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Der gläserne Schrein (German Edition)

Der gläserne Schrein (German Edition)

Titel: Der gläserne Schrein (German Edition)
Autoren: Petra Schier
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Christophorus trat vorsichtig durch das Portal nach draußen und blickte sich um. Der falsche Bettler und Handlanger der Verschwörer war nirgendwo zu sehen. Ratlos machte Christophorus ein paar Schritte in Richtung Kaxhof und überlegte, ob er Eldrad und Bartholomäus folgen sollte, um sicherzugehen, dass der Inquisitor bloßgestellt wurde. Andererseits war es wichtiger, Marysa aus den Fängen dieser Männer zu befreien. Kaum hatte er den Gedanken zu Ende gedacht, als er ein Geräusch hinter sich hörte und im nächsten Moment die Spitze eines Dolches im Rücken spürte.
    «Na was, so ein Zufall», raunte Barnabas ihm von hinten zu. «Habe ich doch richtig gesehen. Ihr habt uns belauscht, Bruder Christophorus. Das war kein schöner Zug von Euch. Folgt mir.»
***
    Vom Pferderücken aus hatte Bernát Kozarac einen guten Überblick über den Kaxhof, der an diesem Morgen von den unterschiedlichsten Menschen bevölkert wurde. Augustinermönche standen in kleinen Grüppchen herum und disputierten, zwei Knechte schoben einen hoch beladenen Holzkarren vor sich her, Gassenjungen rannten umher, und zwei Waschfrauen schleppten einen großen Korb voll Wäsche zwischen sich; offenbar waren sie auf dem Weg zum Waschbrunnen in der St.-Jakob-Straße.
    Bernát überlegte, wo er noch weiter nach Marysa suchen sollte, nachdem er und seine Knechte bereits fast die gesamte Stadt durchkämmt hatten. Während er sich ratlos umsah, erregten zwei Mönche, ein Augustiner und ein Dominikaner, seine Aufmerksamkeit, als sie aus dem Domportal traten und dann mit schnellen Schritten in Richtung Rathaus strebten.
***
    Barnabas führte Christophorus durch eine Seitengasse in die St.-Jakob-Straße, am Dominikanerkonvent vorbei bis zum Kloster der Weißen Frauen, das am Abzweig zur Klappergasse lag. Vor dort aus betraten sie eine weitere schmale Gasse, die fast bis zum inneren Ring der Stadtmauer führte und dort in Richtung Pontstraße abbog.
    War die Bebauung in der engen Gasse eher ärmlich, so wechselte dieser Eindruck abrupt, als sie die breite Straße erreichten, die auf das Ponttor zuführte. Hier gab es einige Patrizierhäuser und größere Höfe; in einen von ihnen schob Barnabas Christophorus hinein.
***
    «Es freut mich sehr, dass Ihr unserer Einladung so rasch gefolgt seid, Bruder Eldrad», sagte Reimar van Eupen, der Meister des Aachener Schöffenkollegs, als der Inquisitor den Versammlungssaal in der Acht betrat.
    Bruder Eldrad nickte ihm freundlich zu und lächelte. «Wenn ich Euch in irgendeiner Angelegenheit behilflich sein kann, stehe ich gerne zu Eurer Verfügung.»
    «Das höre ich gerne», antwortete van Eupen. «Tatsächlich ist Eure Aussage in dieser Angelegenheit von immenser Wichtigkeit.» Er gab einem der Schreiber, der schräg hinter Eldrad stand, ein Zeichen. Im nächsten Moment schloss sich deutlich vernehmbar die Tür.
    Irritiert blickte Eldrad sich um. «Was soll das?»
    Van Eupen verschränkte die Arme vor der Brust, blickte sich kurz im Kreise der anwesenden Schöffen um und trat einen Schritt vor. «Bruder Eldrad, Ihr seid angeklagt, Euch mit Wilhelm von Berg gegen unseren durch Gottes Gnade eingesetzten und hochverehrten König Sigismund verschworen zu haben.»
    Eldrad wurde blass. «Seid Ihr von Sinnen? Wie könnt Ihr es wagen, mir Derartiges zu unterstellen? Das ist eine infame Anschuldigung!»
    «Infam, in der Tat», sprach nun eine andere, näselnde Stimme. «Aber deshalb nicht weniger wahr.»
    Eldrads Blick irrte durch den Raum und suchte den Sprecher, dann wurde er noch eine Spur blasser, als er ihn erkannte. «Bruder Jacobus?»
    Der Baumeister trat aus den Reihen der Schöffen vor und stellte sich neben van Eupen. Heute trug er nicht die Kutte der Augustiner, sondern wie Eldrad die der Dominikaner. «Ich beobachte Euch schon seit längerer Zeit», sagte er ruhig. «Wir wussten, dass der Bischof etwas im Schilde führt und dass Ihr, Bruder Eldrad, zu seinen Vertrauten gehört.»
    «Wir?» Eldrads Brauen zogen sich fragend zusammen.
    Jacobus nickte. «Dietrich von Moers, der, wie Ihr wisst, ein guter Freund des Königs ist, bat mich, Euch im Auge zu behalten, da zu befürchten stand, dass Ihr alles versuchen würdet, Wilhelm das Erzbistum Köln zu sichern.»
    «Welches auch nur ihm allein zusteht», begehrte Eldrad auf.
    Jacobus schüttelte lächelnd den Kopf. «Zunächst einmal steht es dem jetzigen Erzbischof, Seiner Exzellenz Friedrich   III. von Saarwerden, zu. Aber nachdem Euch ja bekannt sein dürfte,
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