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Der Geheimnisvolle Eremit

Der Geheimnisvolle Eremit

Titel: Der Geheimnisvolle Eremit
Autoren: Ellis Peters
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»Er war der einzige Gast hier, der mich nichts zu fragen hatte, und ich war dankbar dafür, da ich mit den Bosiets alle Hände voll zu tun hatte. Was hat Rafe von Coventry getan, daß Ihr oder ich zögern solltet, ihn fortzulassen?«
    »Er hat Cuthred getötet. In einem fairen Kampf. Er legte sein Schwert ab, weil Cuthred keines hatte. Dolch gegen Dolch kämpfte er mit ihm und tötete ihn.« Hugh hatte kein Wort gesagt, er hatte nur den Kopf einen Moment herumgedreht und mit durchdringendem Blick Cadfaels Gesicht gemustert. Er wartete. »Aus einem guten Grund«, fuhr Cadfael fort. »Ihr habt sicher die Geschichte über den Boten der Kaiserin gehört, der, kurz bevor König Stephen seinen eisernen Ring um die Burg legte, nach Oxford geschickt wurde. Geschickt mit Geld und Schmuck und einem Brief für Brian FitzCount, der von der Kaiserin abgeschnitten in Wallingford saß. Und Ihr erinnert Euch, daß sein Pferd in der Nähe der Straße herrenlos im Wald streunte, das Geschirr blutbefleckt, die Satteltaschen geleert.
    Die Leiche wurde nie gefunden; in der Nähe fließt die Themse, und in den Wäldern ist genug Platz für ein Grab. So wurde dem Herrn von Wallingford der Schatz der Kaiserin geraubt. Er hat sich für sie ohne Murren in große Unkosten gestürzt, aber seine Garnison muß essen. Und zusammen mit allem anderen wurde auch der für ihn bestimmte Brief gestohlen. Rafe de Genville ist ein Vasall, ergebener Freund von Brian FitzCount und ein treuer Lehnsmann der Kaiserin und wollte dieses Verbrechen nicht ungesühnt lassen. Ich habe ihn nicht gefragt, welche Spuren er unterwegs fand, die ihn in unsere Grafschaft brachten, aber jedenfalls kam er hierher. Am Tag, als er eintraf, begegnete ich ihm in den Ställen, und zufällig erwähnte ich, daß Drogo Bosiet tot in der Friedhofskapelle lag. Ich weiß noch, daß ich Bosiets Namen nicht genannt hatte, aber wahrscheinlich hätte er ohnehin getan, was er dann tat, denn einen Namen kann man wechseln. Er ging sofort los, um den toten Mann anzusehen, doch ein Blick, und er hatte sein Interesse an ihm verloren. Er suchte offenbar jemand, einen Gast, einen Fremden, einen Reisenden, aber es war nicht Bosiet. Auch an einem zwanzigjährigen Jungen wie Hyacinth war er nicht interessiert. Es mußte ein Mann seines Alters und seines Standes sein. Er hatte gewiß von Frau Dionisias heiligem Mann gehört, doch einen Priester und Pilger, der Gelübde abgelegt hat und über jeden Verdacht erhaben ist, konnte er sofort ausschließen. Aber dann hörte er den jungen Richard herausbrüllen, daß der Einsiedler gar kein Priester, sondern ein Betrüger sei. Ich sah mich danach nach Rafe um, aber er war mit seinem Pferd verschwunden. Er suchte einen Schwindler und Betrüger. Und er fand ihn, Hugh, in dieser Nacht in der Einsiedelei. Er fand ihn, kämpfte mit ihm und tötete ihn. Und er nahm alles zurück, was der andere gestohlen hatte: den Schmuck und die Münzen aus der Kiste auf dem Altar und das Brevier, das der Kaiserin gehörte und das benutzt wurde, um Briefe zwischen ihr und FitzCount zu schmuggeln, wenn sie getrennt waren. Ihr erinnert Euch, daß Cuthreds Dolch blutig war. Ich habe Rafe de Genvilles Wunde verbunden und dadurch sein Vertrauen gewonnen, und jetzt schenke ich Euch mein Vertrauen, nachdem ich ihm alles gute für den Rückweg nach Wallingford gewünscht habe.«
    Cadfael lehnte sich mit einem tiefen, dankbaren Seufzen zurück und lehnte den Kopf an die rauhen Steine der Mauer.
    Ein langes, aber entspanntes Schweigen senkte sich über sie.
    Schließlich fragte Hugh: »Woher wußtet Ihr, was er wollte? Ihr müßt Euch öfter als nur dieses eine Mal gesehen haben, wenn er Euch in seine Geheimnisse einweihte. Er sprach wenig, er jagte allein. Was ist geschehen, daß Ihr so nahe an ihn herangekommen seid?«
    »Ich war zugegen, als er einige Münzen in unseren Almosenkasten warf. Eine fiel auf den Boden, und ich hob sie auf. Es war ein Silbergroschen der Kaiserin, erst vor kurzem in Oxford geprägt. Er machte kein Geheimnis daraus. Ob ich mich nicht wunderte, fragte er, was ein Lehnsmann der Kaiserin so weit vom Schlachtfeld entfernt zu suchen hätte? Und ich gab einen Schuß ins Blaue ab und sagte, daß er sehr wohl nach dem Mörder suchen könnte, der Renaud Bourchier auf der Straße nach Wallingford beraubt und erschlagen hatte.«
    »Und er gab es zu?« fragte Hugh.
    »Nein. Er sagte, es sei nicht so. Es sei ein guter Gedanke, räumte er ein, und er wünschte fast, es
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