Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der falsche Mörder

Der falsche Mörder

Titel: Der falsche Mörder
Autoren: Stella Blómkvist
Vom Netzwerk:
bewahren.
    Und hält den Mund.
    »Aber er hat Mama und mir gegenüber nie Gewalt angewendet«, fährt sie fort. »Es gibt wirklich niemanden, bei dem es unwahrscheinlicher ist, dass er ein Verbrechen dieser Art begeht. Ich glaube einfach nicht, dass Papa es war.«
    »Die Aufnahme aus der Überwachungskamera ist das einzige Beweismittel, was sie gegen Adalgrímur vorbringen können. Aber es ist fast unmöglich, die Beweise zu ignorieren, die den Richtern auf dem Bildschirm präsentiert werden.«
    Sólveig guckt wieder auf mich.
    »Dann ist es wenigstens gut, genau zu wissen, wo wir stehen«, sagt sie. »Wir beide werden uns jedenfalls in den nächsten Tagen von Reykjavik fern halten. Wir bleiben im Osten, bis sich die Sache klärt.«
    »Ich werde dich regelmäßig über den Lauf der Dinge informieren.«
    Sie steht auf.
    »Komm, Gudleifur!«
    Der Pfarrer hilft ihr in den Mantel. Und hält ihr die Tür auf.
    Auf dem Weg in die Stadt versuche ich, mich an alles zu erinnern, was ich über Adalgrímur Sunndal und seine Familie gehört habe.
    Wenn ich es richtig im Kopf habe, hat er schon während seiner Studienjahre in der Baufirma seines Vaters angefangen. Die Firma hatte buchstäblich an jeder Ecke eine Baustelle, zumal der Betrieb viele Aufträge der öffentlichen Hand ausführte. Und obwohl die beiden ab und zu in Finanzschwierigkeiten steckten, gelang es ihnen immer irgendwie, sich und die Firma gerade noch zu retten.
    Adalgrímur wurde ziemlich schnell ein umtriebiger Anwalt. Betreute mehrere große Firmen und staatliche Institutionen des Landes. Gleichzeitig verfiel er im Sjálfstaedisflokkur {} in Aktionismus, wo er fleißig Spendengelder für die Parteikasse sammelte.
    Dafür bekam er Pöstchen in diversen Gremien und Ausschüssen, die Einfluss auf Kreditvergaben hatten. Hatte lange einen Sitz im Aufsichtsrat einer Bank inne, und zwar in den Jahren, als es auf die politischen Ansichten ankam, ob Privatpersonen und Betrieben ein Kredit bewilligt wurde oder nicht. Er hatte schnell den Ruf weg, ein Helfer in der Not zu sein. Oder ein unmoralischer Profitgeier. Je nachdem, wer über ihn berichtete.
    Ich studierte gerade an der juristischen Fakultät, als Adalgrímur zum Richter am Obersten Gericht ernannt wurde. Ich erinnere mich noch gut an den darauf folgenden Aufstand.
    Die Ernennung wurde aufs Schärfste kritisiert und zum parteipolitischen Skandal. Außerdem wollten manche Juristen meinen, dass er fachlich ungeeignet für die Stelle sei.
    Aber er saß fest auf seinem Sessel, und das Unwetter ließ langsam nach.
    Über sein Privatleben weiß ich nur das, was alle zu wissen meinen: dass Adalgrímur ein Lebemann ist. Sólveigs verletzte, bittere Wut ist ein eindeutiger Beweis dafür, dass er sich nicht auf eine Bettgenossin hat festlegen wollen.
    Natürlich ist Freiheit in der Liebe in Ordnung. Aber diejenigen, die an der Tauschbörse teilnehmen wollen, sollten so schlau sein und die Finger von einer Ehe lassen.
    Das hat er nicht getan.
    Ich weiß eigentlich nichts über Sjöfn. Außer dass sie schön und clever war.
    Warum hat sie mit einem sechzigjährigen Richter vom Obersten Gericht herumgemacht? Nur, weil er ein reicher Obermacker war?
    Vielleicht.
    Aber hat sie dann nicht auch andere Liebhaber gehabt? Vielleicht jemanden, der über alle Maßen eifersüchtig war? Oder gewalttätig? Jemand, dem zuzutrauen war, dass er auch zum allerletzten Mittel greifen würde?
    Fragen über Fragen!
    Aber keine Antworten.
    Die werde ich in den nächsten Tagen selber finden müssen. Wenn die schlimmstmögliche Situation eintritt.
    Ich komme kurz vor Mitternacht wieder in die Stadt gerauscht. Bin gerade so pünktlich, um dem Bezirksrichter zuzuhören, der Schlag zwölf sein Urteil verkündet:
    Adalgrímur Sunndal wird zu zehn Tagen Untersuchungshaft verurteilt.
    Wie ich befürchtet habe.
    In meinem Reihenhaus ist es still, als ich endlich nach Hause komme.
    »Hmmm!«
    Wie gut es tut, endlich die Schuhe auszuziehen.
    Ich gehe auf dem Weg ins Wohnzimmer barfuß an meinem Weinschrank vorbei. Schnappe mir eine halb volle Flasche Jackie Daniels aus Tennessee und ein sauberes Whiskeyglas.
    Lehne mich dann in meinen weichen Sessel zurück und nehme den ersten großen Schluck des Tages. Lasse dann den nächsten die Zunge, den Gaumen und den Hals umspielen, bevor ich ihn hinunterschlucke.
    »Aaa!«
    Nichts ist so gut wie Jackie.
    Ich muss noch unter die Dusche springen, bevor ich schlafen gehe. Mir gründlich den Staub des Tages
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher