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Der Feind

Titel: Der Feind
Autoren: Vince Flynn
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des Mannes reagieren würden, aber das ändert trotzdem nichts daran, dass der Vorfall jede Menge Staub in der politischen Öffentlichkeit aufwirbeln würde.«
    Rapp wollte nicht über die politische Seite der Angelegenheit diskutieren, weil die Argumente aus diesem Blickwinkel eher gegen sein Vorhaben sprachen. »Hör mal … es ist schon schlimm genug, wenn diese religiösen Fanatiker drüben in Saudi-Arabien und Pakistan aktiv sind, aber hier in Nordamerika können wir das nicht zulassen. Um ganz ehrlich zu sein, ich hoffe sogar, dass die Medien darüber berichten, damit all die anderen Eiferer mitbekommen, dass wir ab jetzt Nägel mit Köpfen machen. Irene, wir stecken mitten in einem Krieg, und wir müssen langsam anfangen, dementsprechend zu handeln.«
    Widerstrebend musste sie ihm recht geben. »Wie willst du es anstellen?«, fragte sie schließlich resignierend.
    »Colemans Team ist schon seit sechs Tagen auf dem Posten und beobachtet ihn. Der Kerl funktioniert wie ein Uhrwerk. Es gibt keine nennenswerten Sicherheitsvorkehrungen. Wir können ihn entweder auf der Straße erledigen, was natürlich bedeutet, dass es auch jemanden treffen würde, der vielleicht bei ihm ist. Wir könnten ihn aber auch mit einem schallgedämpften Gewehr aus ein oder zwei Blocks Entfernung ausschalten. Ich persönlich bin für einen gezielten Schuss aus der Ferne. Wenn der richtige Mann am Abzug sitzt, stehen die Chancen genauso gut wie aus der Nähe, und die Sache wäre bedeutend sicherer.«
    Nachdenklich blickte sie auf die Akte hinunter. »Könnt ihr ihn auch verschwinden lassen?«, fragte sie schließlich.
    »Mit genügend Zeit, Geld und Personal lässt sich alles machen, aber warum sollten wir es uns schwerer machen als nötig?«
    »Das Aufsehen in der Öffentlichkeit wäre viel geringer, wenn die Medien keine Leiche hätten, die sie fotografieren können.«
    »Ich kann nichts versprechen, aber ich werde sehen, was sich machen lässt.«
    Irene Kennedy nickte bedächtig. »Also gut. Regel Nummer eins, Mitch: Lass dich nicht erwischen.«
    »Das versteht sich von selbst. Ich halte viel von Selbsterhaltung.«
    »Ich weiß … ich wollte nur sagen, wenn ihr irgendwie dafür sorgen könnt, dass er nie gefunden wird, wäre das sicher hilfreich.«
    »Alles klar«, sagte Rapp und nahm die Akte wieder an sich. »Sonst noch was?«
    »Ja. Wenn du zurück bist, möchte ich, dass du dich mit jemandem triffst. Zwei Leute, genau gesagt.«
    »Mit wem?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Die Einzelheiten erfährst du, wenn du wieder da bist, Mitch. Bring erst einmal die Sache hier hinter dich, und ruf mich an, sobald du fertig bist.«

2
MEKKA, SAUDI-ARABIEN
    »Ich will einen Mann töten lassen.«
    Die Worte wurden allzu laut und vor allzu vielen Leuten ausgesprochen – und das in einer Umgebung, wo man derart offene Worte seit Jahrzehnten nicht mehr gehört hatte. Mit den Leibwächtern waren es achtundzwanzig Männer, die sich in dem luxuriösen Empfangssaal von Prinz Muhammad bin Rashids Palast in Mekka aufhielten. Rashid war Minister für Islamische Angelegenheiten, ein überaus wichtiges Amt in Saudi-Arabien. Hier in seinem Palast hielt er, der Tradition der Wüstenscheichs folgend, seine wöchentlichen Audienzen ab. Manche kamen, um ihn um einen Gefallen zu bitten, der Mehrheit aber ging es vor allem darum, sich in der Nähe des Prinzen aufzuhalten. Gewiss gab es auch einige, die im Auftrag von Rashids Halbbruder König Abdullah hier spionierten.
    Als diese unverblümte Bitte ausgesprochen wurde, machte sich keiner der Anwesenden mehr die Mühe, so zu tun, als ginge es ihn nichts an, was um ihn herum vorging, während er gleichzeitig alles und jeden belauschte – etwas, das bei diesen Audienzen mit großer Kunstfertigkeit praktiziert wurde. Alles wandte sich dem Prinzen zu, um zu sehen, wie er reagierte.
    Prinz Muhammad bin Rashid schaute nicht auf, doch er spürte, dass alle Blicke auf ihn gerichtet waren. Dass ihm die Bitte seines Freundes einen Moment lang unangenehm war, lag gewiss nicht daran, dass es um einen Mord ging. Rashid hatte nichts anderes erwartet. Es war schon einige Zeit her, dass er seinem Freund ganz bewusst die Information hatte zukommen lassen, die, wie er hoffte, schließlich zu dieser verzweifelten Bitte führen würde. Das Einzige, was ihn störte, war, dass sein alter Freund so unbedacht war, ein so heikles Anliegen vor so vielen Männern zu äußern, denen man nicht trauen konnte. Das Königreich war selbst für einen
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