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Der fröhliche Frauenhasser: Dr. Siri ermittelt (German Edition)

Der fröhliche Frauenhasser: Dr. Siri ermittelt (German Edition)

Titel: Der fröhliche Frauenhasser: Dr. Siri ermittelt (German Edition)
Autoren: Colin Cotterill
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wenn man auch Fünfziger nehmen kann? Der Schweiß quoll mir aus allen Poren, trotzdem gelang es mir, ein winziges Loch in das Metall zu schlagen. Ich war noch nicht fertig, als ich das erste Mal ohnmächtig wurde. Und glaub mir, Civilai, dieses stecknadelgroße Loch hat mir das Leben gerettet. Als ich wieder zu mir kam, hatte ich keine Ahnung, wo ich war. Der Laster stand, und draußen war es still. Zwar hatte ich Angst, dass mich jemand hören könnte, aber ich brauchte unbedingt mehr Luft. Mit der Spitze einer Feile erweiterte ich die Öffnung. Nach einer Stunde hatte sie die Größe eines Nasenlochs, und ich konnte hindurchschauen. Draußen war es dunkel. Der Wagen stand in einem Dorf, am Straßenrand. Es war niemand zu sehen. Ich konnte an nichts anderes mehr denken, als dass Phan womöglich im Begriff war, sein nächstes Opfer zu ermorden, während ich in dieser verfluchten Kiste festsaß.
    Ich wollte eben um Hilfe rufen, auch wenn ich so Gefahr lief, dass er mich entdeckte, als ich plötzlich Musik hörte. Diverse Bambusinstrumente und ein kleiner Chor von ohrenscheinlich betrunkenen Sängern. Die Musik kam näher. Ich raffte die Bodenplane um mich, falls jemand die Kiste öffnete. Zugegeben, eine nicht gerade logische Reaktion, aber zu diesem Zeitpunkt litt ich bereits an erheblichem Sauerstoffmangel, also erwarte keinen Geniestreich.«
    »Nichts läge mir ferner als das. Weißt du was? Ich wünschte, wir hätten ein Lagerfeuer und eine ordentliche Flasche Whisky, dann wäre das eine deiner besten Räuberpistolen.«
    »Was nicht ist, kann ja noch werden. Wart’s ab. Diese Geschichte hat das Zeug zur Heiligenlegende. Wo war ich stehen geblieben?«
    »Bei der gerafften Bodenplane.«
    »Ach ja. Ich hatte mir also die Bodenplane über den Kopf gezogen, bekam deshalb keine Luft und wurde zum zweiten Mal ohnmächtig. Und diesmal hatte ich nicht den geringsten Zweifel, dass ich endgültig hinüber war. Während ich die schwarzen Motten abwehrte, versuchte ich, die Geister herbeizurufen: meine Mutter, meinen toten Hund, ja sogar die Schwangere mit den Würmern, Hauptsache, jemand kam mir zu Hilfe. Ohne Erfolg. Immer dann, wenn man einen guten Geist gebrauchen konnte, ist keiner zur Stelle. Da plötzlich wurde der Kistendeckel aufgerissen, und ich sah echte Sterne. Ich sah, wie Phan zu mir herunterschaute. Vom Sauerstoffmangel war mir ganz schwindlig, Phan war nur eine verschwommene Silhouette, aber wenn ich ihn sah, musste er mich doch auch sehen können. Irrtum. In der Kiste war es dunkel, und er hatte es eilig. Er griff hinein, schnappte sich irgendetwas – vermutlich die Reisetasche –, und dann war er auch schon wieder weg.
    Ich war verwirrt, und mir war schlecht. Ich japste wie ein Fisch auf dem Trockenen, aber die kühle Nachtluft tat mir gut, und nach einer Weile hatte ich einen halbwegs klaren Kopf. Bilder und Geräusche stürmten auf mich ein: Schritte, das Heulen des Motors, eine Fahrt durch dichtes Unterholz, Stille, ein Gespräch in der Ferne. Ich versuchte aus der Kiste zu klettern, aber dazu fehlte mir die Kraft.«
    »Wohin war er gegangen?«
    »Er war von der Straße abgebogen und ein Stück in den Wald hineingefahren. Im Grunde meines Herzens wusste ich, dass er hier sein nächstes Opfer umbringen würde, aber ich sah nach wie vor nur weiße Flecken. Ich hätte wahrscheinlich noch einmal das Bewusstsein verloren, wenn der Knall nicht gewesen wäre. Inzwischen weiß ich, dass es der Champagnerkorken war, aber in meinem Dschumm hielt ich es für das Geräusch eines brechenden Knochens. Der kleine Adrenalinstoß katapultierte mich förmlich aus der Kiste und von der Ladefläche herunter. Ich war mir hundertprozentig sicher, dass er mich gehört hatte, aber nein. Ich weiß nicht mehr, wie er dorthin kam, aber plötzlich hielt ich einen riesigen Schraubenschlüssel in der Hand. Ich wankte auf ein Licht zu. Er hatte eine Art Liebesnest unter freiem Himmel hergerichtet, mit einer Decke und Kerzen. Ich dachte, das schaffe ich nie, aber dann sah ich, dass er sie überwältigt hatte und ihr gewaltsam etwas einflößen wollte. Er zerschmetterte ein Glas und fuchtelte ihr mit einer Scherbe vor dem Gesicht herum. Ich wusste, dass er sie benutzen würde.«
    »Also hast du ihm den Schraubenschlüssel über den Schädel gezogen und das Schwein erledigt«, rief Civilai und stieß ein lautes »Juchhu!« hervor, womit er einen schnurrnasigen Otter aufscheuchte, der neben ihnen im hohen Gras gelegen hatte. Siri senkte
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