen verminten Freiraum, der sich aus der Draufsicht auf die Staatengemeinschaft nicht als Todesstreifen zwischen innerer und äußerer Sicherheit, sondern als bislang unzureichend geregelter Graubereich der Überschneidung von Regelungsräumen verschiedener Staaten darstellt. Des einen Staates Außenwelt ist in der Regel die Innenwelt eines
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