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Der Falke von Aryn

Der Falke von Aryn

Titel: Der Falke von Aryn
Autoren: Richard Schwartz
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mit hohen verglasten Türen, die zum Garten des Palasts führten und nun mit schweren Vorhängen verhangen waren, einem Kamin aus Marmor, einer hohen Decke mit einem Gemälde daran, das leicht bekleidete Schäferinnen bei einem Tanz auf einer Wiese zeigte. Links von ihr sah ein alter Mann mit einem steifen Kragen von seinen Akten auf und lächelte sie freundlich an.
    Die Feder in seiner Hand und die Tintenflecken an seinen Ärmeln und, vor allem, die runde Brille auf seiner Nase erinnerten sie an einen Mann, jünger damals, der als Einziger freundlich zu ihr gewesen war, als man sie damals mit rauen Soldatenhänden, nass und verdreckt, durch diese selbe Tür gestoßen hatte. Fellmar hieß er, erinnerte sie sich, und schenkte ihm ein freundliches Lächeln, um dann zu dem Mann hinzusehen, der sie hierhergeordert hatte.
    Seine Exzellenz, Graf Montagur Mergton, Gouverneur der kaiserlichen Stadt Aryn und damit, leider, auch jedem Offizier der Garda vorgesetzt, den es in die Stadt verschlagen würde. Also, in diesem Fall, ebenfalls ihr.
    Vor ihm breitete sich ein Schreibtisch aus, groß genug, um darauf ein Manöver abzuhalten. Er war leer bis auf ein silbernes Tablett mit Gebäck und eine Kanne mit zwei Tassen. Und eine gut fingerdicke Akte, die das Siegel der kaiserlichen Garda trug. Lorentha fragte sich, wann er sie hatte anfordern lassen, eigentlich hätte sie gedacht, dass nicht genug Zeit dafür gewesen wäre.
    Jetzt hörte sie sein Korsett knirschen, als er sich etwas vorbeugte, um sie mit einem freundlichen Lächeln zu begrüßen.
    »Ah, Major, schön, Euch zu sehen«, meinte er, als hätte er sie nicht noch am späten Abend herbefohlen. »Ich hoffe, Ihr habt eine angenehme Überfahrt gehabt? Wir waren schon besorgt.«
    »Nein«, antwortete sie kühl. »Wir gerieten in einen Sturm, der zu einem Mastbruch führte, und bis wir vorhin in den Hafen einliefen, hielt die Mannschaft die Lenzpumpen in Betrieb.«
    Mittlerweile war Meister Fellmar an sie herangetreten, um von ihr Umhang, Handschuhe und Schwert entgegenzunehmen.
    Ihre scharfe Antwort ließ den Grafen blinzeln. »Das ist bedauerlich«, erwiderte er knapp. »Ich weiß nicht, ob Ihr Euch an mich erinnern könnt, Lorentha. Wir haben uns schon einmal gesehen, ich habe damals Eurer Mutter meine Aufwartung gemacht, Eure Frau Mutter und ich waren gut miteinander befreundet.«
    Richtig. Damals hatte er noch mehr Haare gehabt und war deutlich schlanker gewesen. Er hatte im Salon auf ihre Mutter gewartet, Lorentha freundlich angelächelt, als er sie sah, und dann mit ihr gesprochen, als wäre sie drei Jahre alt und nicht fast schon neun. Gut befreundet? Nur mit Mühe unterdrückte sie ein Schnauben. Ja, er war ihrer Mutter ein Jugendfreund gewesen, hatte ihr sogar den Hof gemacht. Früher. Aber damals, vor über zwanzig Jahren, als er sie aufgesucht hatte, hatten sie sich bereits seit Jahren nicht mehr gesehen. An jenem Abend war er mit Blumen gekommen, um der alten Zeiten willen, und hatte ihre Mutter dazu gedrängt, ihm zu erlauben, sie zu einem Ball zu führen. Sie hatte ihn lachend gebeten, sie nicht zu sehr zu bedrängen, sie wäre eine verheiratete Frau, und er hatte es ihr dann auch versprochen. Ihre Mutter hatte es nicht ernst genommen, aber Lorentha erinnerte sich nur zu gut an den brennenden Blick, mit dem er ihre Mutter angesehen hatte, wenn er dachte, sie würde es nicht bemerken. Jetzt daran anknüpfen zu wollen, war ein Fehler des Herrn Grafen, denn angenehm war er ihr nicht in Erinnerung geblieben.
    »Ja«, sagte sie distanziert. »Ich erinnere mich.«
    Seine Augen zogen sich etwas zusammen, als er den Unterton in ihrer Stimme spürte, aber sie hielt ihr Gesicht neutral, sah nur geradeaus auf die Wand hinter ihm. Er hatte sie als Soldatin herbefohlen, wollte er es anders haben und sich in Erinnerungen ergehen, hätte er sie auch zum Tee laden können. Nur, dass sie dann nicht gekommen wäre. Jetzt gab es nur noch einen Grund mehr, die Vorschrift zu verfluchen, die von ihr gefordert hatte, sich schriftlich bei ihm anzumelden.
    Auf eine Geste des Grafen hin schob Meister Fellmar ihr einen Stuhl zu, sie lächelte ihn dankbar an und setzte sich. Ihr Lächeln erstarb jedoch sogleich wieder, als sie den Grafen direkt ansah.
    »Mit Verlaub, darf ich fragen, warum Ihr mich habt rufen lassen?« Eigentlich erstaunlich, dachte sie, als sie sah, wie sehr sein steifer Kragen auf sein Doppelkinn drückte, dass er in dem Korsett noch Luft bekam. So freundlich dieser
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