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Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Titel: Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik
Autoren: Abdallah Frangi
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Wahlen voranzutreiben. Die Wahlkampagne, mit der ich in Gaza begonnen hatte, wurde jetzt also im Westjordanland fortgeführt. Niemand anders als mein alter Freund Hani Hassan leitete sie – und stieß dabei auf ebenso viel Ablehnung wie ich zuvor im Gazastreifen.
    Was mich selbst angeht – Enttäuschung und Verbitterung hatten mich in einen Zustand tiefer Niedergeschlagenheit versetzt, und so traf ich in der Nacht des 14. Mai 2007 in Ramallah ein – als Vertriebener im eigenen Land, womöglich als Persona non grata in der eigenen Partei. Die Aussicht, Gaza auf unabsehbare Zeit nicht mehr betreten zu können, war mir unerträglich, und die damit verbundene Vorstellung, ebenso lange nach Ramallah verbannt zu sein, war nicht gerade tröstlich. Sicher, Ramallah hatte sich von der Verwüstung durch die israelische Armee rasch erholt, war eine Stadt im Aufbruch und Aufbau, doch das planlos über das steinige Hügelland nördlich von Jerusalem gewürfelte Häusermeer fernab der Küste hatte für mich wenig Einladendes. Meine Zwei-Zimmer-Wohnung in Ramallah blieb immer ein Provisorium.
    Gleichwohl lebte ich bald wieder auf. Nach einer Aussprache mit Präsident Abbas und dem Zentralkomitee wurde ich zum Vorsitzenden der Abteilung für internationale Beziehungen ernannt und war damit für die Außenpolitik der Fatah zuständig, eine Position, die Hani lange Zeit innegehabt hatte. Und noch einmal konnte ich meinem Steckenpferd frönen, Hässliches in Schönes zu verwandeln. Das Büro, das mir zugewiesen wurde, entpuppte sich als düsteres Loch, aber im selben Haus gab es eine Souterrainwohnung mit Hof und Garten, ebenfalls in einem furchtbaren Zustand, mit altem Gerümpel vollgestellt, doch vielversprechend. Dreißig Studenten machten sich darüber her, und als sie den Teppichboden herausrissen, kam ein wunderschöner palästinensischer Marmorboden zum Vorschein. Mithilfe eines Architekten verwandelten wir diese Abstellkammern in gediegene Büroräume,
deren Wände ich mit Gemälden deutscher und palästinensischer Künstler schmückte.
    Jetzt ließ sich hier arbeiten, und das taten wir. Ich engagierte neunundzwanzig Freiwillige, alles Palästinenser, die im Ausland studiert hatten, sodass wir in unserer Abteilung über einen außerordentlichen Sprachenreichtum verfügten, und in den nächsten zwei Jahren bereisten wir sämtliche Länder, die Palästina unterstützten: Südafrika, Deutschland, Frankreich, China, Belgien, Malaisia – manche Delegation wurde sogar von diesen freiwilligen Mitarbeitern geleitet. Unsere Arbeit gipfelte 2009 in der Vorbereitung des ersten Parteitags der Fatah seit 1989.
    Mir lag daran, die bisherige politische Arbeit von Präsident Abbas durch einen Fatah-Kongress auf dem Boden Palästinas zu krönen – am besten in Bethlehem. Ich konnte mir dabei des Einverständnisses von Abu Mazen sicher sein, doch die Mehrheit des Zentralkomitees sowie der Bevölkerung war dagegen. Ihr Argument lautete: Keine Konferenz unter den Augen der israelischen Besatzungsarmee! Gerade deswegen, hielt ich diesen Kritikern entgegen – vor ihren Nasen, vor ihren Augen! Und Bethlehem wäre der ideale Ort für eine solche Demonstration unseres Selbstbewusstseins. Welche Partei dieser Erde erhält schon die Chance, ihren Parteitag am Geburtsort Jesu Christi abzuhalten?
    Am 4. August 2009 versammelten sich in Bethlehem 2700 Parteimitglieder und 139 Gäste aus dem Ausland – keine arabische Partei hatte jemals eine derartige internationale Resonanz gefunden wie wir, und für jede ausländische Delegation konnten wir wenigstens einen Betreuer aufbieten, der ihr Herkunftsland kannte und ihre Sprache beherrschte. Nicht weniger beispielhaft war die Organisation dieses Parteitags: Wir hatten allen Gästen Hotelzimmer besorgt und Autos bereitgestellt, und selbst für Begleitung zu den Flughäfen von Tel Aviv und Amman war gesorgt. Für mich endete der Kongress trotzdem
mit einer Enttäuschung. Am zweiten Tag fanden die Neuwahlen zum Zentralkomitee statt, und gegen Mitternacht sickerte durch, dass ich es nicht geschafft hatte.
    Was hatte ich falsch gemacht? Wahrscheinlich hätte ich mir mehr Zeit für meine Kritiker nehmen sollen. Ich hatte es unter meiner Würde gefunden, auf Dahlans absurde Unterstellungen einzugehen, der die alten, seit meiner Freilassung aus israelischer Gefangenschaft kursierenden Vorwürfe wieder aufgewärmt und eine regelrechte Internetkampagne gegen mich inszeniert hatte, und viele hatten mir mein
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