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Der Frauenkrieg (German Edition)

Der Frauenkrieg (German Edition)

Titel: Der Frauenkrieg (German Edition)
Autoren: Alexandre Dumas (der Ältere)
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Freundin, Ihr erschreckt mich. Was sagt Ihr denn?«
    »Ich sage, daß Ihr ihn getötet habt. Begreift Ihr nicht, Herr Herzog? Wißt Ihr nicht, daß er Kriegsgefangener ist, daß er Kapitän, daß er Gouverneur war, daß er dieselben Titel und denselben Grad hatte, wie der arme Richon, und daß die Bordolesen an ihm den Tod dessen rächen werden, den Ihr habt ermorden lassen; denn sagt, was Ihr wollt, es ist doch ein reiner Mord.«
    Durch diese Worte, durch das Feuer ihrer funkelnden Blicke, durch die fieberhafte energische Gebärde ganz aus der Fassung gebracht, wich der Herzog erbleichend zurück und rief: »Oh! das ist wahr! das ist wahr; der arme Canolles, ich hatte es ganz vergessen.«
    »Mein armer Bruder,« rief Nanon, glücklich, ihren Gefühlen freien Lauf lassen zu können, indem sie ihrem Geliebten den Titel gab, unter dem Herr von Epernon ihn kannte.
    »Bei Gott, Ihr habt recht, und ich bin ein Mann ohne Gehirn. Wie zum Teufel konnte ich unsern armen Freund vergessen! Aber noch ist keine Zeit verloren; zu dieser Stunde kann die Nachricht kaum nach Bordeaux gelangt sein; bis man sich dann versammelt, Gericht gehalten hat... Verlaßt Euch auf mich.«
    »Oh!« rief Nanon, indem sie sich zu erheben suchte, »er wird nicht sterben, und wenn ich selbst nach Bordeaux gehen und mich statt seiner ausliefern müßte.«
    »Seid ruhig, meine liebe Nanon, das ist meine Sache. Ich habe das Schlimme getan, und werde es gut machen, so wahr ich ein Edelmann bin. Die Königin hat noch einige Freunde in der Stadt; seid also unbesorgt.«
    Der Herzog leistete dieses Versprechen aus dem Grunde seines Herzens.
    Nanon las in seinen Augen den Entschluß, die Offenherzigkeit und besonders den Willen; sie wurde von einer solchen Freude erfaßt, daß sie, die Hände des Herzogs ergreifend und ihre feurigen Lippen darauf drückend, ausrief: »Oh! Monseigneur, wie werde ich Euch lieben, wenn Euch das gelingt!«
    Der Herzog fühlte sich bis zu Tränen gerührt; es. war das erstemal, daß Nanon so liebevoll und so verheißungsvoll zu ihm sprach.
    Er versicherte Nanon abermals, daß sie nichts zu befürchten habe, entfernte sich sodann aus ihrem Zimmer, ließ einen von seinen Dienern kommen, dessen Geschicklichkeit und Treue ihm bekannt waren, befahl ihm, sich nach Bordeaux zu begeben, in die Stadt zu dringen, und müßte er die Wälle mit Sturmleitern ersteigen, und dem Advokaten Lavie folgende eigenhändig von ihm geschriebene Note zu übergeben:
    »Verhindern, daß Herrn von Canolles, Kapitän, Platzkommandanten im Dienste Seiner Majestät, irgend etwas Mißliches widerfährt.
    »Wenn dieser Offizier verhaftet ist, wie man annehmen muß, ihn durch alle erdenklichen Mittel befreien; die Wächter durch alles Gold, das sie verlangen mögen, bestechen, bis auf hunderttausend Taler, bis auf eine Million gehen, wenn es sein muß, und das Wort des Herzogs von Epernon für die Oberaufsicht eines königlichen Schlosses verpfänden.
    »Scheitert die Bestechung, Gewalt versuchen; vor nichts zurückweichen: Brand, Mord, alles wird entschuldigt.
    »Signalement:
    »Wuchs hoch, Augen braun, Nase gekrümmt. Im Falle eines Zweifels, fragen: ›Seid Ihr Nanons Bruder?‹
    » Schnell handeln; es ist keine Minute zu verlieren.«
    Der Bote ging ab. Drei Stunden nachher war er in Bordeaux. Er trat in einen Pachthof, vertauschte seine Kleider mit einem leinenen Bauernkittel und drang, einen Wagen voll Mehl führend, in die Stadt.
    Lavie erhielt den Brief eine Stunde nach der Entscheidung des Kriegsrates. Er ließ sich das Tor des befestigten Schlosses öffnen, sprach mit dem Kerkermeister, bot ihm zwanzigtausend Livres, die dieser ausschlug, dann dreißigtausend Livres, die er abermals ausschlug, und endlich vierzigtausend Livres, die er annahm.
    Man weiß, wie Cauvignac vielleicht in der einzigen Regung des Edelmutes, die er in seinem ganzen Leben, gehabt hatte, sich als Nanons Bruder bekannte und zu seinem großen Erstaunen die Freiheit erlangte. Er wurde auf einem raschen Rosse nach dem Dorfe Saint-Loubès fortgetragen, das den Epernonisten gehörte. Hier fand man einen Boten des Herzogs, der dem Flüchtling entgegengeritten war.
    »Ist er gerettet!« rief er, sich an den Anführer der Eskorte wendend, die Cauvignac geleitete.
    »Ja,« rief dieser, »wir bringen ihn.«
    Mehr verlangte der Bote nicht; er wandte sein Pferd um und jagte schnell wie ein Meteor in der Richtung von Libourne fort. Anderthalb Stunden nachher stürzte das Roß an dem Tore der
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