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Der geduldige Tod (German Edition)

Der geduldige Tod (German Edition)

Titel: Der geduldige Tod (German Edition)
Autoren: Helke Böttger
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Autorahmen und presste den Kolben nach unten, so dass sich der Inhalt der Spritze in das Fleisch der Sängerin ergoss.
    Doch sie reagierte gewandter als erwartet. Sie war nicht wie alle anderen. Sie wehrte sich viel zu schnell, viel zu heftig. Sie kämpfte mit allen ihr zur Verfügung stehenden Kräften gegen ihn. Ihre Finger suchten sein Gesicht, zerkratzten die Haut. Er spürte es kaum.
    Er drückte sie ins Auto, würde damit wegfahren, um sämtliche Spuren zu beseitigen. Doch sie wurde noch nicht schwächer. Sie stieß ihn von sich, wand sich und strampelte. Ihre Hände schlugen gegen sein Gesicht und seine Brust. Auch das spürte er kaum.
    Er musste aufpassen, dass sie sich ihre Hände nicht verletzte. Gewandt griff er nach ihrem Arm, hielt ihn fest.
    Er merkte, wie sie endlich schwächer wurde. Sie besaß nicht mehr die volle Kraft, um sich zu wehren. Ihre Bewegungen verlangsamten sich, wurden weicher. Bald hatte er sie soweit. Doch noch war sie nicht ganz wehrlos. Mit voller Wucht rammte sie ihm ihr Knie in den Schritt. Das spürte er.
    Er stöhnte. Dabei lockerte sich sein Griff um ihren Arm. Wieder begann sie, sich zu wehren, zu winden und an ihrem lächerlichen Leben festzuhalten. Doch es war nur noch ein ohnmächtiges Aufbäumen. Die Spritze wirkte. Sie schrie, doch es klang eher wie das leise Krächzen einer Krähe. Mühsam raffte er sich auf, um ihren letzten Widerstand zu brechen. Sein Geschlecht schmerzte, ihm war, als sähe er einen Sternenreigen in der Nacht tanzen. Doch er biss die Zähne zusammen. Ihm blieb nicht mehr viel Zeit. In der Ferne konnte er bereits die Sirene des Polizeiwagens hören. Vermutlich hatte der Diensthabende die Geräusche des Kampfes mitgehört, und da sich niemand gemeldet hatte, befand sich jetzt eine Streife auf dem Weg zu dem Ort, von dem das Signal des Handys kam. Sie würden ihm den Weg abschneiden. Leise fluchte er. Das brachte seinen wohlüberlegten Plan zum Scheitern.
    Doch er riss sich zusammen. Dann musste es eben eine Planänderung geben. Er brauchte ihre Hände unbedingt.
    Sie lag reglos auf dem Autositz. Ihre Augen starrten ihn flehend an, aus den Augenwinkeln liefen lautlose Tränen.
    Er musste sich beeilen. Das Skalpell befand sich in der anderen Manteltasche. Vorsichtig holte er es hervor, noch immer abgelenkt vom Schmerz in seinem Schritt, der pochte und quälte und seine Sinne betäubte.
    Er nahm die Klinge aus ihrer Hülle. Das Metall glänzte im Licht der Straßenlaterne, es war so klar und hell, dass er sein Abbild darin erkennen konnte.
    Die Sirenen kamen näher. Schnell jetzt!
    Er nahm das Skalpell und setzte es am linken Handgelenk der Frau an. Er wusste genau, wo er schneiden musste, er hatte es schon oft geübt. Den Knochen würde er so einfach nicht durchtrennen können, dafür musste er Gewalt anwenden. Aber das Fleisch würde er fein säuberlich schneiden.
    Er begann den Schnitt. Blut tropfte auf den Boden, zuerst wenig, dann floss es in Strömen. Er hörte das Schnappen der Sehnen, als er sie durchtrennte. Die Augen der Frau starrten ins Leere, doch ihm schien, als würde in ihrem Blick das blanke Entsetzen liegen. Das hatte er ihr eigentlich ersparen wollen, indem er die Operation an einem sicheren Ort durchführte, aber durch ihren Widerstand hatte sie es herausgefordert. Der Knochen lag frei, jetzt begann der schwierige Teil. Er musste ihn brechen. Darauf war er nicht vorbereitet. Er war davon ausgegangen, dass er sie in sein Versteck bringen und die Prozedur in Ruhe mit seinen Geräten durchführen konnte. Eine Freiluftoperation hatte er nicht geplant. Fieberhaft überlegte er, wie er die Hand vom Arm trennen konnte. Eilig lief er zum Kofferraum. Vielleicht besaß sie Werkzeug, das er benutzen konnte? Der Kofferraum war leer. Die Polizeisirenen kamen immer näher. Es klang, als seien sie nur noch wenige Meter entfernt.
    Hastig kehrte er zu der Frau zurück, nahm ihr blutiges Handgelenk und legte es über sein Knie. Dann wandte er seine ganze Kraft auf, um es wie ein Stück Holz zu brechen. Er glaubte, ein Stöhnen zu hören. Aber es konnte auch das Nachgeben des Autositzes gewesen sein. Oder ein Geräusch ihres willenlosen Körpers. Der Knochen brach nicht.
    Schweiß lief über sein Gesicht. Er brauchte die Hände! Vielleicht gelang es ihm mit der anderen. Mit dem Skalpell zerschnitt er hastig Haut und Fleisch der rechten Hand. Der Schnitt gelang ihm längst nicht so sauber und ordentlich wie beim ersten Mal, aber darauf konnte er keine
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