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Der ewige Gaertner

Der ewige Gaertner

Titel: Der ewige Gaertner
Autoren: Carre
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London, anzutreten«, wo er dank seiner »fabelhaften Beziehungen« gewiss von hohem Nutzen sein werde. Zu dem Abschiedsbankett zu Ehren Pellegrins war eine illustre Schar britischer Hochkommissare aus Afrika nebst Frauen geladen. Der Gesandte aus Südafrika bemerkte in einer geistreichen Ansprache, Sir Bernard und seine Gattin hätten zwar vielleicht nicht Wimbledon gewonnen, mit Sicherheit aber die Herzen vieler Afrikaner.
    Die spektakuläre Wiederauferstehung von Sir Kenneth Curtiss, »jenem modernen Houdini der Londoner City«, wurde von Freund und Feind gleichermaßen begrüßt. Nur eine kleine Zahl von Kassandras erklärte beharrlich, Kennys Comeback sei pure Kosmetik und die Auflösung der Firma ThreeBees nichts anderes als eine offene Vertuschungsaktion. Diese Nörgler konnten freilich nicht verhindern, dass der große Populist ins Oberhaus berufen wurde, wo er sich stets mit seinem vollständigen Titel anreden ließ: Lord Curtiss von Nairobi und Spennymoor, Letzteres der Name seines bescheidenen Geburtsortes. Selbst seine zahlreichen Kritiker in der Fleet Street mussten, wenn auch zähneknirschend, zugeben, dass der Hermelin dem alten Teufel gut zu Gesicht stand.
    Der Evening Standard berichtete in seinem »Londoner Tagebuch« ausführlich über die lang erwartete Pensionierung von Inspektor Frank Gridley, Scotland Yard, jenem »unbestechlichen alten Verbrechensbekämpfer«. In Wirklichkeit war der Ruhestand das Letzte, was Gridley erwartete. Einer von Großbritanniens führenden Sicherheitsdiensten schnappte ihn sich, kaum dass er mit seiner Frau einen seit langem versprochenen Urlaub auf Mallorca angetreten hatte.
    Im Gegensatz dazu wurde das Ausscheiden von Rob und Lesley aus dem Polizeidienst von der Öffentlichkeit überhaupt nicht wahrgenommen; lediglich Insider wussten, dass es eine von Gridleys letzten Amtshandlungen vor der Pensionierung gewesen war, diese, wie er es nannte, »neue Sorte skrupelloser Karrieremacher« aus dem Dienst zu entfernen, da sie dem Ansehen der Polizei nur Schaden zufügten.
    Ghita Pearson, die auch gern Karriere gemacht hätte, bewarb sich erfolglos um eine Aufnahme in den diplomatischen Dienst. Obwohl ihre Abschlussnoten gut bis sehr gut ausfielen, gaben vertrauliche Berichte des Hochkommissariats in Nairobi Anlass zur Sorge. Da sie sich nach Einschätzung der Personalabteilung »zu sehr von ihren persönlichen Gefühlen leiten« lasse, gab man ihr den Rat, ein paar Jahre zu warten und sich dann noch einmal zu bewerben. Ihre gemischtrassige Abstammung, so wurde betont, habe bei der Entscheidung keine Rolle gespielt.
    Nicht das kleinste Fragezeichen jedoch existierte im Zusammenhang mit dem bedauerlichen Hinscheiden von Justin Quayle. Wahnsinnig vor Verzweiflung und Trauer hatte er sich genau an dem Ort, an dem seine Frau Tessa erst wenige Wochen zuvor ermordet worden war, das Leben genommen. Der rapide Verlust seines seelischen Gleichgewichts war jenen, die mit seinem Wohlergehen betraut waren, nicht entgangen. Seine Londoner Arbeitgeber hatten alles Erdenkliche unternommen und sogar erwogen, ihn einzusperren, um ihn vor sich selbst zu schützen. Die Nachricht, dass sein treuer Freund Arnold Bluhm der Mörder seiner Frau war, hatte ihm den letzten, vernichtenden Schlag versetzt. An seinem Bauch und Unterleib festgestellte Prügelspuren verrieten den handverlesenen Insidern, die in die Vorgänge eingeweiht waren, die ganze traurige Geschichte: In den Tagen vor seinem Tod hatte Quayle begonnen, sich selbst zu geißeln. Wie er an die tödliche Waffe gekommen war – eine praktisch neue 38er Pistole mit kurzem Lauf, in deren Magazin noch fünf Weichmantelgeschosse steckten –, blieb ein Rätsel, das wohl nie gelöst werden würde. Ein reicher und verzweifelter Mensch, der sich umbringen will, findet immer einen Weg. Seine letzte Ruhestätte, schrieb die Presse beifällig, habe er an der Seite seiner Frau und seines Kindes auf dem Friedhof Langata gefunden.
    Die Regierung von England, auf deren unvergänglicher Bühne die wechselnden Politiker tänzeln und posieren wie Table dancer, hatte wieder einmal ihre Pflicht getan: außer freilich im Hinblick auf ein kleines, aber lästiges Detail. Justin hatte in den letzten Wochen seines Lebens offenbar eine Art »Schwarzbuch« verfasst, das beweisen sollte, dass Tessa und Bluhm ermordet wurden, weil sie zu viel über die üblen Machenschaften eines der weltweit angesehensten Pharmakonzerne wussten, dem es bis dahin gelungen war,
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